Erste Phase ÜsiKo
Am 23.01.2019 fand ein Workshop zur ersten Phase der Überprüfung der sicherheitstechnischen Anforderungen des Endlagers Konrad nach dem Stand von Wissenschaft und Technik (ÜsiKo) statt. Die BGE berichtet darüber in einer Meldung.
PSÜ als freiwillige Leistung
Betont wird, dass diese Überprüfung eine freiwillige Leistung sei. Vergessen wird, dass Sicherheitsüberprüfungen bei kerntechnischen Anlagen nach § 19 a AtG alle 10 Jahre gesetzlich vorgeschrieben sind. Diese Bestimmung gilt für Kernkraftwerke (Abs. 1) und kerntechnische Anlagen nach § 2 Abs. 3a Nr. 1 AtG (Abs. 3). Alle Arten von Endlagern sind nicht inbegriffen. Was die BGE bei Konrad durchführt, ist nach Gesetz zwar eine freiwillige Leistung, aber sachlich dringend notwendig. Hier sollte der Gesetzgeber das AtG umgehend nachbessern und alle staatlich betriebenen kerntechnischen Anlagen in die periodische Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) mit einbeziehen.
Eher Lobhudelei
In der Berichterstattung der BGE findet sich eine sehr frühe Einschätzung der bisherigen Arbeiten, die nicht gerade Vertrauen erweckt:
Das Kernergebnis: Es gibt Bereiche, bei denen es sinnvoll erscheint, genauer hinzuschauen. „Aber alles in allem haben die Ergebnisse der ersten Phase der ÜsiKo uns bestätigt, dass es sich beim Endlager Konrad um ein robustes System handelt“, sagt der technische Geschäftsführer der BGE, Dr. Thomas Lautsch. Es gibt keine Erkenntnisse, welche die Sicherheit des Endlagers Konrad grundlegend in Frage stellen. „Ich freue mich darüber, dass wir mit der ÜsiKo einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer lernenden Organisation schaffen“, sagt Lautsch.
Solche Formulierungen hören sich eher wie Lobhudelei an. Hat das die BGE nötig?
Nicht nachvollziehbar
Öffentlich nachvollziehbar ist diese Äußerung von Herrn Lautsch vorerst nicht. In der Berichterstattung vom Workshop wird wieder der übliche Fehler gemacht: Lediglich die Präsentationen der Vorträge werden veröffentlicht, es fehlen aber die Vortragstexte. Die Vorträge sind gerade für den interessierten Laien deshalb kaum verständlich. Transparenz und vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus. Da sollte an die alte vorbildliche Tradition des ehemaligen Asse-Betreibers Helmholtz Zentrum angeknüpft werden (siehe Asse-Archiv, zum Beispiel 10. Informationsveranstaltung, Vortrag Strömungsbarrieren, Präsentation mit ergänzendem Text) oder wenigstens Audiomitschnitte zur Verfügung gestellt werden.
Verfahrensunterlagen im Internet verfügbar machen
Weiterhin müssen die Unterlagen der Planfeststellung von 2002 nach dem Stand der Technik im Internet verfügbar gemacht werden. Auf der entsprechenden Internetseite der BGE Konrad- Dokumente findet sich nicht einmal der Planfeststellungsbeschluss. Der ist wenigstens noch versteckt unter endlager-konrad.de zu finden – siehe hier. Was jedoch vollständig für eine öffentliche Auseinandersetzung fehlt, ist der Planfeststellungsantrag und die diversen Unterlagen zu den Langzeitrisikobetrachtungen. Da reichen die Informationen unter den Kapiteln B VII und B IX im Planfeststellungsbeschluss nicht aus. Das sind laut Präsentation etwa 315 Berichten mit ca. 25.000 Seiten wie der
- Planantrag (BfS 1990),
- gut 270 erläuternde Unterlagen (EU) wie zum Beispiel die Langzeitsicherheitsanalyse (1986) und
- etwa 40 Gutachten für die Genehmigungsbehörde.
