Geotechnische Umweltbauwerke – Eine andere Sicht auf die Langzeitlagerung

Gewichtiges Buch mit anderer Sichtweise

Mit gut vierhundert Seiten kommt ein Buch beim Springer-Verlag als schwergewichtiger Beitrag zur Endlagerdiskussion daher, der eine Sichtweise auf das Problem eröffnet, die nicht den gängigen Mustern folgt.

Das Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung (10 Seiten)
  2. Radioaktivität in Abfällen und Rückständen (23 Seiten)
  3. Grundlagen der Endlagerung radioaktiver Abfälle und Rückstände (45 Seiten)
  4. Entsorgung von Abfällen mit sehr geringer Radioaktivität (VLLW) (16 Seiten)
  5. Überwachungsbedürftige radioaktive Rückstände des Uranerzbergbaus (71 Seiten)
  6. Entsorgung von radioaktiven Abfällen geringer und mittlerer Radioaktivität (69 Seiten)
  7. Entsorgung von radioaktiven Abfällen mit hoher Radioaktivität (70 Seiten)
  8. Langzeitsicherheit Geotechnischer Umweltbauwerke (83 Seiten)
  9. Umwelt-Monitoring (26 Seiten)
  10. Zusammenfassung (9 Seiten)

gibt unter Kapitel 5 den entscheidenden Hinweis: Der Autor, Michael Lersow, war von 2005 bis 2009 in der Wismut GmbH für die Sanierung bei langzeitlicher Sicherung der Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus in verantwortlicher Position tätig – siehe Wikipedia und Über den Autor sowie Homepage.

WISMUT-Tailing Ponds als Ausgangspunkt

Im Kapitel über Rückstände des Uranerzbergbaus geht es im Wesentlichen um die Rückstände aus den zentralen Aufbereitungsanlagen der Wismut (tailing ponds), welche die langwierigsten Aufgaben der Wismuthinterlassenschaften darstellen – siehe auch Lersow, M. (2010). Safe closure of uranium mill tailings ponds – on basis of long-term stability-proofs linked with an extensive environmental monitoring. Bei den Tailing ponds der Wismut wurde auf eine Basisabdichtung verzichtet. International ist die fehlende Basisabdichtung bei Tailing ponds nicht untypisch. Wo es zu bedeutsamen Austritten von radioaktiv verunreinigten Wässern kommt, bleibt meist nur die Umlagerung, so beim Uran-tailing pond Moab, wo Austritte in den Colorado River festgestellt wurden.

Langzeitverwahrung für 1000 Jahre konzipiert

Die Langzeitverwahrung wird für einen Zeitraum von 1000 Jahren konzipiert.  In der Regel wird ein Multibarrierekonzept gefordert mit Langzeiteinzelnachweisen

  • der Standsicherheit des Dammbauwerks,
  • der Stabilität der multifunktionalen Abdeckung,
  • der Stabilität der Basisabdichtung und
  • des Schutzes des Grundwassers und der Vorfluter.

Bei den sechs Tailing ponds der Wismut wurde auf Umlagerung verzichtet. Ein Langzeitsicherheitsnachweis für die Basisabdichtung kann deshalb nicht gelingen. Er wurde ersetzt durch einen Funktionsnachweis, der auf langzeitliche Wasserfassung und -reinigung aufbaut.

Ewigkeitsaufgabe und Hüte-Prinzip

Die Zulassung und Überwachung liegt bei den Bergämtern (Abschlussbetriebsplan nach Bundesberggesetz), unter Vorbehalt der Zustimmung der Wasserbehörden. Über eine Entlassung aus der Überwachung entscheidet das zuständige Bergamt, es kann auch als Ewigkeitsaufgabe bezeichnet werden. Im Bereich der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle ist das auch als Hüte-Prinzip bekannt.

