Morsleben – ein End- und Zwischenlager im Umbruch?

Veranstaltung mit viel Zuspruch

Am 09.02.2018 fand wieder eine Veranstaltung in der Reihe Betrifft: Morsleben statt. Dieses Mal wurde zur Ankündigung einiger Aufwand betrieben. Und dies war von Erfolg gekrönt. Alle Sitzplätze waren besetzt und selbst die Plätze an den Stehtischen waren rar. Auch die BI Morsleben e. V. und der BUND e. V. Sachsen-Anhalt haben sich zeitnah zu der Veranstaltung geäußert.

Betriebsführung des Bergwerks

In dem als End- und Zwischenlager für radioaktive Abfälle genutzten Bergwerk werden zurzeit im Wesentlichen nur Wartungsarbeiten ausgeführt. So werden zum Beispiel Teile der Grubenlüfter ausgetauscht und als Eigenabfälle im Westfeld eingelagert. An diesem Einlagerungsort hat das damit verbundene Gasbildungspotenzial (Entstehung von Wasserstoff aus Metallen und eventuell zutretendem Wasser) keine negativen Auswirkungen. Die Grubenlüfter sind mit Blei-210 radioaktiv belastet, was durch den Zerfall von Radon-222 in der Abluft entsteht (Rn-222 [alpha:3,8d] Po-218 [alpha:3min] Pb-214 [beta:26,8min] Bi-214 [beta:19,8min] Po-218 [alpha:0,2 ms] Pb-210 [beta:22y]…). Eine Dekontamination und Freigabe wird nicht verfolgt.

Belegschaft wird teilweise durch MitarbeiterInnen aus Gorleben ergänzt

Der Betrieb des Lagers Morsleben bietet knapp 160 Menschen einen Arbeitsplatz, kostet dem Steuerzahler aber etwa 35 Mio. EUR pro Jahr. Nach Einstellung der Arbeiten in Gorleben finden hier einige MitarbeiterInnen eine neue Aufgabe.

Morsleben im Entwurf des Koalitionsvertrages

Morsleben wird im Entwurf des Koalitionsvertrages 2018  mit folgendem Satz erwähnt (Seite 144):

Die Arbeiten zur Rückholung der Abfälle aus dem Forschungsbergwerk Asse sind mit  hoher Priorität fortzusetzen. Auch die sichere Stilllegung des Endlagers Morsleben  muss schnellstmöglich vorangebracht werden.

Was das in einem politischen Papier verloren hat, ist fraglich. Denn es ist eine Fachaufgabe der BGE, tragfähige Unterlagen zusammenzustellen, durch die Genehmigungsbehörde genehmigen zu lassen und umzusetzen. Die Politik hat allein die Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Man kann für Morsleben nur wünschen, dass die obige Erwähnung zusammen mit Asse und hoher Priorität und Abschwächung durch Auch nicht den bisherigen vergleichweise langsamen Fortgang oder quasi Stillstand bedeutet.

Organisationsuntersuchung zu Verkürzung der Planungszeit von 22 bis 25 Jahre auf 10 bis 11 Jahre

Erinnert sei an die Organisationsuntersuchung aus dem Jahr 2014, in der eine Aufstockung des Personals beim Projekt Morsleben um 15 MitarbeiterInnen empfohlen wurde, um die Zeit zur Erstellung konsistenter Antragsunterlagen von 22 bis 25 Jahre auf 10 bis 11 Jahre zu verkürzen (Strategiekonzept Stilllegungsverfahren ERAM,  Seite 4, 3. Absatz). Die BGE ist zurzeit guter Hoffnung, dass auch bei einem geringeren Zuwachs der MitarbeiterInnen innerhalb der nächsten fünf Jahre wesentliche Planungsarbeiten abgeschlossen und mit der Genehmigungsbehörde abgestimmt sind. Durch die Verschmelzung von DBE, Asse GmbH und BfS-Abteilung SE ergäben sich Synergieeffekte, da die starren Rollenzuweisungen im DBE-Rahmenvertrag entfallen seien.

Notwendigen Nacharbeiten nach dem ersten Erörterungstermin im Jahr 2011

Die notwendigen Nacharbeiten nach dem ersten Erörterungstermin im Jahr 2011 waren zu einem Teil notwendig, weil der Stand von Wissenschaft und Technik durch die Sicherheitsanforderungen 2010 neu festgeschrieben wurde. Bei der aufmerksamen Verfolgung der Entwicklung des Standes von Wissenschaft und Technik wäre das vorhersehbar gewesen. Bald ist wieder mit einer neuerlichen Festschreibung zu rechnen, da nach § 26 StandAG die Sicherheitsanforderungen zu novellieren sind, und zwar spätestens bis zur Anwendung der vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen nach § 27. Diese sind nach § 14 bereits zur Ermittlung von Standortregionen für die übertägige Erkundung notwendig.

Versuch zur Abdichtung im Anhydrit gescheitert

Mit den Sicherheitsanforderung nicht verbundene Nacharbeiten betreffen die horizontalen Abdichtbauwerke. Die von der Genehmigungsbehörde geforderten in-situ-Versuche dazu sind gescheitert. Insbesondere bei der Abdichtung im Anhydrit (siehe Antrag auf Planfeststellung S. 161 ff.) stellte sich heraus, dass inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass der sogenannte Quelldruck nicht wie beabsichtigt dauerhaft bestehen bleibt. Die gesamte Konzeptplanung und Nachweisführung ist somit hinfällig. Gedanklich verfolgt werden jetzt drei Möglichkeiten:

  1. Magnesiabeton mit Nachinjektion,
  2. Salzbeton mit Nachinjektion und
  3. Megnesiaspritzbeton ggf. mit zusätzlichen Asphaltdichtelementen.

