Der Präsident spricht
In einer von verschiedenen Medien (Abendzeitung München, Stern, Focus Online, Verivox) aufgegriffenen dpa-Meldung spricht sich der Präsident der bisher für die Endlagerung zuständigen Bundesoberbehörde, des Bundesamtes für Strahlenschutz, dafür aus, die Entsorgung radioaktiver Abfälle ausschließlich in die öffentliche Hand zu legen. Bemängelt wird insbesondere, dass bisher die DBE mit Bau und Betrieb beauftragt ist. Diese befindet sich inzwischen mehrheitlich im Besitz der Energieversorger.
Die bisherige Rollenverteilung
Dazu muss erst einmal klargestellt werden, dass die DBE mit dem Betrieb von Gorleben, Konrad und Morsleben beauftragt ist. Die Schachtanlage Asse II wird von der Asse-GmbH betrieben, die sich im Alleinbesitz der Bundes befindet. Betreiber aller vier Bergwerke ist das BfS. Die Überwachung findet durch Eigenüberwachung statt, die Überwachungsbehörde ist Teil des BfS.
Trennung von operator und regulator
Genehmigungsbehörden sind die zuständigen Landesbehörden. Die Gesamtaufsicht liegt beim Bundesumweltministerium. Diese Aufsicht wird bisweilen gegenüber den Ländern durch Bundesweisungen wahrgenommen. Insbesondere die Eigenüberwachung verstößt gegen den Trennungsgrundsatz von operator und regulator nach EU-Richtlinie. Die Überwachung sollte eigenständig oder bei der Genehmigungsbehörde angesiedelt sein.
Die Entwicklung der DBE
Die DBE war im alleinigen Besitz des Bundes. Politische Entscheidung führten zur Privatisierung und zu den jetzigen Besitzverhältnissen, siehe Bundestagsdrucksache 16/11121. Wenn jetzt der Mehrheitsbesitz durch die Energieversorger bemängelt wird, dann ist zu bedenken, dass dies allein auf Fehler der Politik zurückzuführen ist. Der kritisierte Kooperationsvertrag wurde ebenfalls durch politische Versäumnisse vor der Privatisierung nicht angepasst. Die Forderung der Verstaatlichung der Endlageraufgaben helfen nichts, wenn nicht gleichzeitig einer Privatisierung ein wirksamer Riegel vorgeschoben wird. Vielleicht bestehen ja sogar noch Rückkaufrechte?
Die eigentlichen Schwierigkeiten
Schwierigkeiten traten immer wieder an der Schnittstelle BfS und DBE auf. Diese wurden zum Teil auch ideologisch verstärkt. Auch wenn alles in öffentlicher Hand liegt, wird die Schnittstelle Schreibtischplanung und Praxis vor Ort kritisch bleiben.
Die Rollen nach StandAG
Das StandAG entmachtet die Landesbehörden in Bezug auf das neue Endlager. Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgung BfE übernimmt die Genehmigung und die Überwachung. Das BfS konnte sich die Rolle aussuchen, was wohl Gegenstand eines Schreibens des BfS an das BMU war, was nicht offen gelegt wurde, siehe Ablehnungsbescheid Punkt 3 auf Seite 2f des Antrags nach UIG und dokumentiertes Verfahren auf Frag den Staat. Herr Hennenhöfer berichtete darüber in der Endlagerkommission. Das BfS wählte die Rolle des operators. Die Rollen bei den Projekten Morsleben, Asse II und Konrad werden davon abweichend in Artikel 2 des StandAG geregelt.
Alles in eine Hand?
Bei der Diskussion vor Verabschiedung des StandAG wurde auch gefordert, alles in eine Hand zu legen. Diese Forderung, die jeglicher Vorstellung von check and balances widerspricht, konnte verhindert werden. Am Beispiel des Planfeststellungsverfahrens zur Schließung des Endlagers Morsleben kann die Notwendigkeit dieser Trennung gezeigt werden. Würde sie nicht bestehen, hätte das BfS zum Beispiel bereits Abdichtbauwerke ohne Nachweis der Wirksamkeit gebaut und als Sicherheitsmaßnahme verkauft. Wie gut, dass es eine separate Genehmigungsbehörde gibt.