Vergleich der radioaktiven Inventare

Eine Grundaussage des Buches beruht auf dem Vergleich der Gefährlichkeiten (Aktivitätsindikator Radiotoxizität) der Abfallinventare  des zukünftigen Lagers für hochradioaktive Abfälle (HAW), von Konrad, der Asse II, des ERAM und des bedeutendstens Wismut-Tailing ponds (Culmitzsch A) (Tab. 7.8, Seite 250):

LagerStichzeitpunktAktivität in BqAktivitätsindikator
HAWPrognose 20753,88E+193,82E+15
KonradPrognose 20805,15E+182,20EE+12
Assse II31.12.20132,48E+151,50E+11
ERAM31.12.20139,18E+137,72E+09
Culmitzsch Aetwa 31.12.20001,94E+152,55+11

Als Aktivitätsindikator Radiotoxizität wird der Quotient aus der Aktivität der Einzelnuklide und den Freigrenze nach Strahlenschutzverordnung Anlage III (seit 01.01.2019 Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 1 der Verordnung zur weiteren Modernisierung des StrahlenschutzrechtsBundestag Drucksache 423/18 Seite 148-159 in Verbindung mit Bundesrat Drucksache 423/18 (Beschluss)) summiert über alle Radionuklide bezeichnet.

Vollkommen andere Maßstäbe bei ähnlicher Gefährdungslage

Zu Recht wird die Frage gestellt, weshalb trotz ähnlicher Gefährdungslage zum Beispiel an die Asse II vollkommen andere Maßstäbe angelegt werden als an Culmitzsch A? So werden die vollkommene Ablehnung des Hüte-Prinzips durch die Endlagerkommission und der kategorische Ausschluss der Transmutation hinterfragt. Das Hüte-Prinzip taucht verdeckt als Rückhol- bzw. Bergbarkeit und im Monitoring auf, für die Erforschung der Transmutation werden auch deutsche Steuergelder im Rahmen von EURATOM verausgabt.

Anregung zur breiten Diskussion

Das Buch regt an zu einer breiten Diskussion über die Frage der Langzeitlagerung von radioaktiven Abfällen, die immer noch notwendig ist. Da war die Endlagerkommission offensichtlich überfordert und hat eher auf der theoretischen Ebene ohne Bezug auf den Strahlenschutz das Prinzip Verantwortung diskutiert. Auch das BfE ist entweder nicht willens oder nicht fähig, eine solche Diskussion zu führen, was die 1. Statuskonferenz Endlagerung eindeutig zeigte. Schon das Reinlesen in die Zusammenfassung im Buch (Seite 419 und Seite 420) eröffnet da wesentlich mehr.

Radiotoxizität – unterschiedliche Indikatoren

Im Detail sind jedoch auch viele Ungereimtheiten zu finden. So erstaunt, dass die Radiotoxizität nicht nach der eigentlich üblichen Methode errechnet wird. Statt der oben genannten Methode auf der Basis der Freigrenzen (Seite 6) wird sie in der Regel als Produkt der Aktivität und des Dosiskoeffizienten für Ingestion bestimmt. Erst auf Seite 61 kommt die Begründung:

Da die physikalische Größe „Aktivität“ zwar gut messbar, aber in Hinblick auf die potenziell damit verbundenen Gefährdungen wenig aussagekräftig ist, werden zum Vergleich von Inventaren unterschiedliche Kenngrößen  eingeführt. So können z. B. die rechnerischen Dosen ermittelt werden, die aus einem vollständigen Verzehr der Abfälle („Ingestion“) resultieren. Die so erhaltenen Dosen sind völlig fiktiv und können durch Umrechnung auf „Krebstote“ manipulativ missbraucht werden. Daher wird hier ein anderer Indikator verwendet.

Doch weiter hinten wird dann doch Radiotoxizität auf der Basis Dosis verwendet (Seite 288, Abb. 7.22). Dazu kommt noch ein weiterer Toxizitätsindex auf der Basis des Verdünnungsverhältnisses, um die Strahlenschutzstandards einzuhalten (Seite 286, Abb. 7.21), wie es im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren zu Konrad benutzt wurde (Erläuternde Unterlage EU 251, siehe auch Endlagerung radioaktiver Abfälle als nationale Aufgabe, Abb. auf Seite 41). Letzterer Toxizitätsindex hat den Vorteil, dass er den Vergleich von Radio- und Chemotoxizität ermöglicht.

