Neues zu den „aktiven Störungszonen“

aus Brosig, A., B. Bräutigam, et al.(2020). Evaluierung des Kenntnisstandes von aktiven Störungszonen in Deutschland (KaStör) – Vorhaben 4717F01301. Seite 56

Aktive Störungszonen beim Goslar-Treffen

Auf der 41. NBG-Sitzung wurde von der BGE ein interessanter Beitrag geliefert: Herr Kanitz sagte etwas zum Ausschlusskriterium aktive Störungszonen (YouTube 00:27:53):

…die Landesämter, die sagen: So, Herr Kanitz, jetzt können sie doch mal sagen, der Bericht wird ja jetzt vorliegen, wir verstehen, wir dürfen ihn nicht sehen, jetzt sagen sie uns doch mal, wie haben sie sich denn entschieden bei den aktiven Störungszonen. Wir haben doch da damals in Goslar gemeinsam diskutiert, es gibt den Weg oder den Weg, jetzt sagen sie doch mal…

Das Treffen in Goslar, über deren Inhalt Verschwiegenheit vereinbart wurde, war schon Gegenstand diverser Gespräche auf der 2. Statuskonferenz Mitte November 2019 – oder gab es mehrere Goslarer Treffen? Interessant ist, dass offensichtlich zu den aktiven Störungszonen mindestens zwei Alternativen diskutiert wurden.

Goslar-Diskussion fehlt im Methodensteckbrief

Die BGE hat ihre Methoden zu den Ausschlusskriterien und so auch zu den aktiven Störungszonen in einem Methodensteckbrief vorgestellt und zur Diskussion gestellt – siehe Methodensteckbrief „aktive Störungszonen“. Leider kommt in diesem Methodensteckbrief kein Hinweis auf eine kontroverse Diskussion in Goslar vor, obwohl das zu einer wissenschaftsbasierten und transparenten Herangehensweise gehört. Diese sollte die wesentlichen Alternativen schildern und auf der dann vorgetragenen Basis begründen, weshalb die BGE so entschieden hat.

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Tagesspiegel: „Endlager-Chef warnt vor politischer Blockade“ – Oberflächlicher geht es nicht mehr

Das BaSE ist lediglich Überwachungsbehörde

Herr König, Präsident des BaSE, wird in einem Tagesspiegel-Artikel vom 12.07.2020 bezeichnet als Chef der Atommüll-Endlager-Behörde. Das BaSE ist aber nicht Akteur (operator) bei der Endlagersuche, sondern lediglich Überwachungsbehörde (regulator). Der Vorhabenträger ist die BGE, dort wird die Arbeit gemacht.

BaSE als Behörde für Kommunikation und Bürgerbeteiligung

Das BaSE hat neben der regulator-Rolle auch die Rolle der Kommunikation und Bürgerbeteiligung. Da versagt das BaSE bisher praktisch vollständig – jedenfalls, wenn es sich um fachliche Informationen handelt.

Fachliche Informationen fehlen – alles wird ins Politische gezogen

Zum Beispiel wird die Endlagerung in Kristallin auch vom BaSE immer wieder ins Politische gezogen – zum Beispiel:

König warnte auch die bayerische Landesregierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), das Verfahren zu torpedieren, der Freistaat argumentiert, seine Granitvorkommen sei ungeeignet für eine Endlagerung.

Das BaSE als fachliche und wissenschaftliche Behörde (siehe § 2 Abs. 2 BaSE-Errichtungsgesetz) sollte an dieser Stelle auf die fachlichen Probleme eingehen, vor denen man durch die Aufnahme von Kristallingestein als Wirtsgestein steht.

Fachliche Schwierigkeiten bei der Aufnahme des Kristallins als Wirtsgestein

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Die nächste Novelle des StandAG steht bevor

StandAG-Novellierung versteckt angekündigt

Wie bereits .ausgestrahlt in der Infomail Standortsuche 028 mitgeteilt hat, bereitet das BMU eine weitere Novellierung des StandAG vor. Diesen Hinweis findet man nach akribischer Suche auf eine Internetseite des BaSE unter Schutz möglicher Standorte als letzte FAQ mit der Fragestellung Wie lange gilt das Einvernehmensverfahren? Warum wird an dieser versteckten Stelle die nächste StandAG-Novelle angekündigt? Transparenz sieht anders aus!

Der teilweise irreführende Text

Der Text lautet:

Wie lange gilt das Einvernehmensverfahren?

