Nur politikwissenschaftliche Kommentare – keine geowissenschaftliche Einschätzungen
Der heute vorgelegte Zwischenbericht Teilgebiete fand große Aufmerksamkeit. Phoenix berichtete den gesamten Vormittag darüber. Zwischen den Beiträgen wurde ein Wissenschaftler um Stellungnahme gefragt. Leider war es ein Politikwissenschaftler, obwohl es hier um eine primär geologische Fragestellung geht. Selbst in den politischen Statements von Ministerpräsident Söder und Bundesumweltministerin Schulze wurde der wissenschaftliche Charakter betont. Wäre es da nicht angemessen gewesen, neben einen Politikwissenschaftler auch eine Geowissenschaftler*in zu Wort kommen zu lassen? Hoffentlich gibt es in Kürze aus dieser Richtung Einschätzungen von Geolog*innen, die bisher am Verfahren nicht beteiligt waren.
Nach Diversitäten kann gesucht werden
Noch kurzer Durchsicht kann man feststellen, dass es in Deutschland nicht wenige Gebiete gibt, in denen mehrere Barrieregesteine / Wirtsgesteine in mindestens 100 m Mächtigkeit übereinanderliegen. Mit diesen Unterlagen kann also auch gezielt nach Standorten gesucht werden, die dem Sicherheitsgrundsatz Diversität genügen. Damit ergibt sich unter Umständen die Möglichkeit, positive Eigenschaften mehrerer Gesteine zu kombinieren.
Gestrige Falschmeldung zu Gorleben
Die gestrige Meldung lautete ja Gorleben ist raus – bayerische Gebiete sind drin. Dies kann man getrost als Falschmeldung bezeichnen. Nicht Gorleben ist raus, sondern der Salzstock Gorleben wurde wegen der schlechten Ergebnisse zu den geowissenschaftlichen Abwägungskriterien Rückhaltevermögen (Anlage 9 StandAG), hydrochemische Verhältnisse (Anlage 10 StandAG) und Schutz durch Deckgebirge (Anlage 11 StandAG) nicht als günstig eingestuft.
Geologisch günstige Gebiete im Wendland
Das Wendland bietet jedoch nach den bisherigen Auswertungen der BGE für die langfristige Lagerung radioaktiver Abfälle geologisch durchaus günstige Vorkommen im tertiären Ton
im prätertiären Ton
und in unmittelbarer Nähe im Westen im Salz in steiler Lagerung.
Erste Auswertung: Anzahl IG und TG
Eine erste Auswertung betrifft die Frage, wieviel der identifizierten Gebite (IG) die Hürde der Abwägung genommen haben, also als günstig eigestuft wurden und somit Teilgebiet (TG) geworden sind.
Die Anzahl der Gebiete sagt nichts über die mögliche Unterbringung von Endlagern aus, dafür ist eher die Fläche aussagekräftiger. Salzstrukturen in steiler Lagerung sind zum Beispiel in der Regel von geringer Fläche.
Der bisher beste Artikel zum Teilgebietsbericht
Das Rauschen im Blätterwald und auf den Internetsites als Reaktion auf die Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete war schockierend. Obwohl es sich um eine geowissenschaftliche Studie handelt, wurde im Wesentlichen aus landes- und kommunalpolitischer Sicht berichtet. endlagerdialog.de ist bisher nur ein Artikel aufgefallen, der mit geowissenschaftlichem Hintergrund einen allgemein verständlichen Einblick in das Problem erlaubt. Unter dem Titel Expertin klärt auf: Wie wahrscheinlich ist ein Atommüll-Endlager in unserer Region? erklärt Geologin Professorin Dr. Anke M. Friedrich von der Ludwig-Maximilian-Universität in München zum Beispiel den Unterschied zwischen tertiärem und prätertiären Tongestein. Eine solche Erläuterung sucht man vergeblich selbst im Zwischenbericht der BGE, obwohl diese Klasifikation darin verwendet wird und dieser sich an Bürger*innen wendet.
Frau Friedrich kommt unter anderem zu dem Schluss:
Hier sei ergänzt, dass eine abdichtende Schicht über dem Kristallin aus Salz oder Ton – hier mit Vorzug aus prätertiärem Ton – sogar die Behälterfrage entschärft, die ja nach § 23 Abs. 4 StandAG das Problem um Jahre verschiebt auf den Vorschlag des Vorhabenträgers an die Regulierungsbehörde über den endgültigen Standort nach § 18 Abs. 3. Da ist es sehr hilfreich, sich § 23 Abs. 5 Punkt 1 letzter Teilsatz zu Gemüte zu führen:
Eine abschließende Bemerkung zum bisher besten Artikel zum Teigebietsbericht: Die gelben Fässer, die im Artikel als Symbolbild dienen, haben in einem Langzeitlager für hochradioaktive Abfälle nichts zu suchen.
Konnte in dem verlinkten Artikel leider keine Erklärung von prätertiären Tongestein finden
Das ist richtig, da habe ich aus Versehen einen Sprung gemacht.
Im Artikel wird erläutert, dass tertiäre Tongesteine Materialien sind, die im Erdzeitalter des Tertiärs (Oligozän und Miozän) vor etwa 30 bis 20 Millionen Jahren entstand sind. Prätertiäres Tongestein ist Gestein, was vor (= prä) dem Tertiär entstanden, also älter ist. So gehört Opalinuston aus dem Jurazeitalter, das etwa 200 Millionen Jahre alt ist, zu diesen prätertiären Tongesteinen. Da es älter ist, war es länger dem Druck jüngerer, darüberliegender Erd- und Gesteinsschichten ausgesetzt und ist somit stärker verfestigt und daher auch dichter. Also:
♥
Noch ein Artikel, der über das politische Lamentieren hinausgeht
Im Artikel mit der Headline Damals ausgesiebt, heute geeignet? in LZonline wird versucht, Ergebnisse der Standortsuche 1995 und 1983 mit dem Ergebnis, das im Zwischenbericht Teilgebiete festgehalten ist, zu vergleichen.
Dies geschieht im Wesentlichen an Salzstöcken, da hier solch eine Gegenüberstellung am einfachsten ist. Ein Resümee ist:
Die meisten der angeführten Fälle sind darauf zurückzuführen, dass Kriterien verändert wurden. So spielt die maximale Tiefe, in der ein Langzeitlager-Bergwerk errichtet werden soll, eine große Rolle. Diese maximale Tiefe wurde im StandAG nicht festgelegt, von der BGE aber mit 1.500 m postuliert.
Ein Vergleich der Ergebnisse von 1983, 1995 und 2020 ist sinnvoll und entspricht wissenschaftlichem Vorgehen. Dies war und ist nicht die Aufgabe der BGE, jedoch muss sie die notwendigen Daten zur eventuellen Falsifikation nach Popper bereitstellen. Dazu gehört zum Beispiel die Darstellung der Blattschnitte der TK 1:25.000 auf der BGE-Karte, um Verortungen zu erleichtern. Weiterhin muss die zusammenfassende BGR-Karte 1994, 1995, 2007 als Layer aufgenommen werden.
„Die meisten der angeführten Fälle sind darauf zurückzuführen, dass Kriterien verändert wurden. So spielt die maximale Tiefe, in der ein Langzeitlager-Bergwerk errichtet werden soll, eine große Rolle. Diese maximale Tiefe wurde im StandAG nicht festgelegt, von der BGE aber mit 1.500 m postuliert.“
Soweit der Artikel – Und es ist wahr die BGE hat die Endlager-Tiefe anstatt bei ca. – 7.000 Meter bei nur 1.500 Meter selbst gewählt – wahrscheinlich um die untiefe Horizontal-Bauart der Tochterfirma BGE Tec zu befördern. – Es wurde eine Strafanzeige wg. Betrugs und untreuer Ausführung eines öffentlichen Auftrags gestellt. – Die fälschlich benannten Teilgebiets-Betroffenen werden das Argument der mangelnden Tiefe vorbringen. – Entweder arbeitet die BGE mbH die Tiefe nach oder das Auswahl-Verfahren ist inhaltlich am Eigennutz der BGE gescheitert.
Maximale Suchteufe
Die BGE begründet die maximale Suchteufe im Zwischenbericht auf Seite 44 wie folgt:
Das StandAG geht von einem Endlagerbergwerk aus – siehe § 1 Abs. 4:
Es ist fraglich, ob ein Bergwerk mit einer größeren Teufe möglich ist – siehe auch hier.
Eine Teufe von 7.000 m ist illusorisch. Hier empfiehlt sich die Endlagerung in tiefen Bohrlöchern – siehe Vielleicht doch Langzeitlagerung in tiefen Bohrlöchern? und Statuskonferenz Endlagerung: Ideen zum Programm.
Diese Technik steht aber noch nicht zur Verfügung.
Die BGE geht immer von Ihren nur luftgekühlten horizontalen Bergwerken aus, die bauart-bedingt nur eine Tiefe von ca. – 1.200 Meter erreichen können. Der Mensch/Bergmann ist oberhalb von ca. + 22 °C abnehmend belastungsfähig.
DBHD ist für Tiefen bis – 2.700 Metern konzipiert. (Goldminen gehen bis 4.000)
Ob das eine Alternative sein könnte, sollte im BaSE-Forschungsprojekt Verfolgung und Aufbereitung des Standes von Wissenschaft und Technik bei alternativen Entsorgungsoptionen für hochradioaktive Abfälle (altEr) betrachtet werden. Es handelt sich um eine Konzept, was offensichtlich zwischen Bergwerken und Tiefen Bohrlöchern liegt.
Ein Presseartikel zum Salzstock Gülze-Sumte, der in die Tiefe geht
In LZ-Online vom 10.10.2020 wird unter der Überschrift Darum kommt der Salzstock Sumte nicht als Endlager infrage ausgeführt, warum der Salzstock Gülze-Sumte nicht als Teilgebiet benannt wurde.
In der Salzstudie 1995 wurde dieser Salzstock noch relativ gut bewertet.
Bei der BGE ist diese Salzstruktur zwar noch als Identifiziertes Gebiet mit der Bezeichnung 182_00IG_S_s_z (siehe hier, S. 479 – 481) zu finden. Bei der Anwendung der geowissenschaftlichen Abwägungskriterien zeigte sie Defizite (siehe hier, S. 1033 – 1046). Offensichtlich waren andere Identifizierte Gebiete von der gesamtgeologischen Situation her besser für die tiefengeologische Langzeitlagerung geeignet.