Die Wirkung von Radon

Auf Seite 60 wird ausgeführt:

Bei Radonexhalation von Rn-222 kann diese über die Atemwege in die Lunge gelange. Dort lagern sich die stabilen, aber toxischen Zerfallsprodukte (Blei, Quecksilber) ab und können zu Lungenkarzinomen führen [27].

In der angegebenen Literaturstelle (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt; Gesundheit und Verbraucherschutz.(2006). Radioaktivität, Röntgenstrahlen und Gesundheit – Strahlenschutz) wird auf Seite 167 aber klargestellt, dass die wesentliche Wirkung von Radon auf die Strahlenbelastung und nicht auf die Chemotoxizität der stabilen Endprodukte zurückzuführen ist.

Eiszeitszenario und Umlagerung

Auf Seite 283 steht zum Endlager in Finnland geschrieben:

Im sogenannten Eiszeitszenario ist das Vordringen von Permafrost bis in eine Tiefe von 800 m unterstellt, das die Sicherheit des Endlagers gefährden würde. Die Firma Posiva Oy schlägt für diesen Fall eine Verlagerung der Container vor.

Das war endlagerdialog.de bisher nicht bekannt. Leider wird aber auch keine konkrete Fundstelle angegeben. Für den Standort Gorleben wurden auch Ausbreitungsrechnungen mit Permafrostansätzen gemacht. Zum Beispiel kann dann die Elbe als Linienquelle für Wärme fungieren und damit die radioaktiven Stoffe durch diesen Schlitz austreten. Eine Veröffentlichung dieser Betrachtungen ist nicht bekannt.

ERAM auch als Zwischenlager

Auf Seite 317 wird richtig erwähnt, dass das ERAM aus zehn betrachteten Salzbergwerken in der DDR ausgewählt wurde. Das unterscheidet dieses Endlager von der Asse II, wo keinerlei vergleichendes Auswahlverfahren zugrunde lag. Leider wird im gesamten Buch nicht erwähnt, dass das ERAM nicht nur ein Endlager, sondern auch ein Bundeszwischenlager darstellt, also eher den Namen ZERAM verdient (Zwischen- und Endlager Radioaktiver Abfälle Morsleben).

Nuclear Communities

Auf Seite 291 wird klar ausgesprochen, was eigentlich jeder in der Fachgemeinde weiß:

Die meisten Länder, die sich intensiv um einen Endlagerstandort für HAW bemühen, betreiben Kernkraftwerksanlage. Alle diese Länder haben vor der Entscheidung zur Suche nach einem geeigneten Endlagerstandort sich die Frage vorgelegt, ob nicht dafür insbesondere Standorte geeignet sind, an denen Kernkraftanlagen betrieben werden oder an denen Kernkraftanlagen betrieben wurden. Alle diese Länder haben die Frage mit Ja beantwortet.

Weiterhin wird auf Seite 294f. vorgeschlagen:

Die Lösung des Akzeptanzproblems ist bei der Standortauswahl von höchster Bedeutung. Es scheint deshalb sinnvoll zu fragen, ob nicht Gemeinden bereit wären, wie in Schweden und Finnland auch, sich als Einlagerungsstandorte anzubieten.

Das ist durchaus sinnvoll, trifft aber zum Beispiel auf Schweden nicht in dieser Klarheit zu. Hier sind erst nach einem Scheitern einer allgemeinen Freiwilligkeit die Nuclear Communities massiv angesprochen worden.

Die Asse II in der politischen Mangel

Auf Seite 202 kommt die Politik relativ schlecht weg:

Zu beurteilen sind hier nicht die politischen und oftmals mit tendenziösen „wissenschaftlichen“ Aussagen und Darlegungen über den Zustand der Schachtanlage Asse befeuerten Auseinandersetzungen, sondern der Standort und dessen Voraussetzungen für eine langzeitsichere, langzeitstabile Verwahrung der eingelagerten LAW- und MAW-Abfälle.

