Der politische Wirbel um die Gorleben-Beurteilung
Die Tatsache, dass der Salzstock Gorleben nicht Teilgebiet nach § 13 StandAG ist, führte insbesondere in Bayern zu politischem Wirbel. So lässt sich Dr. Peter Ramsauer, promovierter Betriebswirt, dazu hinreißen, gegenüber dem Traunsteiner Tageblatt zu verkünden:
Die Bundesgesellschaft für Endlager besteht offensichtlich aus lauter durchgeknallten Narren: Gorleben soll plötzlich vollkommen unmöglich sein! Da kann ich nur sagen: Ich bin in meiner politischen Laufbahn kaum einmal derart belogen worden.
Herr Ramsauer als promovierter Betriebswirt
Da stellt sich die Frage, wie Herr Ramsauer zu diesem Urteil über ein Ergebnis einer geowissenschaftliche Bearbeitung kommt? Aus seinem Lebenslauf wird nicht deutlich, dass er sich geologisches Fachwissen angeeignet hat. Während seiner Schulzeit bis 1973 war Geologie nicht einmal ein Schulfach – wie heute leider immer noch.
Herr Ramsauer als interessierter Laie?
Oder kommt er als interessierter Laie nach dem Studium der Anlage 1A (zum Fachbericht Teilgebiete und Anwendung Geowissenschaftliche Abwägungskriterien gemäß § 24 StandAG) Ergebnisse der Bewertung: Teil A (Teilgebiete) und der Anlage 1B (zum Fachbericht Teilgebiete und Anwendung Geowissenschaftliche Abwägungskriterien gemäß § 24 StandAG) Ergebnisse der Bewertung: Teil B (Keine Teilgebiete) zu den 60 Salzstöcken, die Teilgebieten sind, bzw. den 79 Salzstöcken, die keine Teilgebiete wurden, zu der oben genannten Einschätzung? endlagerdialog.de vermutet, dass Herr Ramsauer sich diese Unterlagen über die Anwendung der geowissenschaftlichen Abwägungskriterien nicht angesehen hat. Sonst wäre er zu einem anderen Urteil über die Arbeit der BGE gekommen.
Gründe des Gorleben-Ausscheidens in der Bundespressekonferenz
In der Bundespressekonferenz hat die BGE zum Ausscheiden des Salzstocks Gorleben ausgeführt, dass drei Abwägungskriterien dazu führten: Rückhaltevermögen, hydrochemische Verhältnisse und Deckgebirge – siehe Seiten 143 bis 155 in Anlage 1B (zum Fachbericht Teilgebiete und Anwendung Geowissenschaftliche Abwägungskriterien gemäß § 24 StandAG) Ergebnisse der Bewertung: Teil B (Keine Teilgebiete).
Rückhaltevermögen und hydrochemische Verhältnisse als Artefakte
Das Kriterium Rückhaltevermögen ist eigentlich nur sinnvoll anwendbar für Tongesteine, im Grenzfall für Kristallingestein bei der Betrachtung mineralisierter Klüfte.
Bei dem Kriterium hydrochemische Verhältnisse war es der Indikator Neutrale bis leicht alkalische Bedingungen (pH-Wert 7 bis 8) im Bereich des Tiefenwassers, der zur negativen Bewertung führte. Hier wird eine Aussage getroffen über Wasser, das im Salz nicht vorhanden ist.
Die Bewertungen anhand dieser beiden Kriterien sind für Salzstöcke als Artefakte einzustufen. Das Kriterienraster des StandAG, das auf Biegen und Brechen gesteinsübergreifend formuliert werden sollte, kommt hier an seine Grenzen. Es war seitens der BGE unklug, diese in der Begründung zum Ausscheiden des Salzstocks anzuführen.
Defizit beim Kriterium Deckgebirge politisch unterdrückt
Das Abwägungskriterium zum Deckgebirge wurde für den Salzstock Gorleben zum Quasiausschlusskriterium, da kein Deckgebirge vorhanden ist. Die 60 Salzstöcke, die zu Teilgebieten wurden, zeigen dieses Defizit nicht in diesem Maße. Dieses Gorleben-Defizit wurde bereits in der BGR-Salzstudie 1995 indirekt aufgezeigt. Die Politik hatte deshalb wohlweißlich verhindert, dass Gorleben in die Untersuchung mit einbezogen wurde.
Der AkEnd hatte diese Tradition mit der Argumentation fortgesetzt, durch die Erweiterung des Betrachtungszeitraums von 10.000 auf 1 Mio. Jahre spiele ein Deckgebirge keine Rolle, da Eiszeiten ein solches beseitigen würden. Dass es durchaus Deckgebirge geben könnte, die aufgrund ihrer Tiefenlage und insbesondere hydromechanischer Eigenschaften auch Eiszeiten standhalten könnten, wurde nicht beachtet.
Logische Konsequenz der Anwendung einer komparativen Standortauswahl
Der Salzstock Gorleben wurde nicht punktuell aussortiert, sondern wurde – wie 78 andere Salzstöcke – als identifiziertes Gebiet aufgrund der Bewertung nach den geologischen Abwägungskriterien nicht zum Teilgebiet. Es ist also die logische Konsequenz der Anwendung einer komparativen Standortauswahl, die nach dem Minimierungsgebot des Strahlenschutzes zwingend notwendig ist und jetzt endlich im StandAG festgeschrieben ist.
Entschuldigung und Verleumdungsklage
Das Mindeste, das Herr Ramsauer tun sollte, ist eine Entschuldigung bei den BGE-Mitarbeiter*innen. Ob eine Verleumdungs- oder Beleidigungsklage angestrengt werden sollte, hat die BGE-Führung zu entscheiden.
Föderalismus wird zum bizarren Egoismus
Die CSU von der Wiederaufarbeitungsanlage bis zum Endlager!
Videokolumne von Heribert Prantl, Süddeutsche Zeitung, siehe hier.