Endlagerung und Mobilfunk?
Für Verwirrung sorgte die neue Bezeichnung des Amtes. BASE ist ein Mobilfunkunternehmen, das hat aber nichts mit dem Amt zu tun. Warum soll ein deutsches Amt englisch ausgesprochen werden, warum alles in Großbuchstaben und nicht BaSE, eigentlich BaSnE –Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung. Auch als Chemiker hat man sein Problem: Warum Base und nicht Säure?
Ganz anders als bei Gorleben?
Seitens BaSE wurde betont, dass man es jetzt ganz anders machen will als bei Gorleben. Erinnert sei aber an die Informationsveranstaltung im Rahmen des Energiedialogs der Bundesregierung am 15. und 16. Mai 1981 in Lüchow – Zwischenergebnisse zum Salzstock Gorleben, in der bezahlt Rede und Gegenrede geboten wurden. Gegenreden gegen Honorar hatten im BaSE-Workshop keinen Platz. Insofern startete diese Veranstaltung auf einem niedrigeren Niveau als im Fall Gorleben.
Klare fachliche Kriterien?
Weiterhin wurde die Illusion vertreten, dass das StandAG klar fachliche Kriterien festlegt. Verfolgt man jedoch die bisherigen wenigen Ausführungen zur Anwendung der Kriterien, so wird folgendes Statement bestätigt (Conflicts, Participation and Acceptability in Nuclear Waste Governance, Seite 385):
Many decisions must be made that are not based on scientific evidence.
Dauerhaft sicherer Standort für 1 Mio. Jahre?
Angeblich werde nach BaSE ein dauerhaft sicherer Standort für 1 Mio. Jahre gesucht. Es wird aber ein möglichst sicherer Standort gesucht, oder besser: ein möglichst risikoarmer Standort. Was ist nach 1 Mio. Jahre? Was macht man gegen die Strahlenbelastung danach? Erinnert sei an die Langzeitrisikobetrachtung im Fall des Endlagers Konrad. Die zugrunde gelegte Radiotoxizität ist hier wesentlich geringer als beim Endlager für hochradioaktive Abfälle. Die höchsten Belastungen treten erst nach etwa 10 Mio. Jahre auf.
Selbst im StandAG werden zur Extrapolation erst ungestörte Vergangenheiten größer als 10 Mio. Jahre als günstig eingestuft – Anlage 4 (zu § 24 Absatz 3) – Kriterium zur Bewertung der langfristigen Stabilität der günstigen Verhältnisse.
Partizipationstheater!
Betont wurde, dass allein der Bundestag Entscheidungen trifft. Partizipation ist also nicht zu verwechseln mit Mitbestimmung. Partizipation wird reduziert auf Anhörung. Das bisherige Auswahlverfahren zeigt jedoch, dass hier nicht mal die in Deutschland in der Verwaltungspraxis üblichen Sorgfalt an den Tag gelegt wird: Dokumentation möglichst durch Wortprotokoll, systematische und inhaltlich geordnete Zusammenstellung des Vorgetragenen, deren fachliche Beurteilung sowie Entscheidungen mit Begründungen, welche Punkte übernommen wurden und welche nicht. Solche Unterlagen gibt es weder zur 1. noch zur 2. Statuskonferenz sowie zur sog. Öffentlichkeitsbeteiligung des BMU zu den Sicherheitsanforderungen. Auch zu den BGE-Standorttagen im Dezember 2019 ist kein einziger Vortrag dokumentiert, vereinzelt sind höchstens die Präsentationen verfügbar. Von der Diskussion ist nichts festgehalten und systematische, inhaltlich geordnete zusammengestellt worden. Die Bezeichnung für solch ein Vorgehen auf dem Workshop: Partizipationstheater.
Verbalargumentativ und in englischer Sprache
Seitens der BGE wurde betont, dass die geologischen Abwägungskriterien beim Schritt identifizierte Gebiete zu Teilgebieten ausschließlich verbalargumentativ eingesetzt werden. Das wird sich beim Schritt Teilgebiete zu Standortregionen ändern. Weiterhin soll der Zwischenbericht Teilgebiete auch in englischer Sprache erscheinen, um den europäischen Nachbarn das Einsteigen zu ermöglichen.