Auf Seite 213 wird der Autor selbst Opfer dieser Tendenzen, wen er darlegt:

Ein Langzeitsicherheitsnachweis war dem Schließungskonzept des HMUG nicht beigelegt, dafür die Hypothese, dass ein langzeitiger Schutz des Carnallitits durch das Einleiten einer Salzlösung erreicht werden kann……

Eine Langzeitsicherheitsstudie wurde vorgelegt mit COLENCO und GRS.(2006). Gesamtbewertung der Langzeitsicherheit für den Standort Asse (Konsequenzenanalyse). Die eher politische Stellungnahme des BMUB zu dieser Tatsache (Email vom 21.10.2014):

Im Auftrag des vormaligen Grubenbetreibers, der Gesellschaft für Strahlenforschung mbH (GSF, mehrfach umbenannt), wurde im Jahr 2006 die zusammenfassende „Gesamtbewertung der Langzeitsicherheit für den Standort Asse – Konsequenzenanalyse“ (Ersteller: Colenco Power Engineering AG und GRS mbH) angefertigt.

Die GSF ging im Jahr 2008 im Helmholtz Zentrum München – Zentrum für Gesundheit und Umwelt (HMGU) auf. Die oben genannte Studie bezieht sich auf das vom HMGU verfolgte Stilllegungskonzept der Anlage nach Bergrecht. Die damals für die Stilllegung zuständige Bergbehörde, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), hat die vom HMGU vorgelegte Sicherheitsbetrachtung nicht abschließend geprüft. Die in der Studie proponierte Einhaltung radiologischer Grenzwerten wurde somit auch nie behördlich bestätigt.

Die vorgelegte Konsequenzenanalyse ist also deshalb keine Konsequenzenanalyse, weil die Bergbehörde versäumt hat, diese Unterlage zu prüfen.

Salz wird kritisch gesehen

Auf Seite 251 äußert der Autor offen seine Fachmeinung zu Salinar als Wirtsgestein:

Der Autor sieht die Heraushebung des Wirtsgesteins Salinar kritisch, weil diese Gebiete gegenüber versehentlichen oder absichtlichen menschlichen Eingriffen in ein Endlager besonders gefährdet sind, siehe Kap. 8, FEP – Features, Events, Processes. Salzstöcke stellen in Deutschland potenzielle höffige Gebiete dar, in denen menschliche Aktivitäten wie Bohrungen, Bergbau oder andere untertägige Vorgänge wie Solen von Kavernen über lange Betrachtungszeiträume nicht auszuschließen sind, siehe [15].

Da Salzgestein für Fluide nahezu impermeabel ist, können sich unterhalb von Salzgesteinsschichten oder Salzstrukturen Kohlenwasserstoffe (Erdöl, Erdgas) ansammeln, sogenannte Erdöl- und Erdgasfallen. Damit sind auch Erdöl- und Erdgaslagerstätten mit diesem Wirtsgestein verbunden.

Vom Autor wird Salz immer als Salzstock angeführt, flache Salzlagerungen werden nicht erwähnt. Selbst das Endlager WIPP in den USA wird in einem Salzstock verortet (Seite 259, Abb. 7.5), obwohl es in einem flachlagerndem Salzvorkommen angelegt wurde.

Die Bevorzugung von Salz durch die BGR

Auf Seite 327 wird das BGR-Pamphlet von 2007 Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland – Untersuchung und Bewertung von Regionen mit potenziell geeigneten Wirtsgesteinsformationen kritisiert:

Die von der BGR 2007 vorgenommene Bewertung des Einflusses des Wirtsgesteins auf Systemkomponenten eines Endlagers scheint überholt. Die Zusammenstellung der BGR scheint außerdem tendenziell das Wirtsgestein Steinsalz (Salinar) gegenüber Ton/Tonstein und kristallinem Gestein vorteilhaft erscheinen zu lassen. Dabei handelt es sich um folgende Korrekturen:…

Dies ist durchaus gerechtfertigt. Jedoch ist dieses BGR-Papier als politisch gewünschtes Pamphlet erkennbar. In den wissenschaftlichen Studien der BGR werden die AutorInnen genannt, die bei diesem Papier fehlen.

