Vergangenheitsbewältigung – Das Nukleare Gedächtnis meldet sich

Neustart nur nach Aufarbeitung

Weit verbreitet ist die Auffassung, dass ein wirklicher Neustart bei der Endlagersuche nur nach der eingehenden Aufarbeitung der Vergangenheit möglich ist. Es geht dabei nicht darum, die Schuldigen zu finden, sondern die Strukturen freizulegen, die zu diversen Fehlentwicklungen bei der Endlagerfrage geführt haben.

Gutachten – Rolle des BfE?

Auch das Gutachten für das BfE Erhebung, Analyse und Bewertung von Maßnahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung im Standortauswahlverfahren erwähnt diesen Punkt mehrfach, so zum Beispiel auf Seite 81:

Es spricht viel dafür, dass ohne Mitwirkung der Bürgerinitiativen, Umweltverbände, Gewerkschaften und Kirchen eine Kontinuität der Öffentlichkeitsbeteiligung kaum gelingen wird. Staatlicher- bzw. behördlicherseits gilt es, eine ehrliche Analyse und Kommunikation über gemachte Fehler sowie die Aufarbeitung von Unrecht im Kontext Endlager anzugehen: Beides scheint v.a. in der Anfangsphase des neu gestarteten Verfahrens von elementarer Bedeutung zur Erlangung bzw. Sicherstellung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu sein.

Doch es fehlt in diesem Papier die Benennung derjenigen Institution, die die Aufarbeitung der Vergangenheit organisieren sollte.

Das mehrfache Scheitern: Untersuchungsausschuss Gorleben und Endlagerkommission

An dieser Aufgabe gescheitert sind schon der Untersuchungsausschuss Gorleben (Abschluss Drucksache 17/13700) und die Endlagerkommission (Abschlussbericht zu Gorleben, Seite 138-164). Beide konnten lediglich unterschiedliche Positionen gegenüberstellen. Die Freilegung der Strukturen, die zu der unendlichen Geschichte der Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland geführt haben, wurden nicht identifiziert. Und heute sieht es an vielen Stellen danach aus, dass deshalb die Fehler – zwar auf anderem Niveau – aber trotzdem wiederholt werden.

Gründung des Netzwerks Nukleares Gedächtnis

Am 27./28.10.2017 haben sich Personen getroffen, die sich mit dieser Situation nicht abfinden wollen – siehe Beitrag ENTRIA: Aufarbeitung der Vergangenheit. Gegründet wurde das Netzwerk Nukleares Gedächtnis (NeNuG). Am 27./28.04. 2018 findet das zweite Treffen statt – siehe Terminkalender.

Berichte vom ersten Treffen

Über das erste Treffen gibt es zwei Berichte, die die breite Palette der Meinungen aufzeigen:

Dickel, J. (2017). Aufarbeitung des deutschen Atomkonflikts – Wissenschaftler aus Institutionen und Bewegung gründen offenes »Netzwerk Nukleares Gedächtnis«. Neues Deutschland 30.10.2017.

Haas, G. (2018). „Von der Bombe zum Behördenhandeln” – Netzwerk Nukleares Gedächtnis (NeNuG) will Vergangenheit aufarbeiten. Gorleben Rundschau. 2018: 22-23.

Das zweite Treffen von NeNuG

Das Treffen am kommenden Wochenende wird spannend werden. Kann der Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Bewegung in einem Netzwerk gelingen, das dann wirklich arbeitsfähig wird?

Meinung von endlagerdialog.de

Nach Meinung von endlagerdialog.de könnte schon die Betrachtung der jüngsten Vergangenheit wie die Nichtbeachtung des Offenen Briefes aus Gartow  im Jahr 2012 – siehe Beitrag Der beste Kompromiss kommt aus Gartow – und die ins Leere gelaufene Endlagerdiskussion auf endlagerbericht.de im Jahr 2016 wesentliche Strukturen offenlegen, die ein neuerliches Scheitern der produktiven Bearbeitung des Endlagerproblems wahrscheinlich machen.

4 Gedanken zu „Vergangenheitsbewältigung – Das Nukleare Gedächtnis meldet sich

  1. Es scheint allerdings ein lückenhaftes, vergessliches ‚Nukleares Gedächtnis‘ zu sein. Außerdem ist von nuklearem Gewissen und nuklearem Verantwortungsbewusstsein in vielen Institutionen und bei vielen Akteuren (interessanterweise auch in atomkritischen Zirkeln) nicht viel zu erkennen. Zum Beilspiel verwendet und propagiert das Öko-Institut unreflektiert das absurde 10µSv-Konzept: siehe https://www.oeko.de/oekodoc/2366/2015-532-de.pdf. Es kommt ganz offensichtlich auch zu fatalen Interessenskonflikten: In dem Maße, wie lokale Initiativen auf die tatsächlichen Gesundheitsrisiken lokaler nuklearer Rückstände hinweisen würden, sänke die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Atommüll noch jemals an anderer Stelle ‚willkommen‘ wäre bzw. überhaupt akzeptiert würde. Es gibt kurz gesagt viele gute Gründe, das ‚Nukleare Gedächtnis‘ nicht überzustrapazieren. HS.

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