Endlager gesucht – eine neue Legendenquelle?

Das Endlagerproblem als wicked problem – verzwicktes Problem

Das Endlagerproblem für radioaktive Abfälle wird immer wieder als wicked problem gesehen. Warum im Gegensatz dazu ein ähnliches Problem – wie die Entsorgung chemotoxischer Abfälle in Untertagedeponien – nicht so gesehen wird, wird nirgends ausgeführt. Wodurch zeichnen sich solche Probleme aus? Ein Hinweis wird zum Beispiel in Ewigkeitslasten auf Seite 90 geliefert:

…wechselnde Narrative: ein wicked problem kann nie allein durch objektive Tatbestände oder seine stoffliche Beschaffenheit erklärt werden, es ist stets auch ein sozial konstruiertes Problem…

Offensichtlich fehlt Untertagedeponien für chemotoxische Abfälle eine solche soziale Konstruktion. Was aber sind wechselnde Narrative? Und welche Rolle spielten diese bisher bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle?

Legenden als Narrative der Vergangenheit

Gebräuchlicher ist der Begriff Legenden statt Narrative. Und diese wurden beim Endlagerproblem zur Genüge von den unterschiedlichen Seiten aufgetischt – mit jeweils einer guten Portion an Fakten, aber auch Zusätzen ganz im Sinne eigener Interessen. Und es gab keine Institution, die versucht hat, die unterschiedlichen Legenden zusammenzubringen – heute als Faktencheck bekannt.

Legende Neustart

Anlässlich der ersten Infoveranstaltung des BfE einer bundesweiten Reihe in Kiel stellt sich die Frage, ob die Zeit der Legendenbildung nun vorbei ist? Aber schon der immer wieder benutzte Begriff Neustart macht wenig Hoffnung. Der Neustart geht zurück auf die komparative Standortsuche der KEWA für ein nukleares Entsorgungszentrum mit Endlager, die diversen bundesweiten Studien der BGR zu Salz-, Kristallin- und Tonstandorten nach den jeweils aktuellen wissenschaftlichen Kriterien und dem AkEnd-Konzept, dessen Durchführung durch massiven politischen Druck verhindert wurde. Nun soll die schlechte Kopie dieses letzten Konzeptes aus dem Jahr 2002 ein Neustart im Jahr 2019 sein?

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Start der bundesweiten BfE-Veranstaltungsreihe

BfE in Konkurrenz zu .ausgestrahlt e. V.?

Am 24.04.2019 startete das BfE eine bundesweite Reihe von Informationsveranstaltungen zur Endlagersuche. Offensichtlich ist dem BfE aufgefallen, dass andere Organisationen wie zum Beispiel .ausgestrahlt e.V. aktivere Informationsarbeit – siehe auch hier – machen als die Behörde, die zentral nach § 4 Abs. 2 StandAG für die Öffentlichkeitsbeteiligung und damit die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Berichterstattung ist mager

Die Berichterstattung über diese Veranstaltung ist sehr mager. Aufgefallen sind im Wesentlichen eine Meldung des BfE, eine Meldung der BGE und ein Artikel in den Kieler Nachrichten.

Meldung des BfE

Den am wenigstens informativen Bericht liefert das BfE, das – wie gesagt – für die Öffentlichkeitsarbeit zentral zuständig ist. Nicht einmal die Vorträge werden dokumentiert, sondern es werden lediglich die gezeigten Präsentationen zur Verfügung gestellt. Von der Diskussion mit dem Publikum bekommt man nichts, aber auch nichts mitgeteilt.

Fatale Verkürzung

Weiterhin wird im Text eine fatale Verkürzung präsentiert, indem formuliert wird:

Einen Bericht, welche Gebiete für weitere Betrachtungen bei der Endlagersuche in Fragen kommen oder welche auszuschließen sind, hat sie [die BGE] für das kommende Jahr angekündigt.

Wenn man in den Gesetzestext – hier § 13 – schaut, wird das offensichtlich. Dort in Abs. 2 ist zu lesen:

..sofern Gebiete vorhanden sind, die aufgrund nicht hinreichender geologischer Daten nicht eingeordnet werden können, sind diese ebenfalls aufzuführen und ist eine Empfehlung zum weiteren Umgang mit diesen Gebieten aufzunehmen.

Es sind also nicht nur die Gebiete zu nennen, die bei der Endlagersuche weiter in Betracht kommen, sondern auch die, wo die geologischen Kenntnisse nicht ausreichen, um eine entsprechende Entscheidung zu treffen. Der BGE-Präsentation ist auf Seite 25 zu entnehmen, dass dies seitens des Vorhabenträgers richtig vorgetragen wurde.

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Endlagerung – Mehrgenerationenaufgabe?

Altersdurchschnitt 60+

Am 10.04.2019 startete die Veranstaltungsreihe Der Atomkonflikt in Deutschland – bis in alle Ewigkeit? im Rahmen des Offenen Hörsaals an der FU Berlin. Der Veranstaltungsraum war bis auf den letzten Platz besetzt, es mussten weitere Sitzgelegenheit aus dem Nachbarraum geholt werden. Insgesamt waren es gut 100 ZuhörerInnen. Erstaunlich war nicht nur die Anzahl der Interessenten, sondern auch das Alter: Der Altersdurchschnitt lag bei 60+. Man kann also nicht von einem Mehrgenerationeninteresse sprechen, wohl aber wegen der Dauer des Endlagerprozesses von einer Mehrgenerationenaufgabe.

Mehr Vorträge als Diskussion

Angekündigt war eine Diskussionsveranstaltung, schließlich dominierten doch die Vorträge. Die Vortragenden waren Frau Schwarzelühr-Sutter, BMU-Staatssekretärin, Herr Güldner, Deutsches Atomforum, und Herr Fachtan, Nationales Begleitgremium. Moderiert wurde die Veranstaltung von Herrn Brunnengräber, Forschungszentrum für Umweltpolitik. Frau Schwarzelühr-Sutter betonte immer wieder den gesellschaftlichen Konsens, obwohl es maximal ein Konsens der im Bundestag vertretenen Parteien war.

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Diese Medaille hat nicht zwei, sondern drei Seiten

Der BfE-Standpunkt im Tagesspiegel

Unter der Headline Bürgerbeteiligung und politische Verantwortung – zwei Seiten einer Medaille veröffentlichte das BfE einen Beitrag im neuen Format Tagesspiegel-BACKROUND. Zur Endlagerung wird konstatiert:

Angesichts der Tatsache, dass in (West-)Deutschland eine ganze politische Generation ihr Profil im Für und Wider der Atomenergie gestählt hat, bleibt die Verantwortungsübernahme beim letzten Akt der Nutzung der Kernenergie erstaunlich verschwommen.

Rollen sind recht klar

Dieses Statement ist erstaunlich, da die Rollen recht klar sind. Die Atomkraftnutzer haben sich dank des Gesetzgebers freigekauft und zumindest ein Bundesland hat in der letzten Koalitionsvereinbarung die politische Verantwortung klar abgelehnt. Dagegen hat auch die Fachbehörde dieses Landes – wie alle anderen landesgeologischen Dienste – die notwendigen Daten geliefert, obwohl im Standortauswahlgesetz festgelegt ist, dass die Länder keinen Erfüllungsaufwand zu leisten haben.

Atomkraftgegner machten im Jahr 2012 Angebot

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Wo bleibt die Grundlage für Öffentlichkeitsbeteiligung?

Untertagelager und Geowissenschaften

In Deutschland sollen die radioaktiven Abfälle (StandAG, § 1 Abs. 4) wie auch die hochtoxischen Abfälle (DepV, Klasse IV) Untertage lange Zeit gelagert werden. Um hier Einblick zu bekommen, muss man sich mit der entsprechenden Wissenschaft  – der Geologie- auseinandersetzen. Dies sollte schon in der Schule beginnen.

Geologie? Fehlmeldung!

Sieht man sich dazu die Internetseite des BMU-Bildungsservices an, so ist die Enttäuschung groß. Auf Umwelt im Unterricht findet man nicht das Fach Geologie, da es wohl noch kein Schulfach ist. Aber auch unter Geografie ist nichts Geologisches zu finden. Unter dem Suchbegriff Endlager werden einige Unterlagen gefunden, aber geologisches Grundwissen ist da nicht enthalten. Nur unter Rohstoffe wird es ein wenig geologischer. Doch reicht das aus, um die Langzeitlagerung von Abfällen im Konflikt mit anderen Nutzungen des Untergrundes zu verstehen? Nein, bei Weitem nicht.

Anregungen zum Unterricht?

Zwar betont der Dachverband Geowissenschaften die Notwendigkeit der schulischen Bildung in diesem Bereich, umgesetzt wurde aber bisher nichts. Wo bekommen interessierte LehrerInnen Anregungen zum Unterricht her? Gibt es verständliche Bücher, die für den Unterricht geeignet sind und die an regionale Gegebenheiten anknüpfen?

Die Geologie Brandenburgs in verständlicher Form

Für Brandenburg ist dazu beim geogen-Verlag ein Buch mit dem Titel Mehr als nur ,die Streusandbüchse‘ – Zur Erdgeschichte von Brandenburg und Berlin herausgekommen. In diesem Buch wird versucht, die interessante Erdgeschichte der Region Brandenburg ohne viel Fachkauderwelsch näher zubringen. Weiterlesen

Geotechnische Umweltbauwerke – Eine andere Sicht auf die Langzeitlagerung

Gewichtiges Buch mit anderer Sichtweise

Mit gut vierhundert Seiten kommt ein Buch beim Springer-Verlag als schwergewichtiger Beitrag zur Endlagerdiskussion daher, der eine Sichtweise auf das Problem eröffnet, die nicht den gängigen Mustern folgt.

