Zweites Statusseminar 1977
Im Jahr 1977 wurde auf dem Zweiten Statusseminar Wiederaufarbeitung und Abfallbehandlung von F. Perzl (Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung) ein interessanter Vortrag mit dem Titel Tieflagerung radioaktiver Abfälle im Salz – Erreichtes und Geplantes – gehalten (hier Seite 92-112).
Darin entwickelte er das Konzept von drei Sicherheitsbarrieren bei einem Endlager im Salz.
Erste Barriere
Die erste Sicherheitsbarriere besteht aus dem verfestigten radioaktiven Abfall. Der radioaktive Stoff ist in Stahlbehältern mit Bindemitteln (z. B. Bitumen, Zement, Glas) fixiert. Teilweise liegen die radioaktiven Stoffe in einer Form vor, die in den betrachteten Zeiträumen als fast unlöslich bezeichnet werden können (z. B. Aktivierungsprodukte). Die Fixierung bei hochaktiven Abfällen in Gläsern ist so gut, daß nur ein geringer Bruchteil bis zum Zerfall der Masse der Spaltprodukte überhaupt in Wasser bzw. Salzlauge gelöst werden kann.
Zweite Barriere
Die zweite Sicherheitsbarriere besteht aus dem einige hundert Meter dichten Salzgestein. Am Ende der Einlagerung werden alle Hohlräume mit Salz oder einem anderen Versatzstoff gefüllt, um einen Zustand des Gebirges wieder herzustellen, der möglichst dem ursprünglich vorhandenen nahe kommt. Auch alle Zugänge zu den radioaktiven Abfällen, wie Strecken, Schächte, Bohrungen, usw., werden verfüllt. Der Salzstock selbst wird von wasserundurchlässigen Schichten abgedichtet; diese bilden die äußere Schutzhülle gegenüber den Deckgebirgsschichten.
Dritte Barriere
Die dritte Sicherheitsbarriere bilden einige hundert Meter Deckgebirgsschichten zwischen dem Salzstock und der Erdoberfläche. Falls radioaktive Stoffe tatsächlich aus dem Salzgestein in die Deckgebirgsschichten gelangen sollten, müßten diese dort noch einige hundert Meter Deckgebirgsschichten überwinden, um an die Erdoberfläche zu gelangen. Zwischen den verschiedenen Tiefenwasserschichten findet nur ein sehr geringer Austausch statt, da keine nach oben gerichtete Strömung vorhanden ist. In den Gesteinsschichten kann man außerdem mit einer Adsorption der radioaktiven Stoffe rechnen, da die Gesteine ähnlich wie ein Filter wirken, von dem die radioaktiven Stoffe festgehalten und nur sehr langsam wieder freigegeben werden.
Die Gorleben-Frage 2012
Es wird also von zwei notwendigen geologischen Barrieren ausgegangen. Nach diesen Vorstellungen aus dem Jahr 1977 wäre wohl der Salzstock Gorleben nicht für ein Endlager geeignet. Hier ist die dritte Sicherheitsbarriere nach den heutigen Erkundungsergebnissen nicht durchgängig vorhanden. Zusätzlich fehlen an einigen Stellen die wasserundurchlässigen Schichten über dem Salzstock; diese bilden die äußere Schutzhülle gegenüber den Deckgebirgsschichten.
Es stellt sich die Frage, warum das Bundesamt für Strahlenschutz im Jahr 2012 auf der Veranstaltung in Loccum trotzdem dafür plädiert, Gorleben mit in die vergleichende Endlagersuche aufzunehmen?