Bohrkernlager und geomechanisches Labor
Die 20. Sitzung des NBG fand am 18.09.2018 bei der BGR in Hannover statt. Bei der Besichtigung des Bohrkernlagers und des geomechanischen Labors wurde klar, dass zwar in Kooperation auch schon viel Forschungsarbeit in den Wirtsgesteinen Ton und Kristallin geleistet wurde, aber Salz in Deutschland immer noch am besten untersucht ist. Das liegt unter anderem auch daran, dass zum Beispiel Ton sich als recht komplex herausstellt.
Forschungsdefizit bei Ton und Kristallin und Diversität
Man kann also durchaus von Forschungsdefiziten bei Ton und Kristallin sprechen. Aus der Sicht von endlagerdialog.de spricht das dafür, geologische Barrieren zu kombinieren wie zum Beispiel Ton über Salz. Alle Forschungsdefizite aufzuarbeiten kostet viel Zeit und bezüglich Diversität wäre nichts gewonnen. Diversitäre Ansätze sind an mehreren Stellen zu finden: Ton über Kristallin (siehe unten, Golder Associates 2006, Seite 140/141), Salz über Kristallin (hier), Ton über Salz (Untertagedeponien für chemotoxische Abfälle).
Vereinbarung über Zusammenarbeit von BGE und BGR
Im weiteren Gespräch zwischen NBG und BGR ging es um die Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen BGE und BGR. Seitens des BGR wurde dargestellt, dass damit eine recht starke Bindung zur BGE besteht (BGR: eheähnlich). Der Wortlauf der Vereinbarung war bei dem Gespräch dem NBG nicht bekannt – siehe auch IFG-Anfrage-, wurde aber später vom neuen BGE-Geschäftsführer Kanitz verteilt. Die BGR steht im Standortauswahlverfahren nicht mehr als unabhängige Geologiefachbehörde zur Verfügung, nicht mehr als Peer Reviewer und damit Instrument des selbsthinterfragenden Systems – siehe Abschlussbericht S. 238 und 313.
Historische Chance zum Aufbau von Vertrauen verpasst
Dies wurde im weiteren Verlauf der Sitzung eindeutig dokumentiert. Von Herrn Töpfer wurde nachgefragt, wie die BGR mit einer Anfrage des NBG umgehen würde, die Salzstudie von 1995 um Gorleben zu ergänzen. Klaus Töpfer war auch der damalige Bundesumweltminister und hatte den Auftrag zur Erstellung der Studie erteilt. Damals wurde von der BGR verlangt, den Standort Gorleben in diese komparative Studie – entgegen jeder wissenschaftlichen Logik – nicht aufzunehmen. Die Antwort der BGR in der NBG-Sitzung war eindeutig: Sie würde sich mit der BGE abstimmen und das Ergebnis wäre wohl eine Ablehnung, da dies vor dem Hintergrund des jetzigen Suchprozesses als kontraproduktiv erachtet wird.
Ergänzung wäre ein Einfaches
Dabei wäre es ein Einfaches, aus der Unterlage Jaritz 1983 die Informationen zum Salzstock Gorleben heranzuziehen und die Tabelle 14 in der Salzstudie 1995 entsprechend zu ergänzen. Schon Jaritz kam beim Vergleich der Salzvorkommen allein in Niedersachsen zu dem Ergebnis, dass Gorleben nicht zu den mit hoher Priorität zu untersuchenden Salzstandorten zu zählen ist – siehe Tabelle 1. Seine Wahl fiel auf Vorhop, Wahn, Weesen-Lutterloh und Zwischenahn.
Der politisch-administrativer Filter und Unvermögen des NBG
Mit dieser Ablehnung der Ergänzung der Salzstudie wurde klar, dass von der BGR auch in Zukunft nicht mit unabhängiger wissenschaftlicher Expertise zu rechnen ist, sondern hier jeweils ein politisch-administrativer Filter vorgeschaltet wird. Auch das NBG erscheint in dieser Frage in schlechtem Licht. Schließlich stammt diese Anfrage schon vom April 2018 und der Umgang mit solchen Anfragen ist mehr als fraglich. In der Sitzung am 12.04.2018 wurde zwar die Notwendigkeit einer Regelung gesehen – siehe Bericht -, diese ist aber bis heute nicht bekannt. Die kritische Schärfe, die für ein Organ der kritischen Begleitung eines partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden und lernenden Verfahrens notwendig ist, kann das NBG nicht vorweisen.