Die Sicherheitsphilosophie für Endlager des BfS aus 2004

Auf Seite 326 wird Bezug genommen auf die Sicherheitsphilosophie für Endlager des BfS  (2. Entwurf) aus 2004 – siehe auch endlagerdialog-Beitrag dazu. Als Fußnote steht da etwas Interessantes:

Die Aufgaben zur Endlagerung sind vom BfS an das BfE übergegangen. Das heißt, das BfE hat auch die Sicherheitsphilosophie zur Endlagerung von HAW-HGT übernommen. Das bedeutet natürlich nicht, dass das BfE diese nicht weiterentwickeln wird.

Das ist doch ein wichtiger Arbeitsauftrag an das BfE.

Die Gleichungen mit großem und kleinem Phi

Verwirrend sind die Gleichungen, beginnend auf Seite 368, Gleichung 8.12. In den Gleichungen wird die Porosität mit dem kleinen Phi φ eingeführt, die Erläuterung benutzt das große Phi Φ.

Übergangslager statt Zwischenlager

Auf Seite 342 gibt es interessante Meinungen zu Zwischenlagern, die schließlich als Übergangslager benannt werden:

Eine Verlängerung der Genehmigungen darf nur aus unabweisbaren Gründen und nach vorheriger Befassung des Deutschen Bundestages erfolgen. Dass eine Öffentlichkeitsbeteiligung hier fehlt, steht aus der Sicht des Autors in krassem Widerspruch zu den Ausführungen in [29, W. König, Zwischenlager im Entsorgungskonzept für Deutschland, Deutsches Atomforum e. V. Wintertagung, Berlin 2001], wo die Zwischenlager dem deutschen Entsorgungskonzept zugerechnet werden.

Es wird die Errichtung von drei bis fünf oberflächennahen Übergangslagern in Kavernen oder Bunkern angeregt, wobei eines gleichzeitig Pilotprojekt für ein oberflächennahes Endlager sein könnte.

Versteckt sich hier ein transdisziplinärer Ansatz?

Auf Seite 384 ist zu lesen:

Die Verfahren müssen daher methodisch richtig und in sich schlüssig sein, die rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in angemessener Weise und verbindlich erfüllen sowie für fachlich Außenstehende nachvollziehbar sein. Dazu gehört auch die Vermittlung der wissenschaftlich-technischen Grundlagen und des internationalen Standes von Wissenschaft und Technik.

Das hört sich nach einem transdisziplinären Ansatz an, der schon bei ENTRIA eine Rolle gespielt hat, wo von Röhlig/Eckhardt ein transdisziplinäres Vorgehen beim safety case vorgeschlagen wurde (Beitrag in GAiA).

Monitoring

Dem Monitoring ist ein ganzes Kapitel gewidmet. Dabei wird das Monitoring nicht auf das technische Monitoring reduziert, sondern auch auf das soziale Monitoring im Sinne von Hocke/Bergmans/Kuppler hingewiesen (Seite 394). Das NBG wird als die Institution gesehen, die die Aufgabe des sozialen Monitorings wahrnehmen muss. Es wird weiterhin auf das Instrument für die öffentliche Kommunikation hingewiesen:

Über das Monitoring kann ein wichtiges Instrument für öffentliche Kommunikation in Anspruch genommen werden, das einerseits die technische Sicherheitsstrategie, also die Sicherheit der Technik und deren Lebensdauer belegt, andererseits in der Öffentlichkeit um Verständnis über Abläufe im Betrieb und später in der Stilllegungsphase wirbt und zur Vertrauensbildung in die prognostizierte Endlagerentwicklung in der Nachbetriebsphase beiträgt.

Schließlich wird noch auf Governance-Prozesse im Sinne von Brunnengräber/Problemfalle Endlager Bezug genommen.

Beim technischen Monitoring in der Nachverschlussphase wird auf Seite 406 auch die Neutrino-Spektroskopie aufgegriffen – siehe auch  Die kaum aufspürbaren Neutrinos haben es in sich.

Was fehlt?

An vielen Stellen werden Multibarrierenkonzept, Redundanz und Diversität angeführt. Es wird sich sogar dafür ausgesprochen, gezielt chemische Immobilisate bei der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle einzusetzen (Seite 340).  Leider diskutiert der Autor Redundanz und/oder Diversität nicht in Bezug auf die geologische Barriere.

