Die zwei letzten Versionen des Standortsuchgesetzes diskutieren

Tabellarische Gegenüberstellung

Zur Diskussion der beiden letzten bekannt gewordenen Entwürfe des sogenannten Standortsuchgesetzes – Fassung vom 13.06.2012 und vom 17.10.2012 – wurden sie nebst Begründung, wie sie im Entwurf vom 17.10.2012 enthalten ist, tabellarisch zusammengestellt. Nur durch diese Darstellung werden die Veränderungen deutlich und wird die Begründung nachvollziehbar.

Begründung ist Erläuterung

Es stellt sich heraus, dass es sich hier nicht um eine Begründung, sondern um Erläuterungen handelt. Gründe werden weder genannt noch mit Fundstellen versehen, wo die Begründungsgrundlagen in der Literatur zu finden sind. Deshalb wurde eine weitere Spalte Anmerkungen aufgenommen, in der Platz ist für

  • wissenschaftsbasierte Argumentation mit Fundstellen,
  • interessengeleitete Argumentation mit Lobbygruppe,
  • Vorgaben durch EU u. ä. und
  • Fehler und Inkonsistenzen.

Es wurde begonnen, die Spalte Anmerkungen zu füllen; ein umfangreiches Unterfangen, was noch Monate in Anspruch nehmen wird. Hier schon einmal eine erste , zweite Fassung.

Erfüllungsaufwand für BürgerInnen

Neben einem Fehler in § 7 Abs. 3 – inkonsistente Auslegungsfrist – sind schon jetzt viele Unzulänglichkeiten aufgefallen. An einigen Stellen wird klar, wie begrenzt der Gesichtskreis der formulierenden BeamtInnen ist. So wird unter Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger behauptet:

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht durch dieses Gesetz kein Erfüllungsaufwand.

Der Erfüllungsaufwand umfasst nach Nationalem Kontrollrat den gesamten messbaren Zeitaufwand und die Kosten. BürgerInnen haben durch die Beteiligung einen teilweise enormen Zeitaufwand, den es – wenn er schon nicht vergütet wird – wenigstens zu würdigen gilt. Mit dieser Einstellung ist eine BürgerInnenbeteiligung im positiven Sinne nicht zu rechnen.

Die Krankheit der Alternativlosigkeit

Unter C. Alternativen ist lapidar verzeichnet

Keine.

Das ist falsch. Alternativen wären zum Beispiel

  • Festhalten allein an Gorleben,
  • Umsetzung des AkEnd-Vorschlags durch die nach § 23 AtG für die Endlagerung zuständige Behörde nach Umsetzung der Richtlinie 2011/70/EURATOM
  • und weitere Alternativen

Jetzige Generation vertritt die nächsten 300.000 Generationen

Bezeichnend ist auch die Formulierung der Erläuterungen zu § 6 – Grundsätze der Öffentlichkeitsbeteiligung. Hier fehlt, dass die BürgerInnenbeteiligung eine Aufgabe der jetzigen Generation ist, die aber weit darüber hinausgeht. Die jetzige Generation fungiert auch als Vertreterin der nächsten ca. 300.000 Generationen.

Öffentlichkeitsbeteiligung ist nach Aarhus-Konvention Pflicht

Weiterhin ist herauszustellen, dass sich Öffentlichkeitsbeteiligung zwingend aus der Aarhus-Konvention von 1998 ergibt, wonach

….jeder Mensch das Recht hat, in einer seiner Gesundheit und seinem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt zu leben, und daß er sowohl als Einzelperson als auch in Gemeinschaft mit anderen die Pflicht hat, die Umwelt zum Wohle gegenwärtiger und künftiger Generationen zu schützen und zu verbessern….Seite 2

In Artikel 1 ist das formuliert mit:

Ziel
Um zum Schutz des Rechts jeder männlichen/weiblichen Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer seiner/ihrer Gesundheit und seinem/ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt beizutragen, gewährleistet jede Vertragspartei das Recht auf Zugang zu Informationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen.

Insofern hat die Ablehnung der Verfassungsbeschwerde gegen „Schacht Konrad“ vom 10. November 2009 rechtsbeugenden Charakter.

 

Beginn der Diskussion

Starten wir mit der Endlagerdiskussion an den Gesetzestexten!

Zum Schluss wird von diesen Texten nicht viel übrig bleiben. Doch sie werden hilfreich gewesen sein, um von der Engführung – Gorleben ja oder nein – in die gesamte Breite zu führen, die dem Endlagerproblem gerecht wird.

 

2 Gedanken zu „Die zwei letzten Versionen des Standortsuchgesetzes diskutieren

  1. Laut Hannoverscher Allgemeinen meldet dpa, dass der Entwurf des Standortsuchgesetzes in die Ressortabstimmung gegeben werden soll. Als Grund wird angegeben:

    Altmaier geht es darum sicherzustellen, dass der Bundestag so früh wie möglich mit seinem Gesetzentwurf befasst und die Öffentlichkeit einbezogen wird.

    Das ist ja löblich. Zur Unterstützung der öffentlichen Diskussion können die tabellarische Darstellung der Gesetzestexte nebst Erläuterungen und die Kommentarfunktion zu diesem Artikel genutzt werden.

    Ich lade alle zur Diskussion auf endlagerdialog.de ein!

    Weitere Artikel zu diesem Thema sind zu finden unter http://endlagerdialog.de…..

  2. Tabelle ist schon mal gut, aber ein klassisches Forum wäre zum Kommentieren der einzelnen Normen geeigneter, wie überhaupt mittels Forum der Energie- und Endlager-Dialog zentralisiert werden müsste, denn für die Bürgerbeteiligung, aber auch für die Politiker, die es am Ende entscheiden müssen, fehlt es an einer zentralen Information und Diskussion, wenn jeder Standort sein eigenes Süppchen kocht, ob mit oder ohne „Begleitgruppe“.
    Das können die Standorte und Interessengruppen zwar weiterhin tun, aber der Druck müsste verstärkt werden, dass sich ihre Argumente auch wirklich der Kontroverse stellen, zumal jede vereinzelte Standortdebatte zum Tunnelblick neigt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert