Die Endlagerkommission im Internet – Ein Desaster

error404Eine Aufgabe der Kommission

Die Endlagerkommission arbeitet nun schon sechs Monate, das ist etwa ein Viertel ihrer Tätigkeitszeit. Im Internet ist sie zu finden unter http://www.bundestag.de/endlagerkommission. Nach § 5 Abs.3 StandAG ist eine ihrer Aufgaben die Öffentlichkeitsbeteiligung:

(3) Die Kommission beteiligt die Öffentlichkeit nach den in den §§ 9 und 10 festgelegten Grundsätzen. Die Kommission bedient sich dabei ihrer Geschäftsstelle.

Dabei befasst sich Paragraf 9 mit Grundsätzen der Öffentlichkeitsbeteiligung und Paragraf 10 mit Durchführung von Bürgerversammlungen. In letzterem Paragrafen wird mehrfach der Begriff Internetplattform verwendet.

Informieren und Rückäußerungen ermöglichen

Eine Beteiligung der Öffentlichkeit bedeutet zweierlei. Erstens müssen Informationen bereitgestellt werden und zweitens die Öffentlichkeit muss wenigstens die Möglichkeit haben, sich öffentlich und anonym dazu zu äußern. Weiterhin ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung sinnlos am Ende der Arbeit, wenn es nichts mehr zu beteiligen gibt.

Information durch lange Listen von PDF-Dateien

Wie sieht es nun mit der Information über das Internet aus. Geboten werden lange Listen von Kommissions-Materialien und Kommissions-Drucksachen. Nicht alle bedeutenden Kommissionsunterlagen wurden veröffentlicht, was ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung bedeutet. Diese Listen sind zudem für die Öffentlichkeit eine Zumutung, denn sie sind lediglich chronologisch aufgebaut. Inzwischen konnte erreicht werden, dass wenigstens die PDF-Dateien nach Wörtern durchsuchbar sind.

Die Sitzungstermine nicht gepflegt

Die Sitzungstermine wurden ganz unten in der Site-Hierarchie kaum auffindbar platziert. Da gab es eine Verbesserung: In der rechten Spalte gibt es einen Link Übersicht über geplante Sitzungstermine. Der wird aber nicht wirklich gepflegt. So führte dieser Link ein ganzes Wochenende (14. bis 17.11.2014) – trotz Benachrichtigung am 14.11. – zum ERROR 404. Weiterhin wurden die am 14.11.2014 in der AG 3 abgestimmten Termine erst 10 Tage später eingepflegt.

Livestream und Aufzeichnungen

Die Kommissionssitzungen – aber nicht die Arbeitsgruppensitzungen, wo die Entscheidungen vorbereitet werden – werden auf Video mitgeschnitten. Diese werden im Internet zur Verfügung gestellt, aber ohne jede Möglichkeit, auf spezielle Themen zuzugreifen. Deep Links sind dem Betreiber von www.bundestag.de wohl nicht bekannt. Zu diesen Videos gibt es einen Link in der rechten Spalte mit der Bezeichnung alle Videos. Doch hier vermisst man, fast vier Wochen nach der Sitzung, noch immer die Aufzeichnung der Kommissionssitzung am 03.11.2014. Diese ist nur über den Link 03.11.2014 | Zweifel an Aspekten des Standortauswahlgesetzes abrufbar, gehört aber natürlich auch zu alle Videos.

Verstoß gegen § 14 Abs. 3 der Geschäftsordnung

Laut GO § 14 Abs. 3 gilt für die Arbeitsgruppen:

Vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung der Kommission im Einzelfall werden die Sitzungen der Arbeitsgruppen, soweit technisch machbar, aufgezeichnet und die Aufzeichnungen im Internet veröffentlicht.

Von den bisher 7 Arbeitsgruppensitzungen sind lediglich 2 Aufzeichnungen veröffentlicht. Eine abweichende Entscheidung der Kommission im Einzelfall liegt bisher nicht vor. Technisch machbar sind Aufzeichnungen offensichtlich immer, was die technische Erstellung der Wortprotokolle beweist. Denn dazu werden als Backup Audioaufzeichnungen angefertigt. Diese werden aber nicht nach § 14 Abs. 3 GO ins Internet gestellt. Diese bisher geübte Praxis verstößt eindeutig gegen die Geschäftsordnung.