Derzeit bereitet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit einen Gesetzentwurf vor, der unter anderem eine Überarbeitung der Regelungen zur Standortsicherung in § 21 StandAG vorsieht. Angesichts der guten praktischen Erfahrungen mit der bisherigen Sicherung nach § 21 Absatz 2 StandAG soll diese auch für die nächste Phase der Standortauswahl weiter Anwendung finden. Dabei soll der Fortschritt der Standortauswahl, wie er sich aus dem Teilgebietebericht ergeben wird, berücksichtigt werden. Das heißt, die Regelung ist dann nur noch auf die identifizierten Gebiete und auf die Gebiete, die aufgrund nicht hinreichender geologischer Daten vorerst nicht eingeordnet werden können, anzuwenden. Die Bundesländer werden entsprechend von Aufwand entlastet. Der Gesetzentwurf befindet sich zur Zeit in der Ressortabstimmung; die Bundesländer werden zeitnah beteiligt werden. Nachdem im weiteren Verlauf des Standortauswahlverfahrens durch Bundesgesetz Standortregionen zur Erkundung festgelegt sein werden, wird die Standortsicherung auf diese Flächen beschränkt sein und durch Allgemeinverfügungen des BASE umgesetzt werden.

Der Gültigkeitszeitraum nach jetzigem StandAG?

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Standortauswahl: Trifft die Politik die Entscheidung?

Sichtung von alten Bohrkernen aus Dessau und Umgebung

Am 24.01.2020 erschien in der Mitteldeutschen Zeitung ein Artikel mit der Überschrift Wird Dessau eine Endlagerstätte? – NATURKUNDEMUSEUM – Landesamt für Geologie untersucht 650 Bohrkerne aus Dessau und Umgebung. In diesem Artikel wird über die Sichtung von 650 Bohrkernen aus Dessau und Umgebung durch das Landesamt für Geologie und Bergwesen berichtet. Sie dienen der Ergänzung der Landesbohrdatenbank, in der etwa 250.000 Bohrungen verzeichnet sind. Einige Bohrkerne sind im Dessauer Museum für Naturkunde und Vorgeschichte zu sehen.

Die Politik entscheidet!

Der Artikel endet mit:

Hinter einer möglichen Eignung, so Ehling [Abteilungsleiter Geologischer Dienst], „steht ein großes Fragezeichen“. Die Entscheidung trifft aber nicht das Landesamt, weist er hin, sondern die Politik. Er ahnt, wo auch immer in Deutschland eine Endlagerstätte errichtet wird: „Das wird eine Akzeptanzfrage sein.“

Was steht im Gesetz?

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Endlagersuche ist kein Altherrenprojekt

BGE-Tage der Standortauswahl in Braunschweig

Drei Tage lang veranstaltete die BGE als Vorhabenträger einen Workshop zur Endlagerproblematik. Die ersten beiden Tage waren fachwissenschaftlich geprägt, der dritte Tag, ein Samstag, wandte sich an die interessierte Öffentlichkeit.

Forschungsfeld mit breit gestreuten Akteur*innen

Der fachwissenschaftliche Teil wurde zu einem großen Teil von externen Wissenschaftler*innen geprägt. Das Altersspektrum war breit gefächert und es stellte sich heraus, dass dieses Forschungsfeld offensichtlich keine reine Männerdomäne mehr ist. Das stimmt zuversichtlich. Auch erschien die Herangehensweise pluralistischer als bisher, was über Spin-off-Effekte auch Auswirkungen auf das wissenschaftliche und gesellschaftliche Umfeld haben sollte.

ENTRIA und Einstellungspraxis der BGE

Teilweise ist das wohl auf das Forschungsverbundprojekt ENTRIA und die Einstellungspraxis bei der BGE zurückzuführen. Erinnert sei an das Statement der BGE bei der zweiten NBG-Sitzung:

Frau Heinen-Esser sieht in der Umsetzung der Unabhängigkeit und im Aufbau eines selbsthinterfragenden Systems große Herausforderungen. Konkret wird sie dafür sorgen, dass die ins Standortsuchverfahren einbezogenen GeologInnen sich nur zur Hälfte aus den bisher damit Beschäftigten rekrutieren werden. Die andere Hälfte sollte frisch aus der Ausbildung kommen.

Nach Außenwahrnehmung hat die BGE dieses Ziel erreicht, wenn nicht übererfüllt.

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Gorleben im Zwischenbericht Teilgebiete?

BGR.(2007). Description of the Gorleben site Part 2: Geology of the overburden and adjoining rock of the Gorleben salt dome. page 110

Zwischenbericht Teilgebiete und nicht hinreichende Daten

Die BGE hat für das vierte Quartal 2020 die Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete angekündigt. Somit stellt sich die Frage, in welcher Weise der bekannte Standort Gorleben in diesem Zwischenbericht dort auftauchen wird.

Der Zwischenbericht Teilgebiete hat zwei Ziele: Benennung von

  • Teilgebieten, die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle erwarten lassen und
  • Regionen, die aufgrund nicht hinreichender geologischer Daten nicht eingeordnet werden können.

