dpa: „Altmaier bietet Kompromiss an.“

Die Meldung

Laut dpa-Meldung, die in verschiedenen Medien wiedergegeben wurde (n-tv.de, Neue Presse, Süddeutsche.de), ist Bundesumweltminister Altmaier zu einem Kompromiss bereit. Weiterhin heißt es:

Besonders umstritten ist neben dem Umgang mit dem seit 35 Jahren präferierten Salzstock Gorleben in Niedersachsen die Organisation der bundesweiten Suche.

Gorleben

Zum Salzstock Gorleben gibt es bereits einen Kompromiss, der aus der betroffenen Region kommt und ein interessanter Anknüpfungspunkt ist – siehe Artikel Der beste Kompromiss kommt aus Gartow.

Die Frage ist ja nicht, ob Gorleben „weiter im Topf bleibt“, sondern wie ein glaubwürdiges, wissenschaftsbasiertes, komparatives Suchverfahren festlegt werden kann. Das ist angewandte Entscheidungstheorie. Die politischen Entscheidungsträger sollten dazu eine Expertise erstellen lassen vor dem Hintergrund, dass es sich in der Regel um geologische Entscheidungsparameter handelt, die nur mit großer Unsicherheit über einen Zeitraum von 10 Mio. Jahre als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt werden können. Dazu gesellt sich ein Nichtwissen, das es strategisch zu berücksichtigen gilt.

Vertrauenswürdig und fair ist solch ein Suchverfahren nur, wenn Gorleben eine realistische Chance hat, den Kreis der Kandidaten zu verlassen. Und dies ist in dem oben genannten Kompromissvorschlag skizziert.

Zwei nicht zu leugnende Defizite weist der Salzstock Gorleben auf: 1. Er ist komplex gefaltet (siehe GMIT-Artikel) und hat 2. keine zweite geologische Barriere zum Beispiel aus Ton, wie sie andere Salzvorkommen besitzen (siehe BGR-Studie). Es ist sehr fraglich, ob alle anderen untersuchungswürdigen Salzstandorte ebenfalls solch große Defizite aufweisen. Aber ausgeschlossen ist es nicht, denn trotz einer Fülle von geologischen Daten für Deutschland gilt:

Vor der Hacke ist es duster.

Behördenstruktur

Wie könnte der Kompromiss bei der Behördenstruktur aussehen? Bei der Endlagersuche sind folgende Rollen zu besetzen – siehe auch Artikel Zuständigkeiten sinnvoll aufteilen:

  • Risikoabschätzung und Kriterienentwicklung auf wissenschaftlicher Basis,
  • Management der Endlagerung (Risikomanagement),
  • Genehmigung der Endlagerung und
  • Überwachung der Endlagerung.

Grundsätzlich sollten diese Rollen auch im Sinne der Transparenz unabhängig besetzt werden. Wenn aber vier Institutionen als zu viel erscheinen, können die Rollen Genehmigung und Überwachung zusammengefasst werden. Im äußersten Fall kann man auch noch Argumente finden, die Risikoabschätzung dazuzunehmen.

Absolut unvereinbar ist jedoch die Rolle des Risikomanagements mit irgendeiner anderen Rolle. Insofern ist die Regelung im Entwurf vom 17.10.2012 akzeptabel. Weitere Rollen an das BfS zu geben, widerspricht der EURATOM-Richtlinie, dem Bericht der Risikokommission und allen Grundregeln der demokratischen Gewaltenteilung. Hoffentlich geht Herr Altmaier hier keinen Kompromiss ein.

Die Alternative für das BfS

Sicherlich ist es möglich, das BfS als fachliche Strahlenschutzbehörde, die sich im Wesentlichen mit Risikoabschätzung befasst, auch im Endlagerbereich mit der Risikoabschätzung zu betrauen. Dann muss aber zwingend die Rolle des Risikomanagements abgegeben werden.

Es ist unbefriedigend, die Rollenverteilung für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle anders zu regeln als bei den anderen Endlagern. Hier sind Komplikationen vorprogrammiert, insbesondere weil die Standortsuche nicht nur auf hochradioaktive Abfälle beschränkt ist.  Weiterhin sollte auch die Rolle der BGR explizit und genau geregelt werden. Daneben ist zu bedenken, dass im Zeitalter der knappen Kassen und der IT-Werkzeuge zur Rationalisierung der Arbeit, die in den Behörden bei Weitem noch nicht ausgenutzt werden, von der Gründung neuer Behörden möglichst Abstand genommen werden sollte. Eher sollten die strukturellen Hierarchieprobleme bei den „Endlagerbehörden“ angegangen werden.

Beteiligung der Öffentlichkeit an der Gesetzesdiskussion

Mit Spannung kann man jetzt die Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit an der Regelung der Endlagersuche erwarten, wie sie von Herrn Altmaier in Aussicht gestellt wurde – siehe Hannoversche Allgemeine und Kommentar.

Vielleicht gelingt ja ein Start durch den Vorschlag von GREENPEACE für ein Endlagersuchverfahren, das in der Pressekonferenz am 13.11.2012 anlässlich des Jahrestages der Aufnahme der Endlagerkonsensgespräche vorgestellt werden soll. Darin sollen folgende Fragen beantwortet werden:

  • Welche Voraussetzungen sind für ein faires und erfolgreiches Verfahren zu beachten?
  • Wie muss die breite Öffentlichkeit an einem Auswahlverfahren beteiligt sein, um Akzeptanz für einen Standort zu entwickeln?
  • Wie kann eine Endlagersuche gelingen, ohne dass die Kontroverse um den gescheiterten Standort Gorleben das Verfahren blockiert?

Der Versuch der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg unter dem Motto Weckruf hatte leider nicht die breite Resonanz gefunden.

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