ERAM: Probleme mit den Abdichtungen

Vor einem Jahr

Vor einem Jahr wurde auf dem Erörterungstermin klar, dass die Qualität der Abdichtungen, wie sie vom BfS in den Modellrechnungen angesetzt wird, nicht oder noch nicht erreicht wird. Insbesondere der gescheiterte in situ-Versuch zur Anhydrit-Abdichtung machte das deutlich. Damals wurde vom BfS zugesichert

Wir werden den Bericht über den Versuch in Bleicherode veröffentlichen, sobald er vorliegt (Wortprotokoll S. 3-10).

Doch der Bericht ist immer noch nicht zu finden. Es fällt wohl schwer, einen Bericht zu einem gescheiterten Versuch vorzulegen. Da wartet man offensichtlich so lange, bis der Versuch irgendwann mal gelingt.

Akteneinsicht

An dieser Stelle hilft Akteneinsicht weiter. Sehr aufschlussreich ist dazu die Unterlage IHU GmbH.(2011). „Verfüllen und Verschließen von Strecken“, Teil 2 – Sachstandsbericht 2011 (Auszug). Darin werden neben den Modellrechnungen zur Standsicherheit, Dichtheit und Gebrauchstauglichkeit der Abdichtungen auch die beiden in situ-Versuche kritisch beleuchtet:

  • in situ-Versuch für Abdichtung im Steinsalz einschließlich nachfolgender Injektion zur Abdichtung der Kontaktfläche (S. 164-175)
  • in situ-Versuch für Abdichtungen im Hauptanhydrit (S. 175-178)

BfS wollte Qualität gar nicht prüfen

Vom BfS war ursprünglich vorgesehen, lediglich ein Verschlussbauwerk versuchsweise zu erstellen und dabei nur zu prüfen, ob die vorgesehen Schritte zur Erstellung der Abdichtung wie geplant praktisch durchgeführt werden können. Die Genehmigungsbehörde verlangte – gestützt auf ihre Gutachter – , dass Abdichtbauwerke sowohl in Steinsalz und im Hauptanhydrit versuchsweise erstellt und auf ihre Funktionen wenigstens für einen kurzen Zeitraum nach Erstellung geprüft werden.

Probleme im Salz

Nach der Erstellung der Abdichtung im Steinsalz zeigten sich unerwartet Risse im Bauwerk, noch bevor die Injektion durchgeführt wurde. An diesen Rissen trat bei der Injektion mehre Wochen später Injektionsmittel aus. Weiterhin hat man mit etwa 400 Liter Injektionsvolumen gerechnet, es war aber in der Realität das Dreifache.

Probleme im Anhydrit

Beim in situ-Versuch im Anhydrit in Bleicherode baute sich wider Erwarten kein dauerhafter Quelldruck auf. Über dieses negative Ergebnis informierte das BfS die Genehmigungsbehörde erstmals im September 2010, Einzelheiten wurden  im April 2011 mitgeteilt. Auf Nachfrage der Genehmigungsbehörde versicherte das BfS, trotz der negativen Ergebnisse die Genehmigungsunterlagen bis Ende 2012 zu erstellen.

Fachgespräch Abdichtung im Februar 2012

Im Februar 2012 fand ein Fachgespräch Abdichtungen statt (Entwurf des Protokolls). Auf Seite 7 ist zum in situ-Versuch in Bleicherode zu lesen:

BfS führt aus, dass die Ursachenanalyse für das Fehlen des erwarteten Quelldruckaufbaus inzwischen weitgehend abgeschlossen und eine Gesamtbewertung und Entscheidung zur Wiederholung des In-situ-Versuchs mit Sorelbeton oder/und alternativer Konzeption mit Salzbeton für das I. Quartal 2012 avisiert ist.

Und in der Präsentation in der Anlage zum Protokoll gibt es weitere aufschlussreiche Stellen zum zeitlichen Fortgang:

Parallele Vorbereitung eines Versuchsstandort im ERAM – Die Auffahrung einer Versuchsstrecke soll im 1. Quartal 2012 begonnen und im 2. Quartal 2012 abgeschlossen werden (zz. Erstellung der Genehmigungsunterlagen).

Ermittlung der Unterschiede zwischen Technikums- und in situ-Versuch (1)…..
Zusammenfassung (Entwurf Abschlussbericht von K-UTEC vom 16.12.11 ist zz. im BfS-internen Prüf- und Freigabeverfahren)

Offensichtlich ist der Abschlussbericht vom Dezember 2011 immer noch nicht freigegeben. Bezüglich der Ursachenermittlung steht dort

Eine alleinige Ursache für das Ausbleiben eines dauerhaften Quelldruckaufbaus im Großversuch wird weiterhin als unwahrscheinlich eingeschätzt!

Eine einfache Ursache ist also nicht gefunden. Damit stehen noch weitere Forschungsarbeiten an, um zuverlässig Abdichtungen im Anhydrit herzustellen, die den in den Sicherheitsbetrachtungen theoretisch gesetzten Qualitätsansprüchen genügt.

Zu dem in situ-Versuch im Salz findet sich im Protokoll auf Seite 9 folgende Aussage:

….Der „Horizontalriss“ lässt sich bis zur Bohrendtiefe von 2 m mit nahezu horizontalem (nicht der Neigung des Hüllrohrs folgendem) Verlauf verfolgen. In Anbetracht der noch beabsichtigten Bauwerkserprobung wurde die Risserkundungsbohrung zunächst auf 2 m Bohrlänge begrenzt. Numerische Berechnungen zur Ursachenfindung lassen einen Einfluss des Hüllrohrs sowie der Schalung der Ortsbrust erkennen, als Ursache sind diese jedoch nicht ausreichend. Die Ursachensuche wird daher fortgesetzt.

