Lernendes Verfahren nach StandAG
Das Standortauswahlgesetz schreibt ein lernendes Verfahren bei der Suche nach einem Endlagerstandort fest (§ 1 Abs. 2 StandAG):
Mit dem Standortauswahlverfahren soll in einem partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden und lernenden Verfahren für die im Inland verursachten hochradioaktiven Abfälle ein Standort mit der bestmöglichen Sicherheit für eine Anlage zur Endlagerung nach § 9a Absatz 3 Satz 1 des Atomgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland ermittelt werden….
Dazu gehört, dass regelmäßig über abgeschlossene, laufende und beabsichtigte Forschungsarbeiten berichtet wird. In der deutschen Forschungslandschaft ist dies mit regelmäßigen Statusseminaren zu bestimmten Forschungsschwerpunkten üblich – siehe zum Beispiel Thema Pflanzenforschung.
Endlagerkommission: Jährliche Kolloquiumsreihe
Die Endlagerkommission hat sich für ein jährliche Kolloquiumsreihe ausgesprochen (Abschlussbericht der Endlagerkommission, Kapitel B 6.4.4, Seite 280):
Für die im Rahmen der Standortauswahl anfallenden Erkenntnisse muss eine wissenschaftliche Öffentlichkeit geschaffen werden, so dass der innerwissenschaftliche Prozess der gegenseitigen Kritik und der dadurch ermöglichten Selbstkorrektur voreiliger Schlussfolgerungen in Gang gesetzt wird. Für diesen fachlichen Austausch ist eine jährliche Kolloquiumsreihe zu etablieren, die auch darauf ausgerichtet ist, die Meinungsvielfalt abzubilden und die fachliche Auseinandersetzung zu fördern. Die jährlichen Dokumentationen der Tagungen stellen im Laufe der Zeit einen Informationsfundus dar, der zur kritischen Reflexion beiträgt. Neben den genannten Tagungsbänden trägt eine Schriftenreihe mit periodischen Fachberichten zum Wissenserhalt und –transfer bei.
Betrachtet man jedoch die Realität, so wird zwar in den unterschiedlichen Institutionen, gefördert durch unterschiedliche Geldgeber, am Endlagerproblem geforscht, aber es gibt weder eine Informationsplattform in Form einer Datenbank noch eine Kolloquiumsreihe. Es bleibt die mühselige Recherche in diversen Datenbanken und Unterlagen. Transparenz sieht anders aus.
Beispiel: Projekt KOSINA
Ein Beispiel ist das Projekt KOSINA – Konzeptentwicklung für ein generisches Endlager für wärmeentwickelnde Abfälle in flach lagernden Salzschichten. Erst durch die Recherche in der Schriftendatenbank der BGR erfährt man, dass Ende 2017 ein Ergebnisbericht erschienen ist, der in der oben genannten Projektbeschreibung im Internet nicht genannt wird. Offensichtlich werden die Projektbeschreibungen bei der BGR nicht aktualisiert.
Erst Anfrage und einen Monat Wartezeit
Um an den Bericht heranzukommen, muss man erst eine Anfrage an die BGR richten, die nach einem knappen Monat beantwortet wird.
Hierbei erfährt man, dass das Projekt in acht Arbeitspakete gegliedert ist:
- Grundlagenermittlung (DBE TEC)
- Erstellung von generischen geologischen Modellen, Ableitung von Modellparametern (BGR und IfG)
- Entwicklung eines Sicherheits- und Nachweiskonzeptes (GRS)
- Analyse der geomechanischen Integrität (BGR und IfG)
- Entwicklung von Endlagerkonzepten (DBE TEC)
- Analyse der radiologischen Konsequenzen (GRS)
- Bewertung der Betriebssicherheit (DBE TEC)
- Synthesebericht (DBE TEC)
Die neue KOSINA-Ergebnisstudie
Die Ergebnisstudie Entwicklung generischer geologischer Modelle für flach lagerndes Salzformationen – Ergebnisse aus dem Vorhaben KOSINA schildert die Entwicklung von 3D-Modellen sowohl für flache Lagerung als auch für Salzkissen. Generische Standortgegebenheiten wurden konkreten Standorten entnommen, wie sie im Projekt BASAL identifiziert wurden – siehe auch Beitrag Neues von Salz und Kristallin.
Interessant ist dabei, dass Daten zur Ausbildung des Deck- und Grundgebirges in die 3D-Modelle aufgenommen wurden. Das heißt, dass Diversitäten durch zum Beispiel überlagernde Tonschichten in dem Modell behandelt werden können. Offensichtlich findet die BGR nach Jahrzehnten politischer Einflussnahme inzwischen im Bereich Endlagerung zur Wissenschaftlichkeit zurück.
Vorbereitung der Partizipation wird durch BfE nicht wahrgenommen
Doch was ist mit dem im StandAG deklarierten lernenden Verfahren, das auch noch partizipativ sein soll? Wo sind die jährlichen Kolloquiumsreihen, die auch von interessierten Laien verstanden werden? Wo ist die in ENTRIA vieldiskutierte Transdisziplinarität? Dies alles ist nirgends zu finden. Es ist die Aufgabe des BfE, das die Partizipation nach StandAG umzusetzen hat. Partizipation fängt nämlich nicht erst mit den Fachkonferenzen nach § 9 StandAG an. Vorher ist eine Fülle von Material aufzuarbeiten und zu kommunizieren, so auch die abgeschlossenen, laufenden und beabsichtigten Forschungsarbeiten im Bereich Endlagerung.