Eignungs- und Lösungshöffigkeit
So wie früher von der „Eignungshöffigkeit“ des Salzstocks Gorleben gesprochen wurde, gibt es einige vage Hinweise, dass das Endlagerproblem „lösungshöffig“ ist – und das selbst nach 36 Jahren Missachtung der Wissenschaftsmethodik und der betroffenen BürgerInnen.
Wo?
Wo gibt es die zarten Anzeichen der Hoffnung auf die Lösung des Problems der langfristigen Lagerung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland? Sie finden sich nicht in den seit dem 11.11.2011 laufenden Verhandlungen insbesondere der Parteispitzen zu einem Endlagersuchgesetz. Sie finden sich nicht auf staatlicher Seite. Sie werden sogar von diesem Staat auch in keiner Weise beachtet, sondern vollständig ignoriert. Offensichtlich ist die Arroganz des Staates eine tragende Figur in der Endlagerfrage. Im Folgenden sollen drei Anzeichen genannt werden.
Gäbe es eine vernünftige Standortsuche…
Ein Anzeichen findet sich in dem interessanten Artikel von Frank Drieschner in der ZEIT vom 14.02.2012. Dort heißt es:
Müller ist der Mann mit dem gelben X im Keller; als Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion im Gemeinderat hat er eine Resolution formuliert, die nahezu einstimmig beschlossen wurde. „Der Rat der Gemeinde Amt Neuhaus verwahrt sich gegen eine Einbeziehung des Salzstocks Gülze-Sumte in eine politische öffentliche Diskussion über ein atomares Endlager.“
Jenseits der Elbe liegt Gorleben , Müller hat den Konflikt verfolgt und hält die Atompolitik insgesamt für ein schmutziges Geschäft. Gäbe es eine vernünftige Standortsuche, sagt er, mit einer offenen, transparenten, wissenschaftlich begründeten Abwägung der unterschiedlichen Standorte, könne man den Neuhauser Salzstock gern miteinbeziehen. Aber das ist für ihn eine rein theoretische Erwägung: „Ich habe überhaupt gar keinen Grund, anzunehmen, dass es ein solches Suchverfahren geben wird.“
Es gilt also, eine offene, transparente, wissenschaftlich begründete Abwägung der unterschiedlichen Standorte zu starten.
Gartower Vorschlag
Der zweite Hoffnungsschimmer war der Gartower Vorschlag eines Kompromisses in der Endlagersuche auch unter Einbeziehung von Gorleben. Die Adressaten dieses vor einem knappen Jahr verfassten Offenen Briefes waren
- Herr Umweltminister Röttgen,
- Frau Ministerin Evelin Lemke,
- Herr Minister Untersteller,
- Herr König (BfS),
- Herr Bundestagsabgeordneter Trittin und
- Herrn Sigmar Gabriel,MdB,
ohne dass sich irgendein Aspekt in den Entwürfen des Endlagersuchgesetzes wiederfindet. Offensichtlich ist die Arroganz des Staates und der Parteien grenzenlos.
.ausgestrahlt
Das dritte Anzeichen wurde auf der Tagung in Loccum und der Veranstaltung der Grünen – beide im Juni 2012 – deutlich. Siehe dazu der Beitrag Endlagersuchgesetz: Die Zivilgesellschaft mischt sich ein. An dieser Stelle sollen die wesentlichen Passagen wiederholt werden, die in .ausgestrahlt veröffentlicht wurden. Folgende vier Hinweise wurden vorgetragen:
- Nur wenn Misstrauen in Vertrauen gewandelt werden kann, wird der Prozess gelingen.
- Diejenigen, die misstrauen, sind die ExpertenInnen dafür, wie sich Vertrauen herstellen lässt, denn sie wissen, was sie brauchen, um vertrauen zu können.
- Es liegt in den Händen derer, die derzeit in den Bund-Länder-Gesprächen über die Atommüll-Frage verhandeln, ob die Endlagersuche in Zukunft mit oder gegen die Anti-Atom-Bewegung, mit oder gegen die betroffene Bevölkerung organisiert wird.
- Nur ein Ansatz, der ernsthaft versucht, aus der betroffenen Region ein „Ja“ zu bekommen, hat am Ende auch eine Chance, dass der Konflikt nicht eskaliert und dass das Verfahren nicht scheitert.
Als Voraussetzungen wurden folgende sieben Punkte aufgelistet:
- Bevor in einem Gesetz das Verfahren festgelegt wird, muss in einer ausführlichen aber ergebnisorientierten gesellschaftlichen Debatte Einigung über die wesentlichen Bestandteile dieses Verfahrens erzielt werden.
- Der vorgeschaltete gesellschaftliche Prozess und das Verfahren selbst müssen von Akteuren organisiert und moderiert werden, die auf allen Seiten Vertrauen genießen.
- Den Betroffenen gegenüber braucht es die klare Aussage: „Ja, Ihr geht ein Risiko für Euch und Eure Nachkommen ein. Das Ganze ist nicht hundertprozentig sicher.“
- Es braucht eine weitgehende Garantie dafür, dass mit Fortschritten bei der Endlagersuche keine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken begründet wird.
- Die Fehler der Vergangenheit müssen eingestanden und aufgearbeitet werden.
- Die Standortregionen müssen mitbestimmen können.
- Gorleben kann nur dann im Verfahren bleiben, wenn die Menschen in der Region um Gorleben dem zustimmen.
Die ingnorierende Arroganz des Staates
Es gibt also einige vage Hinweise auf die „Lösungshöffigkeit“ des Endlagerproblems. Dahinter steckt viel Diskussionsarbeit und Abwägungsleistung. Die Hinweise werden jedoch nicht wahrgenommen. Offensichtlich hat keine zurzeit zuständige Institution Interesse an einer Entwicklung hin zu einem Konsens. Die Schwierigkeiten liegen klar bei den Akteuren. Die bisherigen stattlichen Institutionen wie BMU, BfS und BGR können nicht die Akteure sein. Diese haben in den letzten 36 Jahren ihren Ruf gründlich ruiniert.
WANTED
Wo finden sich vertrauenswürdige Institutionen mit Verankerung in der Gesellschaft, die ein Interesse am Lösungsprozess der Endlagerfrage haben? Er könnte spannend werden und die Gesellschaft vorwärts bringen.
endlagerdialog.de würde diesen Prozess gern begleiten!