Verwendete Literatur zeitnah verfügbar machen
Sicherlich werde auch Literatur verwendet, die nicht veröffentlicht werden kann. Hier bliebe der übliche Gang zur Bibliothek. Ob das aber innerhalb der knappen Zeit während der Fachkonferenzen Teilgebiete möglich ist, ist zweifelhaft. Hier sollte wenigstens an den BGE- und BaSE-Standorten die benutzte Literatur öffentlich verfügbar gemacht werden und darüber hinaus ein Kopierdienst zum privaten Gebrauch installiert werden.
Gruppenarbeit statt Frontalveranstaltung
Die Veranstaltung war geprägt durch Gruppenarbeit im Format World-Café. endlagerdialog.de erfuhr darüber viele Einzelheiten, die bei einer Frontalveranstaltung nicht zugänglich gewesen wären.
Kommunen werden nicht erreicht
In den Gruppendiskussionen machte sich der subjektive Eindruck fest, dass viele Kommunalvertreter*innen teilnahmen. Diese beklagten sich über die mangelhafte Information über die Standortauswahl. Offensichtlich funktioniert die Weitergabe der Informationen über die kommunalen Spitzenverbände nicht. Und nur diese wurden bisher von BaSE einbezogen. Die geringe Reichweite der BaSE-Aktivitäten soll in Kürze durch eine Werbeaktion erhöht werden. Damit ist eine der führenden Agenturen im deutschsprachigen Raum beauftragt.
Angleichung der Augenhöhe
Gefordert wurden zur Angleichung der Augenhöhe finanzielle Ressourcen für Reisekosten und Prüfaufträge an selbstgewählte Fachleute. Ob bei Fachleuten aufgrund des leergefegten Marktes Geld ausreicht, wurde nicht problematisiert. Bei Reisekosten wären die BfE-Erfahrungen mit DB-Veranstaltungstickets interessant. Dazu gab es keine Äußerung.
Commitment zum fachlichen und nicht politischen Auswahlverfahren
Ein interessanter Punkt war, dass befürchte wird, die Standortauswahl wird doch eine politische Entscheidung werden. Die fachlichen Aspekte werden zu wenig diskutiert. Vor dem Zwischenbericht Teilgebiete sollte versucht werden, ein überparteiliches und über die Stufen Länder, Landkreise, Städte und Gemeinden reichendes Commitment zu erreichen, dass das Standortauswahlverfahren nicht in politische Auseinandersetzungen gehört, sondern sachlich und fachlich eingeordnet werden sollte.
Kurskorrektur und Veranstaltungsauswertung
Zum Abschluss wurde vom BaSE die bereits vor gut zwei Monaten bei der 2. Statuskonferenz im Sinne des selbsthinterfragenden Verfahrens angekündigten Ausführungen zur Kurskorrektur in Aussicht gestellt. Weiterhin werde diese Veranstaltung dokumentiert und ausgewertet. Man kann gespannt sein, wie wenigstens die angepinnten Statements vollständig transkribiert, systematisch inhaltlich geordnet sowie fachlich beurteilt werden und wie begründet entschieden wird, welche Punkte übernommen wurden und welche nicht.
Abteilung Öffentlichkeitsbeteiligung und Geschäftsstelle Fachkonferenz?
Was vollständig fehlte, waren die organisatorischen Maßnahmen seitens des BaSE im Vorfeld der Fachkonferenz. Wann wird die neue Abteilung Öffentlichkeitsbeteiligung aufgestellt? Wie wird diese organisatorisch angebunden? Ab wann gibt es die Geschäftsstelle Fachkonferenz? Mit welchen finanziellen Ressourcen wird diese ausgestattet? Wird dort ein Bürgertelefon eingerichtet, wie ist sie darüber hinaus erreichbar?