Der Begriff Biosphäre in Gesetzen und Verordnungen
Im Zusammenhang mit der Endlagerung radioaktiver Abfälle findet sich in Gesetzen, Verordnungen und den Begründungen dazu immer wieder der Begriff Biosphäre. Danach hat Endlagerung das Ziel, die radioaktiven Nuklide von der Biosphäre zu isolieren.
Die Tiefe Biosphäre
Aus wissenschaftsbasierter Sicht ist das nicht richtig, denn die Biosphäre endet nicht an der Erdoberfläche und auch nicht in geringer Tiefe. In der neusten Ausgabe der Zeitschrift GMIT (Heft 77, Seite 5, in ca. 6 Monaten hier öffentlich einsehbar) ist zu lesen:
..Komplette Schiffsexpeditionen des Ocean Drilling Programme, die u. a. darauf zielten die Grenzen des Lebens in der „Tiefen Biosphäre“ zu erkunden, waren diesen Organismen gewidmet. In den Bohrungen sind bakterielle Umsätze bis in zwei Kilometer Tiefe unter dem Meeresboden und bis zu Temperaturen von über 100 Grad Celsius nachgewiesen worden…
Erörterungstermin zum ZERAM
Man sollte also bei der Endlagerung eher vom Schutz der Anthroposphäre sprechen – siehe auch Kommentar zu den Sicherheitsanforderungen. Schon beim Erörterungstermin zur Schließung des Zwischen- und Endlagers Morsleben (ZERAM) ist dies intensiv diskutiert worden – siehe Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt.(2012). Niederschrift über den Erörterungstermin in dem Planfeststellungsverfahren zur Stilllegung des Endlagers für radioaktive Abfälle Morsleben – Wortprotokoll.
Entwurf Sicherheitsanforderungen 2008
Auch der Entwurf der Sicherheitsanforderungen aus dem Jahr 2008 war da näher an den wissenschaftlichen Erkenntnissen und damit ehrlicher:
5.2 Die Endlagerung darf die Artenvielfalt nicht gefährden und die Nutzung natürlicher Ressourcen nicht unnötig einschränken.
Wenn der Mensch als Individuum vor ionisierender Strahlung geschützt ist und die aus dem Endlager freigesetzten sonstigen Stoffmengen die gemäß Wasser- und Bodenrecht zulässigen Werte einhalten, wird davon ausgegangen, dass auch terrestrische Ökosysteme sowie andere Spezies in ihrer Art geschützt werden. Die Einhaltung von Risikogrenzwerten für andere Lebewesen, z. B. für im Endlagerbergwerk oder in seiner Nähe lebende Mikroorganismen, wird nicht gefordert. Wissenschaftlich begründete Modelle zur Bewertung der Auswirkungen auf Flora und Fauna sind für Nachweiszeiträume in der Größenordnung von 1 Million Jahren nicht verfügbar. Bei der Standortauswahl und bei der Auslegung des Endlagers muss darauf geachtet werden, dass die Nutzung natürlicher Ressourcen durch nachfolgende Generationen so wenig wie vernünftigerweise möglich eingeschränkt wird. Diesem Gesichtspunkt kann insbesondere dadurch Rechnung getragen werden, dass die Abmessungen des für den geologischen Langzeitsicherheitsnachweis festzulegenden einschlusswirksamen Gebirgsbereichs so klein wie möglich gewählt werden.
JuristInnen als wissenschaftliche Laien
JuristInnen als wissenschaftliche Laien wären gut beraten, den allgemein verständlichen Beitrag Geomikrobiologie – Die Bedeutung von Mikroorganismen bei geologisch-geochemischen Prozessen und für die Geobiotechnologie in GMIT 77 zu lesen, damit die Gesetzestexte in Zukunft nicht leichtfertig den Begriff Biosphäre erwähnen.
Biosphäre/Anthroposphäre – Wortklauberei? Man sieht am Klima, was passiert, wenn man die Atmosphäre in der Biosphäre aus den Augen verliert. Weil der MENSCH von der Biosphäre abhängt, ist diese zu schützen – gerade, weil MANN/FRAU nicht alle Zusammenhänge überblickt. Dass der Strahlenschutz die Biosphäre nicht auf dem Schirm hat, heißt nicht, dass das so bleiben kann oder so bleiben muss.