Die späte Einsicht des BfS
Nun ist das BfS auch offen für andere Regelungen. Am sinnvollsten wäre es, wenn die Strahlenschutzbehörde des Bundes die Aufgaben der Genehmigung und Überwachung bei allen Endlagerprojekten übernimmt. Wie die Betreiberseite organisiert wird, ist da wohl zweitrangig. Es muss aber gesichert werden, dass diese klaren Strukturen nicht wieder durch politische Aktivitäten zerstört werden.
Sichert Öffentlichkeit Transparenz?
Verschiedentlich wird argumentiert, dass durch die Entsorgung radioaktiver Abfälle ausschließlich in öffentlicher Hand Transparenz gesichert sei. Dem muss aus der Erfahrung widersprochen werden. So hat das BfS zum Beispiel obengenanntes Schreiben nicht öffentlich gemacht, der seit spätestens Oktober 2014 vorliegende Endbericht zum Abdichtversuch im Anhydrit ist ebenfalls nicht öffentlich. Die Langzeitrisikobetrachtungen zur Asse II wurden bis nach der Entscheidung zur Rückholung unter Verschluss gehalten. Erst wenn der entsprechende Druck groß wird, wird – bisweilen klammheimlich – veröffentlicht. Selbst in der Endlagerkommission wird Transparenz nicht groß geschrieben, sogar unter Verletzung der Geschäftsordnung.
Aus dem Beispiel Asse lernen
Auf jeden Fall ist eine klare, praktikable und einheitliche Regelung für die Zuständigkeiten bei allen Endlagerfragen zu finden. Es sei daran erinnert, dass das Asse-Problem unter anderem dadurch entstanden ist, weil bei der AtG-Novelle 1976 eine Übergangsregelung für die Asse vergessen wurde, siehe auch BfS-Broschüre aus dem Jahr 2005 Endlagerung radioaktiver Abfälle als nationale Aufgabe, S. 16:
Eine Fortsetzung der Einlagerung hätte nach der Novelle des Atomgesetzes von 1976, in der die Zuständigkeiten und Verfahrensweisen bei Sicherstellung und der Endlagerung radioaktiver Abfälle grundlegend geregelt wurden, im Zuge eines Planfeststellungsverfahrens genehmigt werden müssen. Eine Übergangsregelung wurde im Gesetz nicht festgelegt.
Weiterhin ist die öffentliche Hand auch nicht Garant für sinnvolles und transparentes Vorgehen, denn die Asse-Akteure waren auch bis 2009 staatliche Institutionen.
Notwendigkeiten: Transparenzregelungen und weniger politischer Zugriff
Notwendig sind zumindest bindende Transparenzregelungen, die von der Öffentlichkeit eingefordert werden können. Eine ähnliche Regelung wurde bereits im Beitrag StandAG: Evaluierung – Die Zweite vorgeschlagen:
§ nn Transparenz
(1) Zur Gewährleistung eines transparenten Verfahrens von Anfang an sind neben den in diesem Gesetz festgelegten Möglichkeiten des Zugangs zu Informationen auch alle Möglichkeiten des Informationsfreiheitsgesetzes zu gewähren. § 1 Abs. 3 des Informationsfreiheitsgesetzes findet insofern im Rahmen dieses Gesetzes keine Anwendung.(2) Alle nach diesem Gesetz und im Rahmen dieses Gesetzes nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellten Anträge auf Zugang zu Informationen werden gebührenfrei bearbeitet, ebenfalls ein eventuelles Widerspruchsverfahren. Die Kosten für Klageverfahren in der ersten Instanz übernimmt der Vorhabenträger.
(3) Jeder kann den Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit nach § 13 des Informationsfreiheitsgesetzes anrufen, wenn er sein Recht auf Informationszugang nach diesem Gesetz als verletzt ansieht.
(4) Werden im Rahmen dieses Gesetzes private Dritte beliehen oder beauftragt, so gelten die Regelungen über den Zugang zu Informationen auch für diese in entsprechender Form.
Darüber hinaus sollte sich die Politik – insbesondere die Parteipolitik – weniger in die Endlagerfrage einmischen. Sie eignet sich nicht als ideologisches Spielfeld zur Wählerbeeinflussung, sondern sollte grundsätzlich wissenschaftsbasiert angegangen werden. Nur in den Punkten, wo Wissenschaft nicht entscheiden kann, sollte wohlüberlegt die Politik jenseits der Parteipolitik ihren kleinen Beitrag liefern.