Endlager: Radiolyse, Bakterien und Gase

from Sauvage, J. F., A. Flinders, et al. (2021). „The contribution of water radiolysis to marine sedimentary life.“ in: NATURE COMMUNICATIONS (2021) 12:1297: 1-9.

Natürliche Radiolyse und Leben in Meeressedimenten

In einem populärwissenschaftlichen Bericht über Radioaktivität als Lebensgrundlage von Mikroben wird über die Veröffentlichung der Arbeit The contribution of water radiolysis to marine sedimentary life berichtet. In diesem leicht verständlichen Bericht wird einer der Wissenschaftler*innen zitiert mit:

Bedeutung könnten die neuen Erkenntnisse auch für atomare Endlager haben: „Wenn man radioaktiven Abfall in Sediment oder Fels lagert, können dort durch diese Prozesse Wasserstoff und Oxidantien entstehen – und das schneller als in reinem Wasser“, sagt D’Hondt. „Das könnte diese Lagersysteme stärker korrodieren als man bisher annimmt.“
Eine mögliche Folge wäre, dass durch die radioaktiv katalysierten Reaktionen vermehrt Lecks auftreten oder dass sich Wasserstoffgas bildet und im Untergrund sammelt.

In der zugrunde liegenden wissenschaftlichen Arbeit wird zwar auf die eventuelle Bedeutung der Radiolyse für das Leben auf der Urerde vor der photosynthetischen Phase oder auf anderen Planeten wie dem Mars hingewiesen, auf die Bedeutung für die Endlagerung wird jedoch nicht eingegangen.

Entstehung von Gasen in einem Endlager

Die Entstehung von Gasen in einem Endlager wird schon lange betrachtet. Neben der Bildung von Methan aus organischen Bestandteilen des Abfalls spielt Wasserstoff bei der anaeroben Korrosion von eingelagerten Metallen eine wesentliche Rolle. Aber auch die radiolytische Bildung von Wasserstoff aus Wasser und aus Kohlenwasserstoffen hat man schon seit geraumer Zeit im Blick. Weiterhin wird Helium beim radioaktiven Zerfall von alpha-Strahlern freigesetzt. Siehe dazu zum Beispiel GRS-129 (1997): Wasserstoff, Helium; BGR (2011): Radiolyse Kohlenwasserstoffe; GRS (2020): Helium.

Lithoautotrophe Organismen im Endlager

Etwas anders sieht es bei der Diskussion von biologischen Prozessen in Endlagern für aus. Erst durch die Erfahrungen bei der technischen Nutzung von Erdwärme wurde man mit Organismen in tiefen geologischen Schichten konfrontiert. So wurde die Existenz von lithoautotrophen Organismen beim Erörterungstermin zur Stilllegung des Zwischen- und Endlagers Morsleben (ZERAM) problematisiert – siehe Brenk (2013), S. A3-205 bis 207.

Forschungen im Opalinuston

Im Opalinuston wurden mikrobiologische Untersuchungen seit 2002 durchgeführt, siehe Fifteen years of microbiological investigation in Opalinus Clay at the Mont Terri rock laboratory (2017). Zwar wird hierin der Metabolismus von Wasserstoff behandelt, aber nicht deren radiolytische Bildung. Eine populärwissenschaftliche Darstellung der Arbeiten wird sogar tituliert mit Bakterien könnten Atommülllager sicherer machen.

Kopplung mit mikrobiologischen Prozessen notwendig – THMC–>THMCB

Es spricht also vieles dafür, radiolytische und mikrobiologische Prozesse zu koppeln. Die bisherigen Modelle koppeln zwar thermische, mechanische, hydrodynamische und chemische Prozesse – siehe zum Beispiel GRS-350 (2014), biologische Prozesse werden dabei jedoch nicht berücksichtigt. Die THMC-Betrachtungen müssen zu THMCB-Modellen weiterentwickelt werden. Ob damit wirklich eine höhere Sicherheit bei Berücksichtigung der Mikrobiologie belegt werden kann, muss sich erst noch herausstellen.

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