Das Vertrauenspostulat
Vom BMU wird in der Endlagerfrage des Öfteren die Formulierung benutzt, man solle doch Vertrauen haben. So zum Beispiel geschehen auf der Tagung am 28./29.03.2014 – siehe Beitrag Bundesumweltministerium hat kein Interesse an Teilnahme der Umweltverbände:
Appelle statt Argumente
Argumentation war nicht die Stärke des BMUB, obwohl das zum Wesen einer redlichen Auseinandersetzung gehört. Stattdessen wurde mehrfach an die anwesenden Umweltverbände und BIs appelliert, doch endlich Vertrauen zu haben. Schließlich sei ja die Klage gegen Aufhebung des Rahmenbetriebsplans zurückgenommen worden.
Seit dieser Zeit ist viel geschehen. Das BMU hat jedoch nie Anlass dazu gegeben, dass Vertrauen aufgebaut wurde.
Größtmögliche Polarisierung statt Vertrauen
Auch die nachgeordnete Behörde, das BfE, bemüht sich zurzeit darum, eine möglichst große Polarisierung in die Endlagerfrage hineinzutragen – siehe dazu auch den Artikel Alles wie früher ? – Die Verhaltensmuster in der „neuen Endlagersuche” ähneln der der „alten” in der Gorleben Rundschau IV-VI/2019, Seite 22f.
Vertrauen durch selbsthinterfragendes System
Vertrauen sollte zum Beispiel dadurch aufgebaut werden, dass nach § 1 Abs. 2 StandAG ein selbsthinterfragendes und lernendes Verfahren durchgeführt wird. Damit sollten die Vorschläge der Endlagerkommission umgesetzt werden – siehe Abschlussbericht B 6.4 (Seiten 235 bis 239). Zitiert seien zwei Punkte aus dem Fazit auf Seite 238:
– Einwicklung [Entwicklung] und Pflege einer Kultur der Offenheit, die nicht von dem Ziel geprägt ist, als geschlossene Einheit aufzutreten, und die die Ausbildung einer „Wagenburgmentalität“ verhindert.
– Förderung der individuellen Fähigkeiten und der individuellen Bereitschaft zu einem reflektierenden Verhalten und zur Offenheit für andere Meinungen bei allen beteiligten Personen.
Räumung der BfE-Stelle Abteilungsleitung FA
Die gerichtliche Auseinandersetzung um die Räumung der BfE-Stelle Abteilungsleitung FA – Aufgabenbezogene Forschung, berg‐, wasser‐ und atomrechtliche Verfahren ließ in diesem Zusammenhang aufhorchen. Deshalb wurde das öffentliche Gerichtsverfahren von endlagerdialog.de verfolgt und diverse Anträge nach IFG gestellt – Besetzung und Räumung der Stelle Abteilungsleitung FA beim BfE.
Ablehnung von IFG-Anträgen
Diese wurden im Wesentlichen mit folgender Begründung abgelehnt:
Die von Ihnen beantragten Auskünfte stehen unmittelbar mit dem Dienstverhältnis des Abteilungsleiters FA in Zusammenhang und betreffen damit das Beschäftigungsverhältnis eines öffentlich Bediensteten.
Selbst die Übermittlung einer Liste aller Schriftstücke wurde abgelehnt:
…besteht nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 IFG kein Anspruch auf Zugang zu diesen Informationen.
Es ist eine generelle Pflicht des BMU sowie sämtlicher Behörden zum Schutz personenbezogener Daten festzustellen. Wie sich aus § 5 Abs. 2 IFG ergibt, überwiegt das Informationsinteresse des Antragstellers nie, wenn es um die beantragte Herausgabe personenbezogener Daten aus einem Dienst- oder Amtsverhältnis geht….
Widerspruch wegen Formalität abgelehnt
Entsprechende Widersprüche wurden ebenfalls abgelehnt, jedoch diesmal nicht inhaltlich, sondern formal:
…Ihr per einfacher E-Mail eingelegter Widerspruch wahrt nicht das Schriftformerfordernis für Widersprüche nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO….
So wird man also vertrauensvoll vom BMU mit Formalia ausgetrickst. Hätte endlagerdialog.de seine Widersprüche nicht über FragdenStaat.de – hier bezeichnet als per einfacher E-Mail -, sondern per Fax geschickt, hätte sich das BMU vertrauensvoll eine andere Begründung überlegen müssen.
Liste doch übermittelt
Interessant ist dann jedoch, dass eine Liste über Schriftstücke übermittelt wurde – siehe Anlage 2 in Bescheid vom 30.04.2019, Seite 10:
Auflistung des übrigen Schriftverkehrs – Anlage 2
1. Schreiben BMU an BfE vom 16.07.2018: Zustimmung zur erneuten Vakanz und Bitte um Umsetzung in eigener Zuständigkeit
2. Schreiben BfE an BMU vom 10.08.2018: Vollzugsmeldung
Liste aber offensichtlich unvollständig
Das BMU nimmt Anfragen auf der Grundlage des IFG offensichtlich nicht ernst. Hier wird eine Liste geliefert, die offensichtlich unvollständig ist. In der List fehlt das Schreiben des BfE an das BMU, zu der am 16.07.2018 die Zustimmung gegeben worden ist. Oder ging das auf einen Zuruf auf dem Golfplatz zurück und bedurfte keiner Schriftform? Die Bananenrepublik lässt grüßen!
Fazit
Auf jeden Fall ist Vertrauen hier fehl am Platze. Und eine Endlagerstandortsuche ohne Vertrauen ist schlechterdings nicht vorstellbar.