Da hier seit der Auswertung des gescheiterten Versuchs im Jahr 2013 bisher nichts weiter unternommen wurde, kann laut BGE auch nicht von der Unmöglichkeit der Abdichtung im Anhydrit nach dem Stand von Wissenschaft und Technik gesprochen werden.

Bergwerk Morsleben als Zwischenlager des Bundes

Etwa die Hälfte des Radionuklidinventars und weit über die Hälfte der Radiotoxizität (hier wäre es interessant, entsprechende Werte zu erhalten) im Bergwerk Morsleben ist lediglich zwischengelagert, da die Genehmigung für das Endlager die Endlagerung nicht erlaubt. Trotzdem ist der Verbleib insbesondere des sogenannten Radiumfasses geplant, obwohl das Gewinnungsbergwerk Morsleben nach heutigen Stand von Wissenschaft und Technik für die Endlagerung ungeeignet ist.

Radiumfass in die Landessammelstelle Sachsen-Anhalts, Asse-Abfälle in die Landessammelstelle Niedersachsens?

Seitens der BGE wurde aber vermieden zu konstatieren, dass bei einer Nichtgenehmigung der Endlagerung des Radiumfasses das Land Sachsen-Anhalt dieses in dem Landessammellstelle zwischenlagern müsste. Man scheute wohl den Vergleich mit den eventuell zurückgeholten Asse-Abfällen, die dann formaljuristisch in der Landessammelstelle Niedersachsens gelagert werden müssten. Selbst für die Rossendorf-Abfälle bahnen sich da Bundeslösungen an.

Bundeslösung nicht durch Knebelung mit Bundesweisung

Man sollte der Hoffnung sein, dass die Bundeslösung in diesem Fall nicht so aussieht wie bei der juristisch umstrittenen Endlagerung im Ostfeld. Hier wurden westdeutsche Abfälle endgelagert, sodass die aufgrund des Einlagerungsstopps in die Asse übergequollenen Landessammelstellen geleert werden konnten. Zum Ostfeld verbietet das  Bundesumweltministerium der Genehmigungsbehörde mittels der Bundesweisung vom 26.06.1996, die Rechtmäßigkeit der Endlagerung zu prüfen. Es ist Zeit, diese Weisung zurückzunehmen, damit die Prüfung nicht auf das Klageverfahren nach der Planfeststellung verschoben wird.

Fachkonferenz als Auftakt eines wirksamen Begleitprozess

Die BI Morsleben und der BUND Sachsen-Anhalt fordern die Durchführung einer Fachkonferenz als Auftakt eines wirksamen Begleitprozess für das Morsleben-Verfahren. Auch das NBG kam in seiner Sitzung im November zur Meinung, dass ein solches Begleitverfahren notwendig sei:

Verschiedene Gremiumsmitglieder verlangten, eine Gruppe zur dauerhaften Begleitung des Morsleben-Genehmigungsverfahrens durch Bürgervertreter einzurichten. Klaus Töpfer hob das Interesse des Begleitgremiums hervor, aus den Schwierigkeiten des Genehmigungsverfahrens für Morsleben zu lernen. Auch er sprach sich für ein von Bürgern begleitetes Genehmigungsverfahren aus. Wenn nur Antragsteller und Genehmigungsbehörde gemeinsam die Genehmigung in einem begleitenden Verfahren erarbeiteten, könnte leicht der Eindruck einer Grauzone und dadurch ein Einfallstor für Misstrauen entstehen.

Bisher haben es aber sowohl die BGE als auch das für die Genehmigung zuständige Landesunweltministerium abgelehnt, solch eine Veranstaltung zu organisieren. Lediglich die Teilnahme ist jeweils zugesagt. Das Schreiben der BI Morsleben an das BMUB wurde bisher nicht beantwortet.

Ein Gedanke zu „Morsleben – ein End- und Zwischenlager im Umbruch?

  1. Welche Genehmigungsbehörde wünscht sich die BGE für die Planfeststellung zur Stilllegung des Zwischenlagers und des Endlagers Morsleben?

    Sollte die BGE den Planfeststellungsantrag zurückziehen, dann wird nach § 58 Abs. 3 AtG die bisherige Genehmigungsbehörde – das Umweltministerium Sachsen-Anhalt – durch das BfE ersetzt.

    Dazu gibt es bereits zwei Konzepte und eine Stellungnahme. Zurzeit wird ein drittes Konzept zur gleichen Sachlage von der BGE erstellt.

    Das erste Konzept vom 02.01.2017 sprach sich für die Rücknahme aus, was einer Stellungnahme zum zweiten Konzept vom 14.07.2017 zu entnehmen ist. Das zweite Konzept kommt zum Ergebnis, dass das Verfahren fortgesetzt werden solle, schon um zum Beispiel die Gebühren von mindestens 20 Mio. EUR zu sparen, die sonst an das Land Sachsen-Anhalt zu zahlen wären.

    Um mehr über den fachlichen Hintergrung zu erfahren, wurde am 13.11.2017 ein IFG/UIG-Antrag auf Zugang zum ersten Konzept gestellt. Der Antrag wurde fast zwei Monaten nach der gesetzlichen Frist durch einen Bescheid, datiert mit 05.01.2018, zugestellt am 06.02.2018, abgelehnt. Begründet wird dies damit, dass das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratungen hätte (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG) und ein öffentliches Interesse an der Zugänglichmachung dieser Unterlage nicht überwiege.

    Man kann also auf das dritte Konzept und die Entscheidung gespannt sein. Dann wird wohl das öffentliche Interesse überwiegen, insbesondere auch daran, inwieweit das BMUB als super-operator die Entscheidung geprägt hat – siehe IFG/UIG-Antrag an das BMUB und insbesondere Schreiben des BMUB vom 02.11.2017.

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