Digitalisierung von Grundlagenstudien
Seitens der BGR wurde ausgeführt, dass sie bestrebt ist, relevante Studien digital verfügbar zu machen, dies aber bei älteren Studien noch in Arbeit sei. Dies kann man als interessierter Außenstehender nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. So steht zwar die Salzstudie zur Verfügung, aber nicht die darin benutzten Grundlagen wie
- BEST: „Bewertung von Salzformationen außerhalb Niedersachsens zur Errichtung von Endlagern“ (Best et al. BGR-Archiv-Nr. 92 433)
- JARITZ: „Eignung von Salzstöcken in Niedersachsen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle“ (Jaritz 1983, BGR-Archiv-Nr. 94 770)
- KRULL: „Bewertung der Salzformationen der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen für die Errichtung von Endlagern wärmeentwickelnder Abfälle“ (Krull, 1991, BGR/ABerlin-Archiv-Nr. 20 24 209).
Von endlagerdialog.de wurde für die Digitalisierung von KRULL 46,17 EUR verlangt, anstatt sich für den Hinweis zu bedanken, dass diese Unterlage wichtig für die Nachvollziehbarkeit der Salzstudie ist.
Intransparenz bei Studien zu Tiefenlagern
Weiterhin wurde vorgetragen, dass es eine Reihe von laufenden Projekten zu Tiefenlagern gibt, wie zum Beispiel
- Projekt „RESUS“, wo es um Sicherheitsbetrachtungen gehen soll,
- Projekt zur Lage der Kristallinoberfläche,
- Projekt zu Permafrosttiefen,
- Projekt zum Magmatismus/Vulkanismus,
- Projekt zu geotechnischen Barrieren Salzgruß/Bentonit,
- Projekt zu organischen Materialien in Wirtsgesteinen und
- Abschlussbericht von 2017 zu Projekt zu glazialen Rinnen in Süddeutschland.
Dies ist so öffentlich nicht bekannt. Die Projekte werden offensichtlich nicht ausgeschrieben wie beim BfE. Von Transparenz im Sinne des § 1 Abs. 2 des StandAG ist da nichts zu spüren. Auch die Vereinbarung zwischen BGE und BGR spricht zwar von Erstveröffentlichungsrecht (Punkt 5.4), aber an keiner Stelle von Veröffentlichungspflicht.
Geologiedatengesetz und die „Würde des Eigentums“
Zum Zugang zu den Daten von Bohrungen und Seismiken wurde bekannt, dass es in einem Geologiedatengesetz (bisher benannt als Geowissenschaftsdatengesetz) geregelt werden soll. Dazu plant das NBG Anfang nächsten Jahres eine öffentliche Anhörung. In diesem Zusammenhang sollte insbesondere die Studie Golder Associates GmbH.(2006). Entwicklung zuverlässiger Datengrundlagen und Auswertmethoden für die Endlagerstandortsuche – Vorhaben: SR 2487 (siehe IFG-Antrag, Studie kann von endlagerdialog.de zum persönlichen Gebrauch bezogen werden) berücksichtigt werden. Zumindest sind die Inhaber der Rechte Dritter anzuhören. Die Ausführungen waren im Wesentlichen geprägt von der Hoffnung, durch ein Gesetz den Zugang regeln zu können. Es ist zu befürchten, dass sich dies als eine Illusion herausstellt, denn in Deutschland hat sich eine besondere Würde des Eigentums herausgebildet.
Nichtsinnvolle Auseinandersetzungen
Die BGE berichtet von fehlenden Teufenangaben zu Risswerken aus Bayern und weiteren analogen Risswerken in den Papierarchiven, weiterhin über die Praxis des Landes Rheinland-Pfalz, Bohrpunkte nur mit 500x500m-Auflösung zur Verfügung zu stellen. Hier stellt sich die Frage, ob das alles sinnvoll ist, um Ausschlussgebiete da festzulegen, wo keinerlei Wirtsgesteinvorkommen anzutreffen ist. Dies war schon Gegenstand des ersten BGE-Fachworkshops, auf dem die BMU-Referatsleiterin einem sinnvollen Vorgehen zustimmte, dies aber von der BGE auf die angeblich eindeutige juristische Formulierung im StandAG beschränkt wurde. Die Referatsleiterin hat später in ein anderes Referat gewechselt, ihre Nachfolgerin verschwand nach kurzer Zeit von dieser Stelle.