Diese sind für die Langzeitdokumentation sowieso dokumentationstechnisch aufzuarbeiten.
Transdisziplinarität als Stand der Wissenschaft
Es stellt sich die Frage, ob bei einer neuerlichen Langzeitrisikobetrachtung zu Konrad im Sinne von Stand von Wissenschaft und Technik nicht transdisziplinär vorgegangen werden muss? Schließlich hat die Wissenschaft im Rahmen von ENTRIA festgestellt, dass dies angebracht ist: Klaus-Jürgen Röhlig, Anne Eckhardt (2017). „Primat der Sicherheit – Ja, aber welche Sicherheit ist gemeint?“ in: GAiA 26(2): 103-105. Dazu müssten die Verfahrensunterlagen nicht nur allgemein verfügbar gemacht, sondern im Sinne von Transparenz aufbereitet werden. Dazu kommen dann die in der ersten Phase der ÜsiKO erarbeiteten Papiere, denn es ist nicht anzunehmen, dass die Arbeiten dazu sich allein in den Vorträgen finden. Ein entsprechender IFG-Antrag wurde gestellt.
endlagerdialog.de sagt
Im Gegensatz zu Herr Lautsch sagt endlagerdialog.de:
Mit der bisherigen Herangehensweise an die ÜsiKo wurde gezeigt, dass der Weg der BGE zu einer lernenden Organisation noch sehr weit ist. Der Ansatz zum Lernen wurde lediglich vom BfS übernommen und ergibt sich sachlich zwangsweise aus der PSÜ-Regelung für nichtstaatliche kerntechnische Anlagen.
Periodische Sicherheitsüberprüfung alle vier Jahre
Werden chemotoxische Abfälle untertägig langzeitgelagert, dann muss die Genehmigungsentscheidung nach § 22 Deponieverordnung alle vier Jahre überprüft werden.
So wird der sogenannte Langzeitsicherheitsnachweis der Untertagedeponie Herfa-Neurode alle vier Jahre aktualisiert, siehe Endlager – Giftig bis in alle Ewigkeit und IFG-Verfahren.
Eine Überprüfung der Langzeitrisikobetrachtungen bei einem Endlager für radioaktive Abfälle sollte also nicht alle zehn Jahre, sondern auch in kürzeren Abständen erfolgen.
Würde die Untertagedeponie für radioaktive Abfälle Konrad der Deponieverordnung unterliegen, wären statt einer ÜsiKo in Arbeit bereits vier Aktualisierungen abgeschlossen.
Langzeitdokumentation Endlager Konrad
Nach der Bestimmung A.1-12 im Planfestellungsbeschluss (PDF-Seite 96f.) ist die Langzeitdokumentation schon während der Errichtung aufzustellen und dann jährlich zu ergänzen.
Was ist der Stand? Dazu siehe IFG-Antrag an die BGE (Betreiber) und an das BfE (atomrechtliche Überwachungsbehörde).
Zugang zu Konrad-Unterlagen verweigert
Der IFG-Antrag auf Zurverfügungstellung der Studien zur ÜsiKo wurde abgelehnt. Verwiesen wird auf die schon oben erwähnten Präsentationen, die fachlich nicht nachvollziehbar sind. Zu den Studien wird vertröstet auf die Endfassungen, die in ein paar Wochen veröffentlicht werden sollen:
Hier gibt es also wieder geschönte Endberichte. Der Arbeitsprozess wird in der Öffentlichkeit fachlich nicht nachvollziehbar sein.
Es wird Zeit, das AtG an die Deponieverordnung anzupassen und eine 4-jährige Aktualisierung der Langzeitriskobetrachtungen festzulegen. Dann wäre es auch Aufgabe der Endlagerüberwachung am BfE, die Arbeiten in Auftrag zu geben, und nicht der Betreiber BGE.