Zeitschrift Technikfolgenabschätzung
Das Heft 3/2012 der Zeitschrift Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis behandelt Endlagermonitoring als Schwerpunktthema. Im einleitenden Artikel Gewährleistung von Transparenz bei der Entsorgung nuklearer Abfälle: Monitoring als soziale Innovation steht auf Seite 7 folgende Aussage:
Auf die Vorteile und Probleme wird in diesem Schwerpunkt näher eingegangen. Wissenschaftler, Vertreter von Regulierungsbehörden und der Industrie kommen darin zu Wort und schildern aus ihrer Sicht, was Monitoring für sie bedeutet, welche Dilemmata und Probleme es gibt und welche Rolle Monitoring bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle spielen kann.
Nur eine Behörde vertreten
Geht man die AutorInnen der Einzelartikel durch, so entdeckt man aber keine VertreterIn einer Regulierungsbehörde. Als einzige Behörde ist das Bundesamt für Strahlenschutz vertreten – siehe Artikel zum Monitoring der Asse II – und das BfS ist nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 Atomgesetz Errichter und Betreiber der Endlager.
Regulierungsbehörden der Endlager in Deutschland
Regulierungsbehörden sind die Behörden in den Bundesländern, in denen die entsprechenden Anlagen stehen. Für Asse II ist also das niedersächsische Umweltministerium die Regulierungsbehörde.
Endlagerüberwachung als Eigenüberwachung
Nun gibt es eine Endlagerüberwachung, die ebenfalls beim BfS angesiedelt ist. Darüber verbreitet das BfS folgende Meinung:
Die Endlagerüberwachung im BfS ist eine eigenständige Organisationseinheit des BfS, die eine interne Überwachungstätigkeit in Bezug auf die Endlager Schacht Konrad, Morsleben und Asse wahrnimmt. Eine atomrechtliche Aufsicht entsprechend § 19 Atomgesetz gibt es bei Anlagen des Bundes zur Endlagerung radioaktiver Abfälle nicht und eine solche wird auch nicht durch die Endlagerüberwachung des BfS wahrgenommen. Das BMU übt eine umfassende Rechts- und Fachaufsicht über das BfS aus.
Diese sog. Endlagerüberwachung kann als Teil einer Regulierungsbehörde angesehen werden. Die AutorInnen des oben genannten Artikels sind laut Organigramm aber nicht in der Endlagerüberwachung des BfS angesiedelt.
Konfuse Rollenaufteilung in Deutschland
Insgesamt ergibt sich bei der Rollenaufteilung Endlagerbetreiber und Endlagerregulierer in Deutschland ein konfuses Bild. An dem soll trotz Auflage durch die EURATOM-Richtlinie vom 19. Juli 2011 in Zukunft auch nichts geändert werden. Der Entwurf zur Anpassung des Atomgesetzes an diese Richtlinie enthält dazu keinen Hinweis.
Diese konfuse Rollenverteilung wurde beim Erörterungstermin zum Endlager Morsleben täglich problematisiert – siehe Wortprotokoll.
Formaljuristisch tragbar, aber intransparent
Man schließt sich offenbar der Meinung von Frau Keienburg an, die auf dem sogenannten Endlager-Symposium 2012 die folgende Rechtsauffassung vertrat?
Schließlich ist es nach der Rechtsprechung des BVerwG “sogar” zulässig, wenn Vorhabenträger und Zulassungsbehörde identisch sind. [36] Eine Identität von Vorhabenträger und Aufsicht ist im Falle einer behördlichen Aufgabenwahrnehmung nicht nur zulässig, sondern üblich. Unabhängig davon ist die erforderliche organisatorische Trennung auch bereits derzeit gewährleistet.
Formaljuristisch mag das tragbar sein, der Transparenz und dem Vertrauen ist es jedoch keinesfalls dienlich. Wenn selbst sich mit der Endlagerung befassende Wissenschaftler in diese Falle laufen, ist Deutschland gut beraten, bei dieser Rollenverteilung endlich Klarheit zu schaffen.
Die sogenannte unabhängige Messstelle
Noch verwirrender wird Situation dadurch, dass kerntechnische Anlagen nicht nur der Eigenüberwachung unterliegen, sondern eine unabhängige Messstelle Kontrollmessungen durchführt.
Dies gilt grundsätzlich auch für Endlager als kerntechnische Anlagen. So teilte das BfS beim Erörterungstermin zum Endlager Morsleben mit:
Soweit ist die Welt durchaus in Ordnung: Der Endlagerbetreiber wird kontrolliert! Doch beim Nachhaken stellt sich Folgendes heraus:
Das heißt in diesem Falle, dass die unabhängige Messstelle die Bezeichnung „unabhängig“ zu Unrecht trägt. Diese Konstruktion wird sogar durch die entsprechende Richtlinie gestärkt. Der oben teilweise zitierte Punkt 2.5 setzt folgendermaßen fort:
Fazit: Bei Endlagern ist die Kontrollmessung durch unabhängige Messstellen reine Schaumschlägerei. Hier herrscht die pure Intransparenz. Solch ein Endlagermonitoring ist reines Scheinmonitoring. Dies wird im oben genannten BfS-Artikel nicht problematisiert. Soll man da Vertrauen zu einer Institution wie dem BfS haben, die solch wichtige Fakten verschweigt?