Das Management der Zutrittswässer in der Asse – Wo ist die Rechfertigung?


Die Maßnahme von Anfang 2009

Die Asse Einblicke 19/2012 widmen sich unter anderem dem Laugenmanagement in der Asse. Das war die erste Maßnahme nach Übernahme der Asse durch das BfS im Januar 2009. Durch Änderung insbesondere der Frischluftzufuhr wurde die Aktivität der Zutrittswässer reduziert. Darüber ist im Internet zu lesen:

Nach dem Betreiberwechsel wurde ein neues Verfahren für das Management der Zutrittswässer eingeführt, mit dem die Aufnahme von Tritium aus der Grubenluft deutlich verringert werden konnte.

Wo bleibt das Tritium?

Eine wesentliche Frage wird nicht angesprochen: Wo bleibt das Tritium, was nicht mehr von den Zutrittswässern aufgenommen wird und nicht mehr in das Bergwerk Marieglück bei Höfer gebracht wird? Aus handelt sich um etwa (200-40) Bq/l * 3,85 Mio l/a = 616 Mio Bq/a. Die einfache Antwort lautet: Es wird mit der Abluft direkt in die Biosphäre freigesetzt.

Die Rechtfertigung der Maßnahme?

Insofern stellt sich die Frage der Rechtfertigung nach § 4 Strahlenschutzverordnung. Genügt dieses neue Verfahren dem Minimierungsgebot nach § 6, oder führt sie sogar zur Erhöhung der Strahlenbelastung? Dazu macht das BfS keinerlei Aussagen, weder in den Asse Einblicken noch im Internet.

Die Zusammenfassung des Problems

Es geht beim Management der Zutrittswässer also um 3,85 Mio l/a mit einer Salzfracht von etwa 8,4*108 g Chlorid pro Jahr (gesättigte Natriumchloridlösung). Nach dem Verfahren vor 2009 hätten diese Wässer eine Tritiumaktivität von 200 Bq/l * 3,85 Mio l/a = 7,70*108 Bq/a aufgenommen. Das im Jahr 2009 eingeführte Management setzt davon 6,16*108 Bq/a direkt frei, nur noch etwa 1,54*108 Bq/a werden in einem anderen Bergwerk eingelagert.

Tritiumhaltige Wässer im Endlager Morsleben

Wie wird bei anderen Endlagern mit dem Tritium-Problem umgegangen. Dazu gibt es in der Niederschrift zum Erörterungstermin Morsleben einige interessante Stellen.
Daraus wird ersichtlich, dass das Management der Zutrittwässer in der Asse allein aus Akzeptanzgründen geändert wurde. Ergänzend sei erwähnt, dass aus dem Endlager Morsleben Wässer auch mit recht hohen Tritiumbelastungen in die konventionelle Kanalisation entsorgt wurden. Die Belastung lag schon mal bei knapp 190 Bq/l (4. Quartal 2006, Jahresbericht Emissionsüberwachung, S. 23). Wichtiger ist aber nicht die spezifische Belastung des Abwassers, sondern die Jahresfracht. Für Morsleben ist eine Abwasserfracht von 2,5*109 Bq/a Tritium genehmigt.

Tritiumhaltige Wässer im Endlager Konrad

Und das Beispiel Konrad? Auch hier wird mit einer Tritiumbelastung gerechnet. Im Planfeststellungsbeschluss (Anhang 3 – 8) steht

Aue, Einleitungsstelle 2
Flurstück: Salzgitter-Üfingen, Flur 6, 246/3

7.3.  Die Ableitungen der aus den Abfällen herrührenden radioaktiven Stoffe einschließlich der Beiträge aus Dekontaminations- und Reinigungsmaßnahmen dürfen folgende Aktivitätsfrachten pro Jahr nicht überschreiten: H-3       7,4 E 12 Bq/a…….

Die Salzfracht ist dabei auf 16 g Chlorid pro Sekunde begrenzt, das sind 5*108 g Chlorid pro Jahr.

