Die politische Lüge von der „Weißen Landkarte“

ZDGG_165_3Mehr Geologie – weniger Politik

Bei der Suche nach einem Standort eines Langzeitlagers für radioaktive Abfälle hat man den Eindruck, dass die in dieser Frage wichtige Wissenschaft – die Geologie – kaum zu Wort kommt und das Wort auch nicht ergreift. Dieses Feld wird zurzeit im Wesentlichen von der Politik und von der politisch dominierten Endlagerkommission bestellt. Bezeichnend war die Anhörung zur Evaluation des StandAG, in der kein einziger Geologe über die Sinnhaftigkeit des Such- und Auswahlverfahrens befragt wurde.

Beteiligung der Fachöffentlichkeit

Warum mischt sich der reichhaltig in Deutschland versammelte geologische Sachverstand nicht ein? Sicher ist es Karriere schädigend, sich persönlich in diesen hochpolitisierten Bereich auch nur mit rein fachlichen Argumenten einzubringen. Insofern fragt man sich, wie es gelingen könnte, die Fachöffentlichkeit in den geplanten  offenen und pluralistischen Dialog in der Öffentlichkeit (§ 9 Abs. 3 StandAG) einzubinden – siehe KONZEPT für die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Arbeit der Kommission Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe (Entwurf Stand 03.12.2014), Seite 14, zweiter Absatz. Hier bietet ein Internetforum mit der Möglichkeit der anonymen Beteiligung eine zwar nicht ideale aber doch realistische Strategie, bis die Überpolitisierung dieser Bereichs beseitigt ist.

Geologische Strukturen und Nutzungskonkurrenzen am Beispiel Geothermie und CCS

Bei der Frage des Langzeitlagers geht es um geologische Strukturen und um Nutzungskonkurrenzen – siehe Veränderungssperre Gorleben.

Solche Nutzungskonflikte im Untergrund sind durchaus üblich, so im Falle von Geothermie und CCS. Dazu gab es im Koalitionsvertrag von 2009 eine entsprechende Festlegung:

Wir werden zeitnah die Richtlinie der EU umsetzen, die Abscheidung, Transport und Einlagerung von CO2 regelt. Wir wollen für Akzeptanz werben und u. a. einen Geothermie-Atlas beauftragen, um Nutzungskonkurrenzen zwischen CCS und Geothermie zu prüfen.

Über das Ergebnis kann man sich auf der BGR-Internetsite informieren. Für fachlich Interessierte ist jetzt ein Übersichtsartikel in der ZDGG erschienen.

Warum nicht Tiefenlager für radioaktive Abfälle in Konkurrenz zu Geothermie, CCS und Fracking?

Es stellt sich die Frage, weshalb im Koalitionsvertrag 2013 nicht eine entsprechende Festlegung bezüglich der Untergrundnutzung für ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle und der Konkurrenz zu anderen Nutzungen wie Geothermie, CCS und Fracking zu finden ist? Offensichtlich soll dieses nicht mit der notwendigen Wissenschaftlichkeit angegangen werden.

Ausrede der nicht festgelegten Kriterien

Ein anderes Argument möge sein, dass im StandAG die ursprünglich vorgesehenen geologischen Kriterien nicht aufgenommen wurden. Diese sollen erst von der Endlagerkommission vorgeschlagen und vom Bundestag beschlossen werden.

Gorlebenkriterien

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Im StandAG ist ja bereits ein zu betrachtender Standort – nämlich Gorleben – benannt. In einem komparativen Suchverfahren müssen deshalb alle Standorte gleichrangig untersucht werden, die zumindest die Auswahlkriterien erfüllen, die zur Auswahl von Gorleben geführt haben. Diese Gorlebenkriterien sind in Bundestagsdrucksache 8/3082 auf Seite 6 nachzulesen.

Wissenschaftsbasiert Erweiterung der Veränderungssperre Gorleben

Als Ausgangpunkt ist also eine Karte zu fordern, die alle Regionen Deutschlands zeigt, die die Gorlebenkriterien erfüllen. Durch Verschneidung dieser Karte mit anderen Nutzungskarten können Konkurrenzen aufgezeigt werden, und so die einseitige Veränderungssperre für Gorleben wissenschaftsbasiert erweitert werden.

Die „Weiße Landkarte“ als politische Lüge

Eine solche Karte würde natürlich die Illusion der „Weißen Landkarte“ zerstören, aber dies ist ja nur ein politischer Euphemismus, der an eine Lüge grenzt. Die Geologie von Deutschland ist bunt, das macht der Geothermieatlas klar. Wer bunte Karten sehen will, sollte sich das Geothermische Informationssystem für Deutschland anschauen.

Informationssystem Tiefenlager Deutschland

Wir brauchen ein Informationssystem Tiefenlager Deutschland, das mit der Gorlebenkriterienkarte als Basis beginnt.

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