Da die Region um Gorleben zu den bestuntersuchten Regionen Deutschlands gehört, ist auszuschließen, dass hier die geologischen Daten nicht zur Einordnung ausreichen.

Ist ein Standort als Teilgebiet möglich?

Weiterhin stellt sich die Frage, ob sich der Zwischenbericht Teilgebiete mit dem Standort Gorleben befassen wird, da es ja ein Standort und kein Teilgebiet ist. In § 2 Nr. 6 StandAG ist erst einmal der Begriff Gebiet definiert. Gebiet ist ein räumlicher Bereich innerhalb Deutschlands, der hinsichtlich der Eignung als Endlagerstandort zu bewerten ist. Das Gebiet umfasst die übertägige Fläche und die darunterliegende Gesteinsformation.

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Gesetzeskommentar zum StandAG 2017

Gesetzeskommentare zum Standortauswahlgesetz 2013 und 2017

Zum StandAG aus dem Jahr 2013 gibt es bereits einen ausführlichen Kommentar – siehe hier. Jedoch sind wesentliche Teile des StandAG im Jahr 2017 auf der Grundlage der Empfehlungen der Endlagerkommission novelliert worden, sodass das oben genannte Werk nur noch beschränkt herangezogen werden kann. Diese Lücke wurde geschlossen durch den umfassenden Kommentar zum Atomrecht in der Reihe NomosKommentar. In diesem knapp 700-Seiten-Werk findet sich der Teil zum StandAG 2017 auf den Seiten 443 bis 594. Ulrich Wollenteit (§§ 1, 2, 5-27, 36-38), Olaf Däuper (§§ 3, 4), Alexander Dietzel (§§ 3, 4) und Marc Ruttloff (§§ 28-35) haben auf 152 Seiten alle erdenklichen Unterlagen zusammengetragen und fundiert jede einzelne Passage des Gesetzes unter die Lupe genommen.

Kommentar als Wegweiser durch Unterlagen des AkEnd und der Endlagerkommission

Beim Durchlesen des Kommentars wird durch den Hinweis auf die Quellen deutlich, dass viele Regelungen des StandAG 2017 aus den Arbeiten des Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) stammen, der bereits 2002 seine Empfehlungen veröffentlicht hat, deren Umsetzung aber politisch verhindert wurde. Leicht nachvollziehbar wird auch die Rolle des StandAG 2013, das entsprechend angeführt wird. Von unschätzbarem hohen Wert sind die regelmäßigen Hinweise auf Fundstellen in den umfangreichen, kaum überschaubaren 1322 Dokumenten der Endlagerkommission. Bei § 26 Sicherheitsanforderungen wird sogar auf die RSK-Kriterien aus dem Jahr 1982 zurückgeblickt (§ 26 Rn.1).

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Intransparenz macht Schule – Beispiel Erdbebenzone

Informationen zu Ausschlusskriterien

Auf einer Veranstaltung der BGE in Hamburg wurde mitgeteilt, dass das Ausschlusskriterium Grundwasseralter aus naheliegenden Gründen bei der Erstellung des Zwischenberichts Teilgebiete nach § 13 StandAG nicht zur Anwendung kommt. Darüber hinaus wird beim Ausschlusskriterium seismische Aktivität, wozu im StandAG die DIN EN 1998-1/NA 2011-01 als Bewertungsgrundlage vorgeschrieben ist, mit einiger Sicherheit auf die neue Version DIN EN 1998-1/NA 2018-10 zurückgegriffen werden, die als Entwurf vorliegt und für 114,10 EUR bezogen werden kann.

Abweichung vom Gesetz ist hierarchisch abgesichert – ohne Transparenz

Auf die Rückfrage, ob diese Abweichung vom Gesetz auch von den hierarchisch höheren Ebenen gebilligt ist, wurde dies bejaht. Offensichtlich gibt es dazu also Abstimmungen mit BfE und/oder BMU. Sieht man in die Informationsplattform nach § 6 StandAG, so gibt es kein Dokument dazu. Die Abstimmung fand wohl offensichtlich klammheimlich statt. Sieht so Transparenz aus?

Berechtigte Erwartungen der Fachöffentlichkeit

Was sollte in einem partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden und lernenden Verfahren zu erwarten sein? Das Minimum wäre gewesen, dass die entsprechenden Abstimmungspapiere zwischen BGE, BfE und BMU auf der dafür vorgesehenen Informationsplattform öffentlich gemacht worden wären. Dann könnte die Fachöffentlichkeit wie zum Beispiel GeologInnen und GeophysikerInnen an Forschungsinstitutionen und StudentInnen dieser Fachrichtungen fachlich sich dazu äußern. Was ist zum Beispiel zu erwarten bei der Revision dieser DIN, die offensichtlich nicht marginal sein wird – siehe Änderungsvermerk:

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