Potenzielle gesundheitliche Relevanz der Tritiumfrachten

Wie groß ist nun die gesundheitliche Relevanz dieser Tritiumfrachten? Tritium ist ein Beta-Strahler mit einer Halbwertszeit von 12,3 Jahren. Der maximale  Dosiskoeffizient (Altersgruppe < 1 Jahr) beträgt 6,4*10-11 Sv/Bq  bei der Aufnahme als Trinkwasser. Damit ergeben sich folgende Radiotoxizitäten und maximale Anzahlen der dadurch potenziell geschädigten Personen (7,3 % pro Sv nach ICRP(1991)).

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Die Abschätzungen der Relevanz der über die Zutrittswässer aufgenommenen Tritiumaktivitäten bestätigen die auf dem Erörterungstermin zur Schließung des Endlagers Morsleben abgegebene Erklärung, dass es sich beim Management der Zutrittswässer um eine reine Akzeptanzmaßnahme handelte. Dabei wird das Minimierungsgebot formal verletzt, da eine höhere Radiotoxizität direkt freigesetzt wird. Der Betrag ist jedoch relativ gering.

Risikokommunikation statt Akzeptanzverlautbarungen

Von einer obersten technisch-wissenschaftlichen Bundesbehörde, wie es das BfS nach Einrichtungsgesetz darstellt, sollte eine rationale Kommunikation erwartet werden. Reine Akzeptanzverlautbarungen, wie im Falle des Zutrittswassermanagements, sind nicht akzeptabel. Zu fordern ist von solch einer Institution eine Risikokommunikation auf hohem Niveau, die bei einer mangelhaften Akzeptanz zwar auf diese eingeht, aber immer wieder auf den rationalen Hintergrund hinweist. Im Strahlenschutz ist das nicht die Diskussion anhand von Grenz- und Zielwerten, sondern auf der Grundlage von Risiken und deren Minimierung. Wenn aber schon die Behörde allein zur Akzeptanzschaffung und -erhaltung kommuniziert, kann selbst langfristig nicht eine rationale öffentliche Diskussionskultur erwartet werden.

Problem der Salzfrachten

Bei der Problematik der Assezutrittswässer ist wohl das Problem eher die Salzfracht als das Tritium. Schließlich ist die Salzfracht in der gleichen Größenordnung wie beim Endlager Konrad. Mit Verwunderung ist in Asse Einblicke 19/2012 zu lesen:

Möglich wäre auch, die abgabefähigen Zutrittswässer aus der Schachtanlage Asse II in so genannte Vorfluter einzuleiten. Das BfS hat dem Umweltministerium Niedersachsen im Mai 2012 einen diesbezüglichen Vorschlag unterbreitet.

Da stellt sich die Frage, warum nicht bereits am 01.01.2009 ein Antrag auf Einleitung in einen Vorfluter gestellt wurde?

Ein Gedanke zu „Das Management der Zutrittswässer in der Asse – Wo ist die Rechfertigung?

  1. Jetzt, gut zwei Monate nach der Veröffentlichung in den Asse Einblicken, wird der Vorschlag, die Asse Zutrittswässer in einen Vorfluter einzuleiten, medial und landespolitisch hochgekocht. Medien sind unter anderen Die WELT und DIE ZEIT. Die landespolitischen Stellugnahmen dazu sind laut ZEIT:

    In der niedersächsischen Landespolitik findet der Vorstoß bisher keine Unterstützung. Die Einleitung in Flüsse würde keine Akzeptanz vor Ort finden, sagte Umweltminister Stefan Birkner (FDP). Für eine aus ökologischer Sicht schlechtere Einleitung von Salzlösungen in oberflächennahe Gewässer gebe es keine Rechtfertigung.

    Auch der wahrscheinlich nächste Umweltminister, Stefan Wenzel (Grüne), äußerte sich ablehnend: „Es gibt kurzfristig keine Notwendigkeit zur Suche nach anderen Möglichkeiten.“ Mittelfristig sehe er Anschlusslösungen vorzugsweise in Bergwerken.

    Hoffentlich wird die Einleitung nicht als politisches Theaterstück aufgeführt. Es muss seitens des verantwortlichen Betreibers, des BfS, endlich der seit dem 01.01.2009 überfällige Einleitungsantrag gestellt werden. Sollte dieser abgelehnt werden, muss der Rechtsweg eingeschlagen werden. Hoffentlich nimmt das BfS seine Verantwortung auch wahr und knickt nicht vor parteipolitischen Interessen ein.

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