Mit der Entsorgung von Abfällen mit sehr geringer Radioaktivität (VLLW) (Kapitel 4) und Überwachungsbedürftigen radioaktiven Rückständen des Uranbergbaus (Kapitel 5) wird der Deponiebau angesprochen. Es fehlt aber der Vergleich mit den Anforderungen an die Deponierung von chemotoxischen Sonderabfällen, die nach der Deponieverordnung ebenfalls bestimmten Deponieklassen zugeordnet werden.

Die Zielgruppe des Buches

Zu der Zielgruppe nimmt der Autor Stellung auf Seite 419:

Dem Autor ging es auch darum, eine breite interessierte Leserschaft anzusprechen und dabei nicht zu verschweigen, dass einerseits eine ganze Reihe von Problemstellungen noch offen ist, …

Und auf Seite 426 ist zu lesen:

Es ist Anliegen dieser Darstellung die für die langzeitsichere, langzeitstabile Verwahrung notwendigen Geotechnischen Bauwerke für die überwiegende Mehrheit aller radioaktiven Rückstände und Abfälle hier vor- und gegenüberzustellen – und dies soweit wie möglich als neutraler Wissenschaftler, der keiner der konkurrierenden Gruppen zugerechnet werden kann.

Beim vollständigen Durchlesen des gesamten Buches fallen dem interessierten Fachleser die vielen sogar wortwörtlichen Wiederholungen auf, was auf den intensiven Gebrauch von ctrl-c/ctrl-v hinweist. Dadurch wird aber die Verständlichkeit des einzelnen Kapitels vergrößert. Und solch ein einzelnes Kapitel des Buches sorgt für Diskussionsstoff, der für einige Wochen reicht.

3 Gedanken zu „Geotechnische Umweltbauwerke – Eine andere Sicht auf die Langzeitlagerung

  1. Die Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts, in der in Anlage 4 die Freigrenzen verkündet sind, wurde am 05.12.2018 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (Seite 2034 bis Seite 2208), Anlage 4 (Seite 2108 bis 2124, PDF 75-91).

  2. Es ist interessant, wie intensiv der Verfasser dieser Seiten sich mit dem Buch auseinandergesetzt hat. Es handelt sich hier um ein Sachbuch, was für einen interessierten aber mit der Materie vertrauten Leser geschrieben ist. Da das Buch sich mit allen Arten von radioaktiven Abfälle und Rückstände auseinandersetzt, also vom Deponiebau über die uranium mill tailings ponds bis zum Endlager für Wärme erzeugende hochradioaktive Abfälle, musste die Abgrenzung auch so getroffen werden, dass jedes Kapitel für sich gelesen werden kann. So muss sich der Leser die Wiederholungen erklären.

    Es ist auch der Versuch unternommen worden mit einigen, politisch motivierten Floskel, zu brechen.

    Jeder ist schon damit konfrontiert worden, dass die vorhergehende und unsere Generation die nachfolgenden Generationen nicht mit den erzeugten radioaktiven Abfällen und Rückständen belasten soll. Welch ein Unsinn. Natürlich werden nachfolgende Generationen mit diesen Abfällen und Rückständen konfrontiert werden. Schauen sie sich die Halbwertzeiten an! Worauf es ankommt, dass wir geotechnische Umweltbauwerke (Endlagerbauwerke) errichten, nach besten Wissen und Gewissen, auf deren Sicherheit im Notfall auch nachfolgende Generationen Einfluss nehmen können und mit dem bereit gestellten know how noch besser werden können. Worauf wir aber auch zu achten haben, dass nachfolgende Generationen nicht über Maßen mit den finanziellen Belastungen zu rechnen haben. Da bin ich aber nicht ganz sicher, dass dies nicht doch eintritt.

    Die Kernenergie wird mit unserer Generation nicht verschwinden und damit auch nicht die daraus resultierenden Abfällen und Rückstände. Das Buch soll auch einen Beitrag dazu zu leisten, den nachfolgenden Generationen unser Wissen und know how zu vermitteln, um damit besser umgehen zu können.

    Die Leser können sich auf eine englische Fassung freuen, die noch in diesem Jahr erscheinen wird.

    Michael Lersow

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert