„Berechnung“ der Langzeitsicherheit
Noch auf der öffentlichen Veranstaltung des BfS zur Asse am 25.09.2012 trug die Vizepräsidentin des BfS vor:
Die Frage, wie errechnet man die Langzeitsicherheit, die ist durchaus nicht trivial.
Danach war das BfS offensichtlich am 25. September noch der Meinung, dass die Langzeitsicherheit berechnet werden könne.
mathematical proof of long-term safety is not feasible
Das ist weit gefehlt. Schon in einem Standardwerk zur Endlagerung aus dem Jahr 2005 wird ausgeführt:
S. 182: ..The insight that a rigorous mathematical proof of long-term safety is not feasible has led to the special emphasis of a stepwise procedure. The needed „set of arguments“ [G182:11] referred to above comprises technological approaches (such as diverse and graded safety indicators, test facilities) as well as institutional components (quality assurance, reviewing procedures, see Figure 13-1)…..
„Langzeitsicherheitsnachweis“ für das Endlager Morsleben
Beim Erörterungstermin zum Endlager Morsleben wurde seitens des BfS immer wieder auf den angeblich gelungenen Langzeitsