Die SPD-Bundestagsfraktion hat jetzt Grundsätze und Eckpunkte für ein Endlagersuchverfahren vorgelegt. Gegliedert ist das Papier in drei Kapitel: (1) Grundsätze zum Suchverfahren, (2) Eckpunkte zu einem Endlager-Verfahrensgesetzes und (3) Eckpunkte zur finanziellen Absicherung.
Bemerkenswert ist das dritte Kapitel. Hier findet endlich eine politische Aufarbeitung der Stellungnahme des Bundesrechnungshofes vom April 2011 (ab Seite 28) statt. Danach sind die Rückstellungen der Kernkraftwerksbetreibers unter den heutigen Regelungen seitens der Behörden nicht nachprüfbar. Das ist bei einem Rückstellungsvolumen von etwa 30 Milliarden Euro durchaus ein Skandal. Dem will die SPD durch Informationspflichten abhelfen. Weiterhin wird reagiert auf die immer häufiger zu lesenden Meldungen, dass es den Stromversorgern finanziell schlecht gehen würde. Vorgeschlagen wird ein Sicherungsfond von 10 Milliarden Euro, der als Absicherung bei Ausfall durch Insolvenz für die Endlagerung zur Verfügung stehen soll.
Interessant ist die Rolle von Gorleben in den ersten beiden Kapiteln. Hier fehlt der klare Ausschluss des Standortes Gorleben beim weiteren Suchverfahren. Das steht im Widerspruch zum Beschluss der SPD auf ihrem Parteitag Anfang Dezember. Die Schwammigkeit der Aussagen wird im blog.campact aufgezeigt. Das Gorleben-Problem ist schwierig, da hier wissenschaftliche Einschätzungen, Politik und Ideologie immer wieder aufeinander prallen. Gegen Gorleben werden im wesentlichen drei Argumente vorgebracht: Das geologische Argument, das Verfahrensargument und das kommunikationswissenschaftliche Argument.
Das geologische Argument gegen den Standort Gorleben basiert im Wesentlichen auf der fehlenden Deckgebirgsschicht z. B. aus Ton, vermuteten Gasvorkommen unter dem Salz und auf Störungszonen im Bereich des Salzstocks. Als Verfahrensargument wird angeführt, dass die Auswahl von Gorleben als einziger Untersuchungsstandort für die Errichtung eines Nuklearen Entsorgungszentrums politisch geprägt war. Mit dem Begriff verbrannter Standort wird ein kommunikationswissenschaftliches Manko benannt. Trotz aller Bedenken gegen den Standort wurde sich mit diesen in der Öffentlichkeit nicht genügend auseinandergesetzt. Es wurde bisher strikt am Standort Gorleben festgehalten. Das mag unterschiedliche Gründe haben. Weiteres unter Der fatale Gorleben-Fehler
Durch diese Vorgeschichte haben insbesondere die Betroffenen vor Ort jegliches Vertrauen in die bisherigen Akteure verloren. Ein solch zerstörtes Vertrauen – so ist den Kommunikationswissenschaften zu entnehmen – kann nur in langjähriger Arbeit möglichst von neuen Akteuren wieder aufgebaut werden. Es müssen die Grundaufgabe der Öffentlichkeitsarbeit in den Vodergrund treten: rationales Überzeugen durch argumentative Auseinandersetzung.
Dies ist der wesentliche Knackpunkt bei der Endlagersuche. Wie kann Vertrauen in das Suchkonzept aufgebaut werden? Dazu gibt das SPD-Papier einen guten Hinweis (Seite 3, Punkt 13):
Dies setzt zu allererst eine intensive gesellschaftliche Diskussion und anschließende Festlegung des gesamten Verfahrens bis zum Bau des Endlagers und der im Verfahren anzuwendenden übergeordneten Kriterien voraus.
Ähnliches wurde auch auf einer Veranstaltung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen am 02.12.2011 mit dem Titel Wie wird der Schwarze Peter zum Held? geäußert.
Leider ist von einer solchen gesellschaftlichen Diskussion nichts zu spüren. Es herrscht eher Geheimdiplomatie. Siehe Endlagersuchgesetz im „transparenten Geheimverfahren“
Nach der Vorlage der SPD-Vorstellungen zur Endlagersuche stellt sich die Frage, wie es mit der Konzeptionierung bei Bündnis 90/Die Grünen aussieht? Was ist aus dem Papier Grüne Eckpunkte für eine bundesweite Endlagersuche geworden, was auf der oben genannten Veranstaltung als Entwurf verteilt wurde?