Ein Jahr Pause, dann weitersehen
Ich habe in der letzten Zeit den Eindruck gewonnen, dass ich alles gesagt habe, was ich sagen wollte. Die ständigen Wiederholungen zu Transparenz und Verständlichmachung entlang der zahlreichen konkreten Veranstaltungen erzeugen kaum noch Motivation. Deshalb mache ich erst einmal ein Jahr Pause. Danach werde ich mir das Verfahren zur Endlagersuche ansehen und über die Zukunft von endlagerdialog.de entscheiden. Sollten mich in der Zwischenzeit interessante Gastbeiträge oder Kommentare erreichen, werde ich diese veröffentlichen.
BMU ohne Transparenz
Enttäuschend ist, dass der zentrale Akteur bei der Endlagersuche, das Bundesumweltministerium (BMU/BMUV), bei dem alle Fäden zusammenlaufen, keinerlei Transparenz zeigt. Weder wird der Austausch mit der BGE und dem BaSE veröffentlicht, noch erhält man durch Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz einen wirklichen Einblick, siehe IFG-Antrag 238569 und 238959. Bei Letzterem liegen selbst nach gut 19 Wochen die Protokolle der Aufsichtlichen Gespräche nicht vor. Oder gab es kein solches Gespräch, beaufsichtigt etwa das BaSE eher das BMUV?
BaSE kassiert Antrag an das BMU
Das BaSE hat den Antrag der Fachkonferenz Teilgebiete an das BMU zur Fortsetzung des neuen Beteiligungsinstruments kassiert. Dazu gibt es nicht einmal einen öffentlich einsehbaren Erlass des BMU an das BaSE, die Bearbeitung dieses Antrags zu übernehmen. Durch Verquickung der im StandAG definierten Begrifflichkeiten
- Öffentlichkeitsbeteiligung und
- neuen Beteiligungsinstrumente
hat das BaSE es geschafft, auch bei den neuen Beteiligungsinstrumenten maßgeblichen Einfluss zu bekommen.
BaSE trifft weitreichende Entscheidung auf Zuruf, ohne diese öffentlich zu begründen
Weiterhin glänzte das BaSE mehrfach durch die Abwesenheit der ernannten Mitglieder in der Beratungs- und Planungsgruppe. Es erschienen unterschiedlichste BaSE-MitarbeiterInnen, ohne dass in diesem Gremium eine Vertretungsregelung existierte. Schließlich wurde ohne öffentliche Begründung ein Fachwissenschaftler durch die Leiterin der Abteilung Öffentlichkeitsbeteiligung mit journalistischem Hintergrund ausgetauscht. Dies geschah offensichtlich allein auf Zuruf innerhalb des BaSE, denn schriftliche Unterlagen und damit auch eine Begründung zu dieser weitreichenden Entscheidung liegen nach Angabe des BaSE nicht vor – siehe IFG-Antrag 244735.
BGE führt kein Labortagebuch
Die BGE hat offensichtlich ihre Entscheidungen im Standortauswahlverfahren nicht eingehend dokumentiert. So wurde kein Labortagebuch geführt, wie es sonst bei wissenschaftlicher Arbeit üblich ist. Hierin sollte sich auch der Einfluss von BMU und BaSE nachvollziehbar sein, genauso wie die Auswirkungen der externen Beratern in juristischen und fachlichen Fragen. Zwar gibt es einen BGE-Chronisten, die Arbeiten dieses Mitarbeiters sind bisher nicht in die Öffentlichkeit gedrungen.
NBG zieht sich in geschützte Räume zurück
Das NBG zieht sich bei interessanten Debatten in geschützte Räume zurück, obwohl in der Geschäftsordnung in § 5 Anderes geregelt ist. Im Wesentlichen versteht sich dieses Gremium als Fachgremium und weniger als Institution von anerkannten Persönlichkeiten, die die Defizite aus der Sicht der BürgerInnen zur Sprache bringt.
Niemand erstellt stimmiges Didaktikkonzept, Verständlichkeit spielt keine Rolle
Neben all diesen Punkten, die zeigen, dass Transparenz im Standortauswahlverfahren bisher keine Rolle spielt, wird auch keinerlei Wert auf Verständlichkeit der wissenschaftlichen Grundlagen des Verfahrens gelegt. Als die BGE mehrfach betonte, dass die Papiere zur Methode der Sicherheitsuntersuchungen in der Phase I nicht allgemein verständlich sein werden, schrillten bei keinem der beteiligten Akteure die Alarmglocken. Das BaSE zog sogar den geowissenschaftlichen Sachverstand aus der Beratungs- und Planungsgruppe zurück. Niemand erstellte ein stimmiges Didaktikkonzept. Allein die BGE versuchte ihr Bestes, was aber bei Weitem nicht ausreicht. Es wird seitens der BGE zum Beispiel versucht, die Schlüsselbegriffe Stratigraphie und Lithologie in einem Video zu erklären. Dies geschieht jedoch mit der Hilfe von gefühlt fünf weiteren Fachbegriffen.
Aber gerade Stratigraphie und Lithologie spielen bei dem unzureichenden Zwischenbericht Teilgebiete und dem ersten Prüfschritt in den Sicherheitsuntersuchungen eine zentrale Rolle. Hier zeigen sich die Defizite des Zwischenberichts, die jetzt im ersten Prüfschritt der Sicherheitsuntersuchungen nachgeholt werden müssen.
Lernendes Verfahren: Fehlanzeige
Selbst die grundlegende Voraussetzungen für ein lernendes Verfahren wurden bisher nicht angegangen. Nirgends sind die vor langer Zeit zugesagten Fehlerlisten zu finden. Selbst das oft positiv erwähnte Schweizer Verfahren zeigt nach Ansicht von Herrn Buser in dieser Hinsicht erhebliche Schwächen – siehe hier.
Lieber Herr Mehnert, Sie werden schon vermisst. Bei mir sind schon besorgte Anrufe eingegangen, ob ich wohl wüsste, warum Sie „verstummt“ seien. Ich wünsche Ihnen, dass Sie in einem Jahr wieder Lust haben, sich mit der Standortauswahl zu beschäftigen. Ihre Stimme fehlt, und wird fehlen.
Vielen Dank, Frau Dehmer, für die Zeilen!
Der Grund für das Verstummen ist, wie schon gesagt, die auf Null gesunkene Motivation, dieses Verwirrspiel weiter aktiv zu verfolgen.
Nicht nur das NBG zieht sich in geschützte Räume zurück. So formuliert das BMUV im Bescheid zu IFG-Antrag 238569 folgendermaßen:
Sicher hat Transparenz Grenzen, aber wenn die Öffentlichkeit durch keinerlei Berichte aus der Abhängigkeitsbeziehung der BGE vom BMUV etwas erfährt, kann von der Öffentlichkeit nicht erwartet werden, dass sie dem Suchverfahren Vertrauen entgegenbringt.
Das Vertrauen von endlagerdialog.de ist auf dem Nullpunkt angekommen. Der letzte Rest ist nun durch den Bescheid zu IFG-Antrag 238959 vernichtet worden. Die Sache hat man lange ausgesessen, um nun schnell nach dem obigen Beitrag darauf einzugehen.
Als Rentner habe ich es nicht nötig, mir diesen Frust zu bescheren.
Lieber Herr Mehnert, Sie haben unsere Sitzungen und Veranstaltungen immer treu begleitet. Vielen Dank für Ihre Ausdauer und Kritik in den letzten Jahren. Dass diese Stimme jetzt verstummt, finde ich sehr bedauerlich für das Verfahren. Ich hoffe, Sie auf der einen oder anderen Veranstaltung und in einem Jahr auch bei uns wieder zu sehen.
Endlagerdialog ist die einzige Stimme im Suchverfahren, die von Grund auf kritisch, umfassend kompetent, gut informiert und weithin hörbar ist.
Ohne Endlagerdialog, wie soll das gehen?
Wenn a la https://endlagerdialog.de/2020/09/last-call-sicherheitsverordnungen-26-27-standag/ nur noch Verfahrensbegeisterte unter den Angehörten sind, wie soll dann Sicherheit entstehen?