Konzept Öffentlichkeitsbeteiligung des BfE
Das BfE berichtete kurz über das nichtöffentliche Hearing am 17.09.2018 zum Konzept Öffentlichkeitsbeteiligung. Das anhand der Anmerkungen aus dem Hearing und der öffentlichen Onlinekonsultation überarbeitet Konzept will das BfE auf der nächsten Sitzung des NBG vorstellen. Bis dahin wird auch das NBG eine Stellungnahme dazu erarbeiten. Da stellt sich doch spontan eine Frage?
Spitzengespräch BfE/NBG und Jugendprojekt
Berichtet wurde von einem Spitzengespräch beim Abendessen zwischen BfE (König, Albin) und NBG (Schreurs, Töpfer). Wesentlicher Inhalt war wohl die Verbesserung des Klimas zwischen BfE und NBG. Als praktisches Ergebnis bemüht man sich, in Zusammenarbeit von BfE und NBG ein Jugendprojekt zu veranstalten. Ob dabei die Erfahrungen aus dem bereits durchgeführten Projekten einfließen sollen, war den Ausführungen von Herrn Brunsmeier nicht eindeutig zu entnehmen.
Personalien bei der BGE
Herr Kanitz stellte sich als neuer Geschäftsführer der BGE vor. Er sprach auch die Aufarbeitung der Vergangenheit an, ohne hier konkret zu werden. Vielleicht sollte er mal hier klicken. In der BGE wurde über die Besetzung der ersten Leitungsebene entschieden, die BereichsleiterInnen wurden am 31. August 2018 benannt. Das Organigramm zeigt das noch nicht.
Die Inszenierung eines Kindergeburtstages
Als Geschenk brachte er den Wortlaut der Vereinbarung BGE/BGR mit – siehe oben. Das erinnerte stark an einen Kindergeburtstag. Als Antragsteller nach IFG (erste Anfrage, zweite Anfrage) fühlt man sich als Opfer einer Verzögerungstaktik, die allein dazu diente, einen Kindergeburtstag zu inszenieren. Das NBG wurde hingehalten und konnte sich vor der Sitzung die Unterlage nicht ansehen. Und eine konkret kritische Auseinandersetzung über dieses Papier ist durchaus angebracht, denn es zeigt neben Qualitätsmängeln die vollkommene Ignoranz für die Grundsätze des StandAG.
Die kritische Schärfe bleibt Alleinstellungsmerkmal der Bürgerinitiativen
Auch hier vermisst man beim NBG die kritische Schärfe, die für ein Organ der kritischen Begleitung eines partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden und lernenden Verfahrens notwendig ist. Es ist eher ein Debattierklub, und es ist zu befürchten, dass bei der Vergrößerung des Gremiums dieser Charakter noch zunimmt. Die Bürgerinitiativen sind gut beraten, ihre kritische Arbeit ohne Abstriche fortzusetzen.
Intransparenz bei Studien zu Tiefenlagern
Zu den im Beitrag aufgezählten sieben Projekten hat die BGR auf Anfrage jetzt Folgendes mitgeteilt:
1) Projekt „RESUS“, wo es um Sicherheitsbetrachtungen gehen soll
Bei dem BGE-Projekt RESUS handelt es sich um ein Vorhaben zur Grundlagenentwicklung zu den sicherheitsgerichteten Abwägungen und den repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen, bei dem auch die BGR mitarbeitet. Siehe:
https://www.bge.de/fileadmin/user_upload/Standortsuche/Wesentliche_Unterlagen/Berichte/2018_08_31_5_Statusbericht_der_BGE.pdf
Die Leistungsbeschreibung der BGE liegt der BGR vor. Sobald das BGR-Arbeitspaket von der BGE übertragen ist, werden wir eine Projektbeschreibung auf der BGR-Homepage veröffentlichen. Bis dahin bitten wir Sie, sich an die BGE für weitere Informationen zu wenden.
2) Projekt zur Lage der Kristallinoberfläche
Das Projekt „Kristallinoberfläche“ ist ein BGR-eigenes F+E Projekt. Ziel des Projektes ist die Erarbeitung strukturgeologischer Grundlagen zur Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Formationen für das Modul Kristallinoberfläche. Hinsichtlich des Wirtsgesteins Kristallin ist der Kenntnisstand zu Vorkommen und Tiefenlage von Kristallingesteinen sowohl anstehender bzw. oberflächennaher als auch tiefliegender Vorkommen in Deutschland darzustellen. Darauf aufbauend wird ein Modell zur Tiefenlage der Kristallinoberfläche (unter Geländeoberkante) in Deutschland erarbeitet. In den Darstellungen werden die im Standortauswahlgesetz (StandAG) vorgegebenen Mindestanforderungen (z. B. Mächtigkeit und minimale Tiefe des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs, maximale Tiefe des Einlagerungsbereichs und Fläche des Endlagers) Berücksichtigung finden. Diese Arbeiten sind Grundlage und Voraussetzung für die deutschlandweite Konstruktion von Niveauschnittkarten.
