Der notwendige(?) grundsätzliche Neustart
Entlarvend war eine Diskussion in der letzten Sitzung der Endlagerkommission – siehe Audiofile, 1:15:50 bis 1:41:40. Es ging um folgenden Satz in der K-Dr. 167a, Seite, Zeilen 30f.:
Die von Bundestag und Bundesrat eingesetzte Kommission geht davon aus, dass ein grundsätzlicher Neustart notwendig ist.
Herr Jäger bezeichnete das als Gretchenfrage, auf die verzichtet werden solle, um Diskussionen zu vermeiden, die für die Kommissionsarbeit nicht ausschlaggebend seien.
Der Kompromiss
Nach gut 25 Minuten Auseinandersetzung wurde als Kompromiss angenommen:
Die von Bundestag und Bundesrat eingesetzte Kommission geht auf der Grundlage des StandAG davon aus, dass ein grundsätzlicher Neustart notwendig ist.
Keine wissenschaftliche Begründung und keinerlei Bezug auf den Strahlenschutz
Bezeichnend für die Kommissionsarbeit ist, dass 25 Minuten lang allein politische und ideologische Argumente vorgebracht wurden, aber keine einzige wissenschaftliche Begründung oder keinerlei Statement auf der Grundlage des Strahlenschutzes zu vernehmen war.
Wissenschaftsmethodische Notwendigkeit
Offensichtlich ist keinem Mitglied der Kommission klar, dass wissenschaftsmethodisch das alte Verfahren falsch war. Die komparative Endlagersuche ist aus wissenschaftsmethodischer Sicht notwendig. Unsicherheit und Nichtwissen bei der Endlagerproblematik sowie der Optimierungsgrundsatz des Strahlenschutzes machen dies erforderlich.
Die strahlenschutzrechtlich gebotene Optimierung
Denn wie will man bei der gesetzten Priorität der geologischen Barriere die strahlenschutzrechtlich gebotene Optimierung bewerkstelligen, wenn man nicht unterschiedliche geologische Gesamtsituationen und damit gezwungener Maßen verschieden Standorte vergleicht? Dies mit einer Gretchenfrage gleichzustellen, zeigt deutlich, welches Unverständnis in wissenschaftsmethodischen Fragen vorherrscht.
Und der Strahlenschutzgrundsatz der Rechtfertigung?
Von einer Kommission, die jegliche wissenschaftliche Bodenhaftung verloren hat und sich allein auf der ideologisch-politischen Wolke bewegt, kann man auch nicht erwarten, dass der Strahlenschutzgrundsatz der Rechtfertigung beachtet wird. Dieser führt dazu, dass die Methodik, wie sie jetzt entwickelt wird, lediglich für die Altabfälle anwendbar ist. Sollte weiterer radioaktiver Abfall außerhalb des Atomausstiegs von 2011 entstehen, darf dieses Verfahren nicht angewendet werden. Bisher ist davon in den Papieren der Kommission noch nichts zu lesen, und es ist viel, viel Papier.
Wiederholung in der Kommissionssitzung am 05.04.2016
Die gleiche Thematik wurde in der oben genannten Kommissionssitzung wiederum kontrovers diskutiert. Es ging um die Definition des Standortes mit bestmöglicher Sicherheit (K-Drs. 202, Seite 15):
Die Vertreter der Energiewirtschaft waren nicht bereit, diese Definition in dritter Lesung zu verabschieden, da hier von einem komparativen Auswahlverfahren gesprochen wird. Sie haben Bedenken wegen der Finanzierung des Suchverfahrens und sind immer noch der Meinung, dass das bisherige Verfahren zur Feststellung der Eignung oder Nichteignung eines einzigen Standortes ausreichend ist.
Und hier hat wiederum die scientific community versagt. Die vertretene Wissenschaft hat keinerlei Argumentation vorgebracht, dass nach wissenschaftlicher Methodik eine solche Feststellung von Eignung oder Nichteignung nicht möglich ist. Insbesondere wäre der Strahlenschutzgrundsatz der Minimierung verletzt. Offensichtlich gibt es niemanden in der Kommission, der Kompetenz im Strahlenschutz vorweisen kann oder aus gewissen Gründen diese hier nicht einbringen will. Sie/er würde bei dieser Definition sofort über den inzwischen politisch vielfach missbrauchten Allerweltsbegriff Nachhaltigkeit stolpern. Ihr/sein Änderungsantrag müsste lauten: Geleitet vom Minimierungsgrundsatz des Strahlenschutzes…..