Endlager nach Deponieverordnung
In Deutschland gibt es mehrere genehmigte Endlager, in die chemotoxische Abfälle eingelagert werden. Es sind die Endlager nach Deponieverordnung Abs. 2 Punkt 10
Deponie der Klasse IV (Deponieklasse IV, DK IV): Untertagedeponie, in der Abfälle
a) in einem Bergwerk mit eigenständigem Ablagerungsbereich, der getrennt von einer Mineralgewinnung angelegt ist, oder
b) in einer Kaverne, vollständig im Gestein eingeschlossen, abgelagert werden
Eines dieser Endlager ist die Untertagedeponie Herfa-Neurode.
Die Untertagedeponie Herfa-Neurode
In der WELT vom 06.07.2018 erschien dazu ein Artikel mit der Überschrift Endlager – Giftig bis in alle Ewigkeit. Darin ist zu lesen, dass die Abfälle bis zur Decke in 2,90 Meter gestapelt werden. Wenn eine Kammer gefüllt ist, wird sie mit einer Ziegelsteinmauer abgetrennt. Eine Verfüllung der Hohlräume unterbleibt.
Rückholbar?
Damit bleiben die Abfälle angeblich jederzeit rückholbar. Gleichzeitig wird aber ausgeführt, dass das Salz langsame Fließbewegungen ausführt und so die Abfälle hermetisch abdichtet. Nach einem sogenannten Langzeitsicherheitsnachweis ist kein Freisetzungsrisiko gegeben. Die Langzeitrisikobetrachtung wird alle vier Jahre von der Bergaufsicht geprüft. Die Anforderungen dazu sind im Anhang 2 der Deponieverordnung festgelegt (Anforderungen an den Standort, geologische Barriere, Langzeitsicherheitsnachweis und Stilllegungsmaßnahmen von Deponien der Klasse IV im Salzgestein).
Risikobetrachtung nicht unumstritten
Diese Risikobetrachtung ist nicht unumstritten. Jürgen Kreusch, deutscher Geologe, befürchtet Rissbildungen in den Deckschichten und bezeichnet es als deutschen Mythos, dass Salzbergwerke trocken bleiben. Marcos Buser, schweizer Geologe, schließt sich dem an: In der Schweiz würde die Untertagedeponie Kölliken im Aargau vollständig zurückgebaut – siehe auch Endlagerung radio- und chemotoxischer Abfälle im Tiefuntergrund.
Radio- und chemotoxische Abfälle
Das Problem der Endlagerung radioaktiver Abfälle unterscheidet sich kaum von dem chemotoxischer Abfälle. In beiden Fällen müssen die Abfälle lange Zeit von der Anthroposphäre isoliert werden, damit der Mensch die Substanzen nicht – im Wesentlichen mit der Nahrung – aufnimmt. Bei den radioaktiven Abfällen reduziert sich langfristig die Toxizität durch den radioaktiven Zerfall, wobei es aber zwischenzeitlich durch Bildung von Tochternukliden mit großen Dosiskoeffizienten zu einer Steigerung kommen kann. Beim chemotoxischen Abfall wird angenommen, dass die Toxizität in der Regel erhalten bleibt. Der wesentliche Unterschied besteht bei hochradioaktiven Abfällen darin, dass einige Jahrtausende lang Wärme freigesetzt wird.
Unterschiedliches Vorgehen trotz gleicher Problematik
Interessant ist das unterschiedliche Vorgehen trotz gleicher Problematik. Dazu gibt es bisher kaum Studien, lediglich zwei sind endlagerdialog.de bekannt:
Sinnvoll wäre ein Vergleich der entsprechenden Regelwerke, nämlich des oben erwähnten Anhangs 2 der Deponieverordnung und der Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle.
