TOP 4 Abfallbilanz
In Vorbereitung der 5. Sitzung der Atommüllkommission am Montag, 03. November 2014, zum TOP 4 Abfallbilanz wurde ein Verzeichnis radioaktiver Abfälle des BMUB veröffentlicht. Dieses Verzeichnis listet die bereits vorhandenen Abfälle zum Stichtag 31.12.2013 auf und enthält weiterhin eine Prognose bis zum Jahr 2080.
Mangelhafte Qualität
Eine kurze Stichprobe zeigt jedoch die mangelhafte Qualität des Papiers. So ist erstaunlich, dass nach Abb. 3.1: Standorte der Reaktoren, Transportbehälterlager, Abfalllager, Landessammelstellen und Konditionierungseinrichtungen für radioaktive Abfälle in der Bundesrepublik Deutschland auf Seite 11 im Land Sachsen-Anhalt keine radioaktiven Abfälle lagern sollen. Konsequent aber falsch wird auf Seite 73 dargelegt:
3.14 Standorte in Sachsen-Anhalt
3.14.1 Landessammelstelle Sachsen-Anhalt
Die radioaktiven Abfälle der Landessammelstelle Sachsen Anhalt lagern gemeinsam mit den Abfällen der Landessammelstelle Thüringen in der Landessammelstelle Sachsen in Rossendorf.
Zwischenlager Morsleben
Verschwiegen wird damit das Zwischenlager in Morsleben. Erst auf Seite 81 unter Kapitel 4. Endgelagerte radioaktive Abfälle wird der Standort Morsleben als Endlager erwähnt. Darin ist dann zu lesen:
Neben den endgelagerten radioaktiven Abfällen werden umschlossene Kobalt-Strahlenquellen, einige Cäsium-Strahlenquellen und geringe Mengen fester mittelradioaktiver Abfälle in sieben Spezialcontainern (Stahlzylinder) mit einem Volumen von je 4 l in Sohlenbohrlöchern sowie ein 280 l Fass mit Radium-226 Abfällen gelagert. Die umschlossenen Strahlenquellen sind nicht weiter behandelt und lediglich in kleinen Behältnissen verpackt.
…
Seit Beendigung des Einlagerungsbetriebs wird das Planfeststellungsverfahren zur Stilllegung des ERAM verfolgt. Im Rahmen dieses Verfahrens ist auch beantragt worden, die gelagerten Abfälle einer Endlagerung zuzuführen.
Korrektur notwendig
Hier ist eine Korrektur unbedingt notwendig. Die in Morsleben zwischengelagerten Abfälle gehören unter Kapitel 3.14. Nach derzeitigem Stand kann nach Aussage des BfS mit einer Nachbesserung der Planunterlagen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik frühestens im Jahr 2018 gerechnet werden. Das heißt, erst in dem Verzeichnis radioaktiver Abfälle Stand 31.12.2020 könnte das Kapitel 3.14 so aussehen, wie es jetzt schon geschrieben ist. Dann könnten unter Umständen die zwischengelagerten Abfälle – unter Verstoß gegen den Stand von Wissenschaft und Technik von 2010 und eventuell mit Weisung des BMUB an die Planfeststellungsbehörde – wirklich in Morsleben endgelagert worden sein.
Es fehlen in diesem “Verzeichnis radioaktiver Abfälle” jegliche Angaben zu den an den Standorten gelagerten Nukliden und Aktivitäten. WISMUT ist ebenfalls kein Thema.
Ein Blick nach Frankreich zeigt, wie man es im Prinzip wesentlich besser machen könnte: https://www.andra.fr/download/site-principal/document/editions/468.pdf. Auch die interaktive Karte ist wertvoll und gibt einen guten Überblick über die Lage und Art der nuklearen Altlasten in Frankreich: http://www.sortirdunucleaire.org/carte. Weitere einschlägige französische Dokumente: http://www.andra.fr/inventaire2012/#/documents/
Uran-Tails in Gronau
Laut Schreiben des NRW-Wirtschaftsministers sind die in Gronau lagernden Uran-Tails in das Abfallverzeichnis aufzunehmen.
Ursula Schönberger: Erste fachliche Bewertung des „Verzeichnisses radioaktiver Abfälle“
Eine Erste fachliche Bewertung des „Verzeichnisses radioaktiver Abfälle“ (BMU Oktober 2014) ist zu lesen unter atommuellreport.de/
Nds.-Umweltminister Wenzel: Anforderungen an eine Abfallbilanz und Defizite des vorgelegten Verzeichnisses radioaktiver Abfälle
Siehe Kommissionsdrucksache 58.
Moin,
gibt es mittlerweile einen aktuelleren Bericht (Stand 2019)?
Eine Übersicht über die Unterlagen zu radioaktiven Abfällen steht hier. Die jüngste Aufstellung ist das Verzeichnis radioaktiver Abfälle vom 01.08.2018 mit Stand zum 31.12.2017.
Auch in diesem Verzeichnis sind die zwischengelagerten Abfälle im Bergwerk Morsleben als solche nicht bezeichnet. Was sich jedoch verändert hat: In meinem Beitrag spreche ich noch vom Jahr 2018, in dem frühestens die Entscheidung über die Endlagerung der zwischengelagerten Abfälle fallen kann. Inzwischen wird mit einer Planfeststellung zur Schließung von Morsleben nicht vor 2028 gerechnet.
Kritische Auführungen zu den in der Bundesrepublik existierenden radioaktiven Abfällen sind auf den Seiten des Atommüllreports zu lesen.