Endlagersuchgesetz: Die Zivilgesellschaft mischt sich ein

Geheimverhandlungen

Die geheimen Verhandlungen zu einem Endlagersuchgesetz erreichen jetzt die Zivilgesellschaft. Auf einer Tagung in Loccum und einem Fachgespräch der GRÜNEN  begann eine Diskussion, die in einem produktiven Bürgerdialog zur Endlagersuche münden könnte.

Dazu beigetragen haben die diversen in die Öffentlichkeit lancierten Entwürfe (1, 2, 3 …) eines Endlagersuchgesetzes. Die Verklausulierung  in juristischen Texten weckt Befürchtungen und wird teilweise als Provokationen empfunden.

Eindeutigkeit von Texten in Gesetzesform

Herr Hennenhöfer, Abteilungsleiter im BMU, gab zu, dass es wohl ein Fehler gewesen sei, es in Gesetzesform aufzuschreiben. Er  betonte, der Entwurfstext halte allein den Stand der Bund-Länder-Gespräche fest, es sei weder ein BMU- noch ein Hennenhöfer-Papier. Aber juristische Texte hätten den Vorteil, dass sie eindeutig seien.

Dies gilt vielleicht für einen Juristen in der Administration, aber nicht für Juristen allgemein und erst recht nicht für Bürger. In einem klar formulierten Eckpunktepapier mit Auflistung von Dissenspunkten, das dann als Sitzungsergebnis offiziell veröffentlicht wird, findet sich ein juristischer Laie besser zu recht.

Zivilgesellschaft fordert Neustart

In der Zivilgesellschaft wurde schon mehrfach zum Neustart der Standortsuche aufgefordert. Nicht anders sind der sogenannte Schulterschluss, die BUND-Position und der Beitrag von .ausgestrahlt auf dem Fachgespräch zu verstehen.

In Letzterem wurden folgende Hinweise vorgetragen:

  1. Nur wenn Misstrauen in Vertrauen gewandelt werden kann, wird der Prozess gelingen.
  2. Diejenigen, die misstrauen, sind die ExpertenInnen dafür, wie sich Vertrauen herstellen lässt, denn sie wissen, was sie brauchen, um vertrauen zu können.
  3. Es liegt in den Händen derer, die derzeit in den Bund-Länder-Gesprächen über die Atommüll-Frage verhandeln, ob die Endlagersuche in Zukunft mit oder gegen die Anti-Atom-Bewegung, mit oder gegen die betroffene Bevölkerung organisiert wird.
  4. Nur ein Ansatz, der ernsthaft versucht, aus der betroffenen Region ein „Ja“ zu bekommen, hat am Ende auch eine Chance, dass der Konflikt nicht eskaliert und dass das Verfahren nicht scheitert.

Als Voraussetzungen wurden aufgelistet:

  1. Bevor in einem Gesetz das Verfahren festgelegt wird, muss in einer ausführlichen aber ergebnisorientierten gesellschaftlichen Debatte Einigung über die wesentlichen Bestandteile dieses Verfahrens erzielt werden.
  2. Der vorgeschaltete gesellschaftliche Prozess und das Verfahren selbst müssen von Akteuren organisiert und moderiert werden, die auf allen Seiten Vertrauen genießen.
  3. Den Betroffenen gegenüber braucht es die klare Aussage: „Ja, Ihr geht ein Risiko für Euch und Eure Nachkommen ein. Das Ganze ist nicht hundertprozentig sicher.“
  4. Es braucht eine weitgehende Garantie dafür, dass mit Fortschritten bei der Endlagersuche keine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken begründet wird.
  5. Die Fehler der Vergangenheit müssen eingestanden und aufgearbeitet werden.
  6. Die Standortregionen müssen mitbestimmen können.
  7. Gorleben kann nur dann im Verfahren bleiben, wenn die Menschen in der Region um Gorleben dem zustimmen.

Bemerkenswert ist die Kompromissformel zur Gorlebenfrage. Hierüber sollte sehr intensiv nachgedacht werden, insbesondere unter Beachtung des Punktes 4 in den Hinweisen. Das ist wohlgemerkt nicht das erste Kompromissangebot aus dem Wendland, siehe Artikel Der beste Kompromiss kommt aus Gartow.

Eine schier unlösbare Aufgabe stellt aber Punkt 2 der Voraussetzungen dar: Die organisierenden und moderierenden Akteure sollen auf allen Seiten Vertrauen genießen. Gehören auch die Energieversorger dazu? Oder ist das nicht mit „allen Seiten“ gemeint?

Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd)

Insgesamt hört sich das recht bekannt an, nachzulesen im AkEnd-Bericht. Was wäre, wenn einfach der Vorschlag des AkEnd für Phase II aufgegriffen werden würde?

In der Phase II ist ein faires, gerechtes und effizientes Verfahren mit Beteiligung relevanter Interessengruppen und der interessierten Öffentlichkeit festzulegen. Nur durch einen breit angelegten Dialog zwischen Experten, Interessenvertretern, Politik und Bevölkerung ist es möglich, eine hohe gesellschaftliche Legitimation des Auswahlverfahrens für Endlagerstandorte zu erreichen.

Im bestehenden Rechtsrahmen ist das vorgeschlagene Standortauswahlverfahren grundsätzlich durchführbar. Es könnte aber in der Phase II überlegt werden, inwieweit Veränderungen des bestehenden Rechtsrahmens sinnvoll und praktikabel sind. (Seite 233f)

Ist ein Endlagersuchgesetz jetzt notwendig?

Offensichtlich brauchen allein Politiker ein Endlagersuchgesetz, um sich profilieren zu können. Doch diese Profilierungsmöglichkeiten können sie gern haben. Der AkEnd bietet dazu die Möglichkeit im Schritt 1 der Phase II:

Durch einen institutionellen Beginn wird der politische Wille zur Durchführung des Auswahlverfahrens festgeschrieben. (Seite 234)

Denn eins ist positiv zu sehen: Den AkEnd-Vorschlägen fehlte im Jahr 2002 der breite politische Konsens (siehe auch Vortrag in Loccum), der ist aber nach Beteuerungen der Politik heute vorhanden.

Die Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik, die Erfahrungen aus der Umsetzung des AkEnd-Verfahrens in der Schweiz und weitere innovative Ideen können in den Dialogprozess der Phase II eingebracht werden. Dazu muss weder das Rad neu erfunden noch unter Zeitdruck ein Endlagersuchgesetz verabschiedet werden.

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