Endlagersymposium Sicherheitsanforderungen im Jahr 2009
Dazu wurde bereits 2009 von endlagerdialog.de im Internetforum zu den Sicherheitsanforderungen Folgendes formuliert (siehe Endlagersymposium – Sicherheitsanforderungen, S. 4 f.):
Es ist durchaus zu begrüßen, gleiche Beurteilungsgrundlagen anzustreben. Das gebietet schon die notwendige Risikokommunikation. Da wir mit Sicherheit nach Abschaltung der Kernkraftwerke noch 80 Jahre aktiv mit hochradioaktiven Abfällen zu tun haben werden (siehe auch Nachsorgephase BMU-Entwurf Nr. 8.3.7, Absatz 3), bleiben noch 100 Jahre, die sich die Gesellschaft aktiv Gedanken um die Sicherheitsanforderungen machen muss. Bei einem Novellierungstakt von 5 Jahren stehen also noch 20 Novellierungen an. Für die 2. Novellierung etwa im Jahr 2020 sollte eine einheitliche Basis geschaffen sein. Notwendige Voraussetzungen wären z. B.
1. Einführung des Systems der Rückstellproben auch für radioaktive Abfälle,
2. vollständige Behebung der Lücken bei den Risikofaktoren für chemotoxische Stoffe (siehe SSK S.21/22),
3. Orientierung des Abfallrechts nicht nur am Stand der Technik, sondern am Stand von Wissenschaft und Technik (siehe auch BMU-Antwort).
Eine Schwierigkeit sehe ich darin, dass in der TA Abfall als Ziel der „vollständige dauerhaft Abschluss der Abfälle von der Biosphäre“ gefordert wird. Für radioaktive Abfälle sind aber – je nach Inventar – lediglich ca. 10 Mio Jahre notwendig.
Aus heutiger Sicht ist hinzuzufügen, die periodische Sicherheitsüberprüfung alle vier Jahre auch für die Endlager radioaktiver Abfälle.
Die Reaktion des BMU darauf:
Die Ausführungen zur Novellierung der Sicherheitsanforderungen und die daraus gezogenen Folgerungen sind spekulativ. Ich bitte um Verständnis, dass derartige Ausführungen nicht beantwortet werden.
Zurzeit insgeheim laufende Arbeiten an den Sicherheitsanforderungen
Man kann nur hoffen, dass bei den zurzeit insgeheim laufenden Arbeiten an der Novellierung der Sicherheitsanforderungen – siehe StandAG § 26 – die im Jahr 2009 im Internetforum gemachten Anregungen Berücksichtigung finden. Transparenz sieht anders aus.
Langzeitrisikobetrachtungen zur Untertagedeponie Herfa-Neurode
Zu den Langzeitrisikobetrachtungen bei der Untertagedeponie Herfa-Neurode, die wesentliche Vorausetzungen für die Genehmigung der Deponie darstellen, wurde ein Antrag auf Informationszugang gestellt.
Interessanter Bericht zum Thema „Tiefenlagerung von Giftmüll“ – insbesondere im Hinblick auf nukleare Abfälle und die Willkür, Transparenz und Korrumpierbarkeit von „Langzeitsicherheitsnachweisen“: https://www.stimme.de/heilbronn/nachrichten/region/TV-Doku-Giftmuell-in-Heilbronn;art140897,4220603
Der Fersehbericht ist der SWR-Mediathek hier zu finden. Ein Artikel dazu findet man unter swr.de/wissen.
Eine Kritik an der Sendung ist hier zu finden.
Eine Kritik an der Sendung ist, dass man die Asse und die Bergwerke unter Heilbronn (geologisch) nicht vergleichen könne. Das war dort aber nicht der Punkt. Es wurde in der Sendung vielmehr auf die ANGEBLICHE „Langzeitsicherheit“ abgehoben, welche für die Asse die Grundlage war, dort überhaupt einzulagern. Deshalb muss man geradezu die Asse als warnendes Beispiel sehen und zitieren, was die Sendung korrekt gemacht hat. Nebenbei bemerkt, es sind im Salzbergwerk Heilbronn auch „freigemessene“ nukleare Abfälle „endgelagert“: http://www.energiewendeheilbronn.de/phpwcms/?atommuell-im-salzbergwerk-heilbronn. Darauf hat dieser Fernsehbericht nicht hingewiesen, was m.E. ein wesentlicher Kritikpunkt ist.