Die Erarbeitung erfolgt auf Grundlage der bei der BGR vorliegenden Daten und baut im Wesentlichen auf der Studie von Reinhold (2005) auf. Davon ausgehend wird insbesondere auf Erkenntniszuwächse bei den Staatlichen Geologischen Diensten (u. a. 3D-Modelle) gegenüber dem in dieser Studie dargestellten Sachstand eingegangen, sofern diese Daten der BGR zur Verfügung stehen.
Die Veröffentlichung der Projektbeschreibung auf der BGR-Homepage ist noch in Vorbereitung.
3) Projekt zu Permafrosttiefe
Bei dem Projekt „Permafrosttiefe“ handelt es sich ebenfalls um ein BGR-eigenes F+E Projekt. Eine Projektbeschreibung finden Sie hier:
https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Endlagerung/Projekte/Langzeitsicherheit/laufend/Permafrostprognose.html?nn=1548518
4) neues Projekt zu Magmatismus/Vulkanismus
Bei dem Projekt „Magmatismus“ handelt es sich um ein BGR-eigenes F+E Projekt, das gerade in der Vorbereitung ist und 2019 beginnen soll. Eine Zusammenarbeit mit externen Forschungseinrichtungen ist geplant. Ziel dieses Projektes ist es, Kriterien zur Abschätzung des Risikos zukünftig zu erwartender vulkanischer Aktivität in Deutschland anhand geologischer, petrologischer und geodynamischer Indikatoren neu zu entwickeln.
5) Projekt zu geotechnischen Barrieren Salzgruß/Bentonit
Die BGR forscht bereits seit vielen Jahren zu den geotechnischen Barrieren Salzgruß/Bentonit. Aktuelle Projekte finden Sie hier:
Bentonit:
https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Endlagerung/Projekte/Endlagerforschung/laufend/BEACON.html?nn=1548518
https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Endlagerung/Projekte/Endlagerforschung/laufend/Large_Scale_Gas_Injection_Test_LASGIT.html?nn=1548518
https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/GG_Mineral/Projekte/laufend/Smektit_Alteration/smektit_alteration.html?nn=1549538
Salzgrus:
https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Endlagerung/Projekte/Endlagerforschung/laufend/Kompaktio_Permeabilitaet_Salzgrus/kompaktion_salzgrus.html?nn=1548518
6) Projekt zu organischen Materialien in Wirtsgesteinen
Eine Beschreibung des Projektes finden Sie auf den Seiten 44 und 45 im BGR Report 2018:
https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/Taetigkeitsberichte/Report2018.pdf?__blob=publicationFile&v=5
7) Abschlussbericht von 2017 zu Projekt zu glazialen Rinnen in Süddeutschland
Eine Beschreibung des Projektes finden Sie auf den Seiten 40 und 41 im BGR Report 2018:
https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/Taetigkeitsberichte/Report2018.pdf?__blob=publicationFile&v=5
Die Berichte zu diesem Projekt sind
· Weitkamp, A. & Bebiolka, A. (2017): Pleistozäne übertiefe Strukturen und ihre Bedeutung für die Langzeitsicherheit möglicher Endlagerstandorte in Süddeutschland – Subglaziale Rinnen – Darstellung und Bewertung des Kenntnisstandes, Geschz.: B3.4/B50112-44/2016-0004/002, BGR, Hannover.
· Reinhardt, S., Bebiolka, A. & Weitkamp, A. (2017): Pleistozäne übertiefe Strukturen und ihre Bedeutung für die Langzeitsicherheit möglicher Endlagerstandorte in Süddeutschland – Pleistozäne übertiefe Strukturen in Süddeutschland, Geschz.: B3.4/B50112-44/2016-0004/001, BGR, Hannover.
endlagerdialog.de geht davon aus, dass weitere Einzelheiten zu diesen und weiteren Projekten bei anderen Projektträgern auf der Statuskonferenz zum Stand der Endlagerung des BfE am 8./9. November mitgeteilt werden. Mittelfristig sollte das BfE eine Datenbank zu den laufenden Tieflagerforschungsprojekten zur Verfügung stellen oder in bestehende Datenbanken wie EnArgus und Förderkatalog des Bundes systematisch einpflegen.