Das Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung (10 Seiten)
  2. Radioaktivität in Abfällen und Rückständen (23 Seiten)
  3. Grundlagen der Endlagerung radioaktiver Abfälle und Rückstände (45 Seiten)
  4. Entsorgung von Abfällen mit sehr geringer Radioaktivität (VLLW) (16 Seiten)
  5. Überwachungsbedürftige radioaktive Rückstände des Uranerzbergbaus (71 Seiten)
  6. Entsorgung von radioaktiven Abfällen geringer und mittlerer Radioaktivität (69 Seiten)
  7. Entsorgung von radioaktiven Abfällen mit hoher Radioaktivität (70 Seiten)
  8. Langzeitsicherheit Geotechnischer Umweltbauwerke (83 Seiten)
  9. Umwelt-Monitoring (26 Seiten)
  10. Zusammenfassung (9 Seiten)

gibt unter Kapitel 5 den entscheidenden Hinweis: Der Autor, Michael Lersow, war von 2005 bis 2009 in der Wismut GmbH für die Sanierung bei langzeitlicher Sicherung der Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus in verantwortlicher Position tätig – siehe Wikipedia und Über den Autor sowie Homepage.

WISMUT-Tailing Ponds als Ausgangspunkt

Im Kapitel über Rückstände des Uranerzbergbaus geht es im Wesentlichen um die Rückstände aus den zentralen Aufbereitungsanlagen der Wismut (tailing ponds), welche die langwierigsten Aufgaben der Wismuthinterlassenschaften darstellen – siehe auch Lersow, M. (2010). Safe closure of uranium mill tailings ponds – on basis of long-term stability-proofs linked with an extensive environmental monitoring. Bei den Tailing ponds der Wismut wurde auf eine Basisabdichtung verzichtet. International ist die fehlende Basisabdichtung bei Tailing ponds nicht untypisch. Wo es zu bedeutsamen Austritten von radioaktiv verunreinigten Wässern kommt, bleibt meist nur die Umlagerung, so beim Uran-tailing pond Moab, wo Austritte in den Colorado River festgestellt wurden. Weiterlesen

Betreten von Neuland?

Die BGE und das Neuland

Im Tagesspiegel erschien am 30.10.2018 ein Artikel mit dem Titel Welche Probleme die Endlager-Suche bereitet. Darin stellt Frau Dehmer, Leiterin der Unternehmenskommunikation der BGE, fest:

Wir stellen bei jedem Schritt fest, dass wir Neuland betreten. Wir haben schlicht keine Erfahrungswerte mit dem neuen Verfahren.

Das ist reichlich übertrieben.

Frühere Standortsuchen

Nach günstigen geologischen Gesamtsituationen für Endlager radioaktiver Abfälle wurde schon mehrfach in Deutschland gesucht, eine Auswahl: Weiterlesen

Das NBG in Kassel

Vorwiegend nichtöffentlich

Die 21. NBG-Sitzung fand am 17./18.10.2018 in Kassel statt. Öffentlich war lediglich der Sitzungsteil ab 11 Uhr am 18.10.2018. Man kann davon ausgehen, dass der wesentliche Teil inzwischen hinter verschlossenen Türen stattfindet. Zwar sollte unter TOP 0 aus dem internen Sitzungsteil berichtet werden, dieses geschah aber nicht. Erst aufgrund von Nachfragen durch endlagerdialog.de in der Pause wurde dies nachgeholt. Auf Nachfrage lag der Grund der Nichtöffentlichkeit nicht bei schützenswerten Belangen wie Personalangelegenheiten, sondern bei der persönlichen Meinungsbildung im Gremium.

Geschäftsstelle arbeitsfähig

Die Geschäftsstelle besteht inzwischen sieben MitarbeiterInnen – siehe hier. Weitere vier Positionen sind noch zu besetzen. Es kann also ab der nächsten Sitzung erwartet werden, dass im NBG schriftlich formulierte Beschlüsse verabschiedet werden.

NBG wird Rechtsweg verfolgen

Die BGE hat bezüglich der Einsicht in die geologischen Daten nichts Neues vorgelegt. Verwiesen wurde jetzt auf die Begründung im StandAG von 2017 zu § 8 Abs. 2 (Drucksache 18/11398, Seite 53f.):

Absatz 2 regelt das Akteneinsichtsrecht der Mitglieder des Nationalen Begleitgremiums und die Veröffentlichung und Dokumentation der Beratungsergebnisse. Soweit das Akteneinsichtsbegehren Unterlagen betrifft, die nicht nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) herauszugeben sind, sind die Mitglieder gegebenenfalls zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Dies ist der Fall, wenn verfassungsrechtlich geschützte Güter durch eine Bekanntgabe bestimmter Informationen verletzt werden können und das Interesse an der Geheimhaltung das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung überwiegt. Auf Grundlage des geltenden UIG können neben individuellen Interessen und Rechten an den Unterlagen insbesondere öffentliche Belange eine Verschwiegenheitsverpflichtung begründen. Geschützt werden z. B. materielle öffentliche Belange wie der Bestand des Staates, seine internationalen Beziehungen, die Funktions- und Handlungsfähigkeit der informationspflichtigen Stellen, die Bewahrung der ordnungsgemäßen Rechtspflege sowie Verfahrensrechte der Betroffenen.

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