Sitzung des Umweltausschusses zum Standortauswahlgesetz
In der Sitzung des Umweltausschusses des Bundestages am 10.06.2013 wurden Experten – Expertinnen gibt es dazu wohl nicht – zum Standortauswahlgesetz befragt, unter anderem der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz.
Frage: Vertrauen
Ab 2:44:31 findet sich folgende aufschlussreiche Passage:
Was die Frage angeht „Vertrauen“: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir sozusagen als BfS ja nicht sozusagen per se sozusagen die Guten sind – in wessen Augen auch immer -, sondern dass wir uns zwischen allen Stühlen immer wieder bewegen müssen. Es ist eine Frage von Glaubwürdigkeit, dass wir sozusagen als Behörde das auch tun, was wir sagen.
Das ist ein Anspruch, der selbstverständlich ist und der eindeutig einzulösen ist. Anders als nichtstaatliche Akteure, die an ihrem Image arbeiten müssen, um sich am Markt zu behaupten, dürfen Behörden nichts vertuschen.
Das Nichtwissen
Das ist etwas, was manchmal schwerfällt, weil gerade in den wissenschaftlichen Kompetenzen der Anspruch da ist, mehr zu wissen als real da ist. Und die Stärke liegt häufig in den Punkten, wo man sozusagen das Wissen vermittelt und nicht gleichzeitig sagt, was man nicht weiß. Und das ist sozusagen das A und O.
Nur durch Berücksichtigung des Nichtwissens kann es rationale Einschätzungen und Entscheidungen geben. Das ist eine Binsenweisheit. Wer sich allein auf das Wissen verlässt, handelt irrational, da er bei realen Problemen, die in der Regel nicht einfach gestrickt sind, wesentliche Teile – nämlich das Nichtwissen – unbeachtet lässt. Siehe die Reihe der Beiträge auf endlagerdialog.de zum Nichtwissen.
Bürgerbeteiligung ist nichts Neues
Wir müssen dazu überkommen, eine Kultur auch zu entwickeln in dem Miteinander. Wir müssen auch Behörden / Institutionen instand setzen, überhaupt Bürgerbeteiligung zu leben. Das ist etwas, was nicht nur eine Herausforderung für Sie in der politischen Verantwortung darstellt, sondern wir haben derzeit keine ausreichende – ich sag mal Substanz -, um in Behörden diese Art von Ansprüchen einer Bürgerbeteiligung, die auch die Mitnahme dann realisiert, stehenden Fußes umzusetzen.
Das mag ja für den Bereich der Langzeitlagerung für radioaktive Abfälle zutreffen. In anderen Bereichen herrscht auch bei Behörden ein weiter Erfahrungsschatz zur Bürgerbeteilung. Es wird Zeit, dass diese Erfahrungen auch bei der Atommülllangzeitlagerung eingesetzt werden.
Das BfS und das Nichtwissen
Das was ich gemacht habe, ist der Versuch, eben auch das Nichtwissen zu kommunizieren und bereit zu und aufzustellen, Wissen zu vermitteln.
Das BfS hat sich wenig um Nichtwissen bei der Atommülllagerung gekümmert. Die Schweden (SKB TR-99-06 Vol 1, Vol 2) haben da schon seit Jahrzehnten eine andere Herangehensweise. Das Nichtwissen wurde vom BfS immer wieder ignoriert, so zum Beispiel beim Erörterungstermin zum Endlager Morsleben. Dort wurde es sogar abgelehnt, das Wissen sinnvoll zu kommunizieren. Es wurde seitens des BfS lediglich der eindimensionale Fluss der verbalen Sprache verwendet, in der man nacheinander ausdrücken muss, was tatsächlich simultan zu denken ist (siehe Ropohl in Allgemeine Systemtheorie, Seite 144, zur Systemrhetorik von Luhmann).
Entsprechende Vorstöße zum Nichtwissen im BfS führten 2006 zur Strafversetzung und 2011 schließlich zur fristlosen Kündigung wegen Nichterfüllung der dienstlichen Aufgaben.
Lernprozess und Bezahlen von Steuern
Wir sind aber nicht diejenigen, die angetreten sind, Bürgerbeteiligung durchzuführen. Als als zuständige Behörde für den Betrieb habe ich die Verantwortung, mein Wissen so darzustellen, dass andere sich beteiligen können, aber auch selbstverständlich sicherzustellen, dass diejenigen, die sich nicht beteiligen wollen, gut aufgehoben fühlen. Wir reden über viele, die sich sozusagen beteiligen wollen, aber wir haben noch viel mehr Menschen, die sagen: „Ich bezahle Steuern, damit andere die Probleme lösen. Und das ist meine Erwartung.“ Und ich glaube, daran müssen wir sozusagen auch gemeinsam arbeiten, dieses Verfahren, was hier aufgesetzt wird, zu einem Ende zu bringen. Nicht dass am Ende eine gute Bürgerbeteiligung zu einem Scheitern der Endlagerung führt. Ich glaube, das ist nicht das Ziel, was wir haben, sondern umgekehrt: Es ist ein Mittel, um das Ziel besser zu erreichen, und dafür müssen wir sozusagen gemeinsam auch einen Lernprozess durchmachen. Und das BfS steht dafür mit seinen Erfahrungen zur Verfügung.
Warum soll jetzt ein Lernprozess durchgemacht werden, der in anderen Bereichen bereits seit Langem läuft? Sind die Probleme der Langzeitlagerung so einmalig? Und sicher ersetzt Bürgerbeteiligung nicht das fachliche Verfahren, aber das wurde ja nie proklamiert. Des Weiteren wurden keine Steuern gezahlt, um die Probleme der Langzeitlagerung anzugehen, sondern sie wurden dafür zweckentfremdet. Es wurden Strompreisbeiträge dafür gezahlt und werden immer noch von denjenigen gezahlt, die wissentlich weiterhin Atomstrom nutzen.
Stadt Salzgitter und Konrad
Ein Letztes: … ich führe das gerne an, weil es das ist, was wir erreichen wollen. Als die Diskussion vor eineinhalb Jahren losging, „Ist das BfS nicht sozusagen in einer Situation, wo es sich selber beaufsichtigt?“ und all die Dinge, gab es, als die erste Diskussion losging, von der Stadt Salzgitter einen Parlamentsbeschluss. Und der hat mich sehr gefreut auch für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade, weil die Stadt Salzgitter seit dreißig Jahren gegen dieses Endlager kämpft, hat bis zum Schluss dagegen geklagt. Aber als die Debatte begann, haben sie einen Beschluss gefasst und zwar durch alle Fraktionen – von den Linken bis zur CDU – und der besagt schlicht und einfach: „Wir wollen das Endlager nicht, aber wenn wir jemanden trauen, dann ist es das BfS, das wir zutrauen entsprechend in unserem Sinne, die Sicherheiten zu gewährleisten.“ Ich denke, wenn wir da sozusagen alle Institutionen hinbekommen, die wir heute sozusagen diskutieren, dann haben wir eine Menge erreicht.
Offensichtlich ist der Beschluss des Rates der Stadt Salzgitter vom 25.01.2012 gemeint. Er lautet:
Der Rat bittet Herrn Oberbürgermeister Frank Klingebiel sich dafür einzusetzen, dass ein möglicherweise angedachter Entzug von Kompetenzen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter verhindert wird. Oberbürgermeister Klingebiel soll dazu Kontakt mit der Bundesregierung möglichst direkt mit Herrn Bundesumweltminister Röttgen und mit den für Salzgitter zuständigen Bundestagsabgeordneten aufnehmen.
In diesem Beschluss findet sich nichts, was der Präsident des BfS im Umweltausschuss vorträgt. Eine Begründung zu diesem Beschluss ist leider nicht verfügbar, da sie mündlich vorgetragen werden sollte. Der Zeitungsartikel dazu gibt aber schon einen ersten Hinweis.
Es ging bei dem Beschluss wohl eher um die Arbeitsplätze am BfS, die auf die Aktivitäten des Staatssekretärs Clemens Stroetmann zurückgehen. Dieser hat dafür gesorgt, dass das BfS in seinem Wahlkreis Salzgitter angesiedelt wurde.
Wegen der Begründung zum Ratsbeschluss vom 25.01.2012 wurde die Stadt Salzgitter angefragt: