Die derzeitige Diskussion um den ersten Regierungsentwurf eines Endlagersuchgesetzes, der immer noch nicht öffentlich ist, kreist um eine darin angeblich vorgeschlagene neue Behörde, um ein Bundesinstitut für Endlager.
Nach Meldung der Süddeutschen Zeitung äußerte sich dazu Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, mit den Worten:
Erst müssen die inhaltlichen Fragen des Prozesses geklärt werden, dann die Zuständigkeiten.
Anzumerken ist dazu, dass die organisatorischen Fragen zumindest die gleiche Bedeutung haben wie die inhaltlichen. Zwar spielen nicht die Zuständigkeiten eine wesentliche Rolle, wohl aber die Aufteilung der Zuständigkeiten. In dieser Frage ist Deutschland international mehrfach kritisiert worden. Auch beim Erörterungstermin zum Endlager Morsleben wurde dazu vorgetragen:
Weiterhin hat das BfS bei der Endlagerung drei Rollen inne: Endlagerbetreiber, Endlagerüberwachungsbehörde und wissenschaftliche Strahlenschutzbehörde. Diese Abhängigkeitsstruktur verletzt sowohl internationale Empfehlungen der Joint Convention sowie der IAEA als auch wesentliche Regelungen der EU-Richtlinie zur Endlagerung radioaktiver Abfälle. Wenigstens die Rolle der Überwachungsbehörde ist von der Rolle des Endlagerbetreibers strikt zu trennen, und alle eventuell notwendigen Weisungen des BMU sind entsprechend dem Transparenzgebot der EU-Richtlinie öffentlich zu erteilen.
Es besteht hier also enormer Nachholbedarf. Bei einer Neuregelung der Endlagerfrage müssen die folgenden Rollen bedacht werden:
- Risikoabschätzung und Kriterienentwicklung auf wissenschaftlicher Basis,
- Management der Endlagerung,
- Genehmigung der Endlagerung und
- Überwachung der Endlagerung.
Eine ähnliche Umstrukturierung gab es im Gesundheitsbereich vor etwa zehn Jahren und führte zur Gründung des Bundesinstitutes für Risikobewertung. Dieses ist für wesentliche Aufgaben weisungsungebunden und untersteht nur einer Rechtsaufsicht, siehe Errichtungsgesetz §§ 2 und 8. Um Transparenz herzustellen und Machtkonzentration zu vermeiden, sollten alle oben genannten vier Aufgaben voneinander getrennt werden. Akzeptabel wäre lediglich die Zusammenfassung von Genehmigung und Überwachung. Dies wäre jedenfalls noch konform mit der EU-Richtlinie. In der Umsetzung ist darauf zu achten, dass die gesamte Kommunikation zwischen den Rollenträger öffentlich stattfindet, also eine gläserne Konstruktion verwirklicht wird.
Weiterhin wird es aus staatsrechtlichen Gründen eine Rechtsaufsicht und unter Umständen eine Fachaufsicht geben müssen. Auch diese ist gläsern zu gestalten, sodass die Bearbeitung der Endlagerproblematik – wie zugesagt – transparent abläuft. Weiterhin muss die Aufsicht nicht für alle vier Rollenträger in einem gemeinsamen Bundesressort angesiedelt sein.
Die Braunschweiger Zeitung führt unter der Headline Röttgen will das BfS entmachten aus:
Der Umweltminister würde so Regie führen, für das BfS mit Hauptsitz in Salzgitter aber wäre es ein schwerer Schlag: Denn bisher ist das BfS komplett für Einrichtung und Betrieb von Atom-Endlagern zuständig. Zwar hat die selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Umweltministeriums auch andere Aufgaben bei Atommüll-Entsorgung, Strahlenschutz und Kerntechnik-Sicherheit, doch ist die Endlagerung wichtiger Schwerpunkt.
Die Regieführung muss eindeutig geregelt werden, zum Beispiel durch Ausschluss der Fachaufsicht. Sicherlich würde das BfS einen Teil seiner Aufgaben abgeben müssen. Die Wahl, welche der drei Rollen es behalten wolle, sollte man dem BfS selbst überlassen. Leider hat das Amt in der Vergangenheit weniger als selbstständige Bundesoberbehörde gemäß Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG gehandelt, eher als verlängerter Arm des BMU. Wenn das BfS bisher Macht hatte, ist es durchaus berechtigt, diese zu verteilen. Das ist ein durchaus bewährtes Instrument, um Machtmissbrauch vorzubeugen. Auf diesem Grundgedanken beruht die Gewaltenteilung im demokratischen Staat, ein nicht zu unterschätzender Fortschritt gegenüber dem Absolutismus.
Weiter ist zu lesen:
Röttgen hat bereits mehrfach versucht, dem BfS mit seinen rund 600 Mitarbeitern Kompetenzen für die Endlagerung zu entziehen, zuletzt ging es um Schacht Konrad in Salzgitter. Dem Vernehmen nach ist nicht ausgeschlossen, dass auch Schacht Konrad dem neuen Institut zufiele.
Zur Wahrnehmung der zwei vom BfS abzugebenden Rollen können Institutionen gegründet werden, die im Raum Salzgitter/Braunschweig angesiedelt werden könnten. Die BfS-MitarbeiterInnen, die bisher die entsprechenden Aufgaben im BfS bearbeiten, könnten diese in der neuen Organisationsstruktur weiterhin wahrnehmen. Ein Personalabbau oder -aufbau muss nicht stattfinden.
Sicherlich ist diese Organisationsstruktur nicht nur auf ein zu suchendes Endlager anzuwenden, sondern auch auf die bisher existierenden Morsleben, Asse und Konrad. Auch diese Projekte werden davon profitieren, und die immer wieder propagierte „Transparenz und Offenheit“ könnte organisatorisch gestärkt umgesetzt werden.