BürgerInnen können nicht zeitnah folgen

Weiterhin ist schleierhaft, welche technischen Gründe regelmäßig Videoaufzeichnungen verhindern. Diese technischen Hindernisse werden weder genannt noch abgestellt. Insgesamt führt dies dazu, dass es keine Möglichkeit für die Öffentlichkeit gibt, sich zeitnah über die Arbeit in den Gruppen zu informieren kann. Die Wortprotokolle werden erst nach Wochen veröffentlicht. Um mitzukriegen, was läuft, muss man als BürgerIn immer nach Berlin reisen.

Beteiligung

Wie sieht es mit der Beteiligung der Öffentlichkeit aus. Dazu gibt es einen einschlägigen Paragrafen in der Geschäftsordnung der Kommission:

§ 13
Öffentlichkeitsbeteiligung
(1) Die Kommission führt einen breiten gesellschaftlichen Diskurs. Dies macht sie insbesondere durch öffentliche und bundesweit durchgeführte Diskussionsveranstaltungen und Work-Shops zur Arbeit der Kommission und dem Standortauswahlgesetz.
(2) Die Kommission wird die Öffentlichkeit unter anderem über das Internet beteiligen. Bis zur Fertigstellung des Internetauftritts können sich interessierte Personen und Stellen per E-Mail oder Schreiben an die Kommission wenden. Über die Zusendungen werden die Mitglieder von der Geschäftsstelle gegebenenfalls mit einer zusammenfassenden Auswertung informiert.
(3) Die Veröffentlichung der schriftlich oder per E-Mail eingegangenen Zusendungen bedarf der Zustimmung der einsendenden Person oder Stelle.

Die einzige Möglichkeit der Beteiligung gibt es bisher mit Zusendungen an die Kommission. Diese verschwinden aber trotz der Einwilligung zur Veröffentlichung als Geheimsachen. Das wars!

Umsetzung der Beteiligung nicht einmal begonnen

Damit ist mit der Umsetzung von Öffentlichkeitsbeteiligung § 5 Abs. 3 StandAG nach einem Viertel der Laufzeit der Kommission noch nicht einmal begonnen worden. Dabei soll sich die Kommission der Geschäftsstelle bedienen. Doch da sitzen im Wesentlichen VolljuristInnen.

Redaktionsstelle immer noch nicht besetzt

Die bis 20. August 2014 ausgeschrieben Redaktionsstelle umfasste lediglich Informationsaufgaben. Zudem teilte Referat ZV 1 dazu noch am 25.11.2014 mit:

das Auswahlverfahren dauert weiter an

Eigentlich hätte eine RedakteurIn wenigstens mit Erfahrung in Öffentlichkeitsbeteiligung bei der gesetzlichen festgelegten Aufgabenstellung der Kommission seit Mai 2014 zur Grundausstattung der Geschäftsstelle gehören müssen. JuristInnen sind da keine Hilfe.

Sitzung der AG 1 am 28.11.2014

Man kann gespannt sein, was bei der Sitzung der AG 1 morgen (28.11.2014) auf der Grundlage der Papiere Internetauftritt der Kommission und Vorschläge von Jörg Sommer herauskommt. Selbst wenn alles zügig umgesetzt wird, wird nach der Hälfte der Kommissionsarbeit vielleicht eine halbwegs akzeptable Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Von Beteiligung ist das alles noch sehr weit weg.

Rad sollte nicht neu erfunden werden

Vielleicht sollte die Kommission das Rad nicht neu erfinden, sondern zu einem x-beliebigen Buch greifen und einen Vorschlag mal ein bis zwei Stunden durchdiskutieren und dann umsetzen. Zu empfehlen ist zum Beispiel das Buch Mauer einreißen! (2014), Seite 249, mit den Zutaten zu einer BügerInnenbeteiligung:

  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Transparenz
  • Dokumentation aller Zwischen- und Endergebnisse
  • Ermöglichung der Interaktion der Bürger
  • Verbindung von Online und Offline-Beteiligung
  • Geringe Beteiligungshürden
  • Barrierefreiheit
  • Ausreichend Zeit zur Beteiligung
  • Direktansprache spezifischer Nutzergruppen
  • Professionelle Moderation

Und zu guter Letzt

Was geschieht da im Hintergrund?

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