Offensichtlich ist auch hier noch einiges an Forschungsarbeiten zu leisten.

Das Nordfeld aus anderer Blickrichtung

Auf Seite 8 des Protokolls kann gelesen werden:

Im Weiteren wird die 11-stufige Struktur der Nachweisführung der Streckenabdichtungen kurz erläutert. Diese entspricht weitgehend dem Entwurf, welcher im Fachgespräch am 12.4.2011 bereits vorgestellt wurde. Mit Verweis auf die einleitend erläuterte Entwicklung des Stilllegungskonzepts und unvermeidbare Unsicherheiten der Nachweisführung verteidigt BfS seinen Ansatz, auch solche technischen Maßnahmen zu planen und optimiert umzusetzen, deren Nachweis insbesondere bzgl. der Langzeitsicherheit nicht hinreichend belastbar gelingt.

Das ist schon verwunderlich, da das BfS im Fall des Nordfeldes Abdichtungsmaßnahmen ablehnt, da diese zwar erstellt werden können, aber deren Wirkungsnachweis insbesondere bzgl. der Langzeitsicherheit nicht hinreichend belastbar gelingt.

Firmen-PR des BfS

Wenn man die Informationen des BfS im Internet zu den Abdichtungen liest, hört sich alles etwas anders an. Das ist eine positive Darstellung, wie es in der Firmen-PR üblich ist. Das ist aber keine Öffentlichkeitsarbeit für BürgerInnen, wie sie von einer wissenschaftlich-technischen Oberbehörde zu erwartet ist. Siehe auch Mehnert, Vergleichende Analyse der Öffentlichkeitsarbeit der drei Bundesämter im Geschäftsbereich des Bundesumweltministeriums.

Anmerkung

Folgende Anlagen zum Protokoll können per Email zu privaten Zwecken zur Verfügung gestellt werden:

  • Anlage 6: Abdichtbauwerk im Anhydrit
  • Anlage 7: Zusammenfassende Darstellung der Nachweisführung zu den Streckenabdichtungen
  • Anlage 8a: Fortgeschriebener Bericht zum in situ-Versuch “Abdichtbauwerk im Steinsalz”
  • Anlage 8b: Bericht zu den Geotechnischen Messungen zum in situ-Versuch “Abdichtbauwerk im Steinsalz”

4 Gedanken zu „ERAM: Probleme mit den Abdichtungen

  1. Aktuelle Fragen zum Endlager Morsleben?
    Am 06.11.2012 werden EinwenderInnen und Sachbeistände, die sich angemeldet haben, das ERAM besuchen. Wir wollen dem Betreiber, Betriebsführer und der Genehmigungsbehörde in gewissen Abständen auf die Finger schauen. Dabei besteht die Gelegenheit, bestimmte Betriebsteile – wie den in situ-Versuch zur Abdichtung im Steinsalz – in Augenschein zu nehmen und Fragen zu stellen. Wem also noch Fragen auf den Nägeln brennen, kann sie an endlagerdialog.de senden.

    Per Email oder per Kommentar!

  2. Auf Dauer nicht zu beneiden, aber Regelmäßigkeit in nicht zu langen Abständen wäre prima.
    Mich würde die Kostenseite interessieren (laufende Abrechnung bislang) und eine ungefähre Kostenprognose für den Fall der Realisierung, um mit der Rückholung und oberirdischer Lagerung gegenrechnen zu können, die baulich kontrollierter + reversibler erscheint.
    Jede bergbauliche Variante steht schon wegen mutmaßlichen Bauzeitdauer im Verdacht unzumutbarer Kostengrößen. Die finanzielle Seite ist doch leider kaum weniger wichtig als die wissenschaftliche Prognose, ob sich beim gegenwärtigen Stand der Technik überhaupt in jederlei Hinsicht „dichte“ und druckfeste Bauwerke im „Salzberg“ errichten lassen.
    Nebenbei: Auch der Abriss von AKWs müsste mit vorläufiger Versiegelung gegengerechnet werden, „erhalten als Baudenkmale“, sonst fährt man am Ende den Strahlenschutt bloß hin und her und hat davon mit wiederholter Neuverpackung jedes Mal mehr.

  3. Vielleicht im Begehungsbereich ein paar eigene Messungen ortsprotokolliert durchführen, Temperaturdifferenz, Feuchtedifferenz von Luft, Wänden, Böden und „Wärmeleistung“ des Atommülls. Vielleicht mit Infrarot-Thermometer (70€) für die einfache Oberflächenmessung aus der Distanz, zweipoligem Materialfeuchtemessgerät (60€), schnellem Luftfeuchte-Thermometer (30€). Oder beim nächsten Mal.

    Mit freundlichen Grüßen aus Pankow

  4. Bericht über den Versuch in Bleicherode

    Nun gibt es Hinweise, dass der Bericht über den Versuch in Bleicherode endlich vorliegt. Deshalb wurde eine Anfrage nach IFG gestellt, siehe FragdenStaat.de.

    Zitiert sei noch einmal das Wortprotokoll vom Erörterungstermin:

    Wir werden den Bericht über den Versuch in Bleicherode veröffentlichen, sobald er vorliegt (Wortprotokoll S. 3-10).

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