¿“In Endlager-Suchkommission keine Mehrheit für Gorleben“?

welt2Die dpa-Meldung

Mit der Headline In Endlager-Suchkommission keine Mehrheit für Gorleben wurden in der  WELT und  im Hamburger Abendblatt eine dpa-Meldung von einem Besuch von Michael Müller (SPD) – einer von zwei Vorsitzenden der Endlagerkommission – bei der SPD-Landesfraktion Schleswig-Holstein abgedruckt. Auf shz.de wurde daraus Kommissionsbesuch in Kiel – Gorleben wird wohl kein Atom-Endlager, Brunsbüttel auch nicht und in den Kieler Nachrichten hieß es Kommissionschef Michael Müller – Endlager-Standort völlig ungewiss.

Die Medien reagieren ausschließlich auf Schlüsselbegriffe

Bei solch einer Meldung springt die Medienwelt sofort hoch, denn der Begriff Gorleben kommt vor. Wenn die Endlager-Suchkommission oder besser die Endlagerkommission oder offiziell die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe gemäß § 3 Standortauswahlgesetz mit Gorleben im Zusammenhang genannt wird, schrillen die Alarmglocken.

Die Endlagerkommission sucht weder ein  Endlager noch entscheidet sie über Gorleben

Diese Kommission hat weder die Aufgabe, ein Endlager zu suchen, noch über Gorleben zu entscheiden. Diese Kommission soll das Standortauswahlgesetz evaluieren und Kriterien für ein Standortauswahlverfahren zu entwickeln. Diese Kriterien wurden nach anfänglichen Versuchen vollständig aus dem Gesetzestext gestrichen.

Die intransparente Arbeit der AG 3

Die Entwicklung der Kriterien in einem transparenten Verfahren ist somit Hauptaufgabe der Kommission. Dabei ist nach § 5 Abs. 3 die Öffentlichkeit zu beteiligen. Dies geschieht zurzeit in der AG 3 der Kommission, die eher intransparent arbeitet und die Öffentlichkeit bisher nicht beteiligt hat.

Mehrheitsentscheidungen nicht angesagt

Weiterhin soll in der Kommission nicht nach Mehrheit entschieden werden, sondern das Konsensprinzip hat einen hohen Stellenwert. Diese Kommission erstellt lediglich einen Bericht. Die Entscheidung, wie das Gesetz verändert wird und welche Kriterien zugrunde gelegt werden, entscheidet der Gesetzgeber, der Deutsche Bundestag. Hat die Kommission im Konsens entschieden, werden die Abgeordneten sich eher genötigt sehen, diesem Votum zu folgen. Wie kommt also Michael Müller als ein Vorsitzender dazu, sich in dieser Weise so eindeutig gegen Gorleben auszusprechen?

Der Wortlaut

Nach etwas Recherche kommt man auf eine Pressemitteilung der SPD-Fraktion Schleswig-Holstein. Darin sind die Erklärungen des Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner, des energiepolitischen Sprechers Olaf Schulze und Michael Müller offensichtlich im Wortlaut abgedruckt.

Darin findet sich auch die Stelle, die wohl die Grundlage der dpa-Meldung war. Es lohnt sich, etwas weiträumiger zu zitieren:

Die Kommission hat fünf Arbeitsgruppen gebildet. Drei feste: a) Beteiligungsformen; b) Evaluierung des Gesetzes und der bisherigen Politik in der Endlagerung; c) Entsorgungspfade und Fehlerkorrektur. Sowie zwei ad-hoc-Gruppen: d) Leitbild und e) Klagen, die sich mit den Grundlagen und Leitzielen sowie mit der Entschärfung der gesellschaftlichen Konflikte beschäftigen. Neuheiten in der Kommissionsarbeit sind:

1. Sie macht einen völligen Neustart. Ich sehe in der Kommission keine Mehrheit für Gorleben. Aber dadurch ergeben sich wahrscheinlich rechtliche und finanzielle Konflikte, die ihre Ursache in früheren, falschen Weichenstellungen haben und unausweichlich sind.
2….

Müllers Positionierung gegen .ausgestrahlt

Man kann daraus natürlich die oben genannte dpa-Meldung formulieren. Aber dies gelingt nur, wenn man sich wenig mit der Endlagerproblematik und der Endlagerkommission befasst hat. Ansonsten fällt einem bei Müllers Statement die Feststellung von .ausgestrahlt ein:

Sowohl die Doppelspitze der Kommission als auch die Auswahl der Wissenschaftler, ja selbst die VertreterInnen aus der Wirtschaft und den Gewerkschaften, sind genau anhand der Gorleben-Konfliktlinie besetzt worden. Das verhindert zum einen, dass eine 2/3-Mehrheit für geologische Kriterien zusammenkommt, die Gorleben ausschließen. Zum anderen führt die Gorleben-Fixierung dazu, dass es keinen wirklichen Neustart der Suche nach einem Umgang mit dem Atommüll geben wird.

 

Es ist recht naheliegend, dass Herr Müller dagegen seine Position setzen wollte. Doch beim unvorbereiteten Journalisten bleiben nur Gorleben und Mehrheit hängen. Qualitätsjournalismus ist wohl nicht mehr die Regel.

Beurteilen kann das nur ein Ohrenzeuge

Natürlich kann alles ganz anders gewesen sein. Vielleicht ist ja in der Pressemitteilung nicht der Wortlaut wiedergegeben? Das kann nur ein Augen- bzw. Ohrenzeuge beurteilen.

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