Anhörung zur Veränderungssperre ohne WissenschaftlerIn
In der AG 2 fand heute eine Anhörung zur Veränderungssperre statt. Wie schon bei der Anhörung zur Evaluierung am 03.11.2014 war keine einzige WissenschaftlerIn geladen. Allein JuristInnen hatten das Wort. Dabei wurde klar, dass die Änderungssperre für Gorleben die juristisch sicherste Methode ist, um zu verhindern, dass am Standort Gorleben die anderen vorgesehenen bergbaulichen Nutzungen zum Zuge kommen.
Verbot ist sicherer als „überwiegendes öffentliches Interesse“ – Bundesrat am 8. Mai
Das ist schon deshalb einleuchtend, da die Veränderungssperre ein Verbot ausspricht. Die entsprechende Verordnung hat das Kabinett passiert, am 8. Mai soll sie abschließend im Bundesrat beschlossen werden (siehe hier). Die Alternative über § 48 Abs. 2 BBergG knüpft an überwiegende öffentliche Interessen an, was eher interpretationsfähig ist.
Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verändert Situation
Die Situation ändert sich aber schlagartig, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz mitgedacht wird. Warum soll eine Salzgewinnung in Gorleben verhindert werden, wenn bei anderen Salzvorkommen, die die gleichen Benennungskriterien wie Gorleben erfüllen, sie erlaubt ist.
Die offiziellen Kriterien zur Benennung von Gorleben
Die Kriterien zur Benennung von Gorleben wurden von der Bundesregierung am 25. Juli 1979 mitgeteilt. Dies ist nie korrigiert oder zurückgenommen worden. Sie lauten (Bundestagsdrucksache 8/3082, S. 6):
1. Der Salzstock sollte durch frühere Bohrungen oder bergmännische Aktivitäten möglichst unberührt sein, um unkontrollierte Eingriffe in das System Salzstock zu vermeiden.
2. Der Salzstock sollte eine für die Aufnahme radioaktiver Abfälle ausreichende Größe besitzen, die außerdem das Vorkommen mächtiger, reiner Steinsalzpartien wahrscheinlich erscheinen läßt. Große Partien reinen Steinsalzes werden als Voraussetzung für die Einlagerung wärmeentwickelnder Abfälle angesehen.
3. Die Salzstockoberfläche sollte nicht mehr als 400 m unter Gelände liegen und nicht zu hoch in die oberflächennahen Grundwasserhorizonte reichen.
4. Die engere Standortregion sollte keine nutzbaren Lagerstätten (einschließlich Grundwasserreserven) enthalten.
Rechtliche Festlegung einer wissenschaftsbasierten Endlagersuche durch das StandAG
Angeblich soll das StandAG eine wissenschaftsbasierte Endlagersuche rechtlich festlegen. Es wird aber ein einzelner Standort benannt, der an dieser Suche teilnehmen soll. Zwar kann man den politischen Kompromiss zur Mitberücksichtigung von Gorleben schon aus finanziellen Gründen nachvollziehen, jedoch wird mit der Nennung des Standorts im Gesetz das gesamte Verfahren ad absurdum geführt.
Nicht der Standort, sondern die Benennungskriterien gehören ins Gesetz
Nicht der Standort darf genannt werden, sondern die Eigenschaften dieses Standorts, die zu seiner Benennung geführt haben. Allein diese Eigenschaften gehören in den Gesetzestext. Der Standort Gorleben kann hilfsweise in der Gesetzesbegründung zur Erläuterung der im Gesetz genannten Standorteigenschaften angeführt werden.
Wohldefinierte Grundgesamtheit ist vorgeprägt
Eine vergleichende Auswahl muss von einer wohldefinierten Grundgesamtheit ausgehen. Diese ist durch die politisch gewollte Einbeziehung von Gorleben schon vorgeprägt. Mindestens die Menge aller Standorte mit Eigenschaften, wie sie zur Benennung von Gorleben geführt haben, muss Teilmenge der Grundgesamtheit sein. Ansonsten ist die Wissenschaftlichkeit des gesamten Verfahrens hinfällig. Da helfen auch keine ausgeklügelten Mindest- und Vergleichskriterien mehr. Das Ergebnis kann dann nur noch als pseudowissenschaftlich bezeichnet werden.
Scheitern der Gorleben-Veränderungssperre vor Gericht
Vielleicht wird dieses ja noch abgewendet durch das Scheitern der alleinigen Veränderungssperre für Gorleben vor Gericht. Vielleicht kommt der Gesetzgeber dann zu der Erkenntnis, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes alle Standorte, die den offiziellen Kriterien zur Benennung von Gorleben genügen, mit einer Veränderungssperre zu belegen.
Das zweite Mal Dank ins Wendland
In diesem Falle gilt es, sich das zweite Mal bei den WendländerInnen zu bedanken. Schließlich haben sie schon einmal durch den langjährigen Widerstand dafür gesorgt, dass die Abkehr von der wissenschaftlich gebotenen vergleichenden Endlagerstandortsuche der KEWA im Jahr 1976/77 durch das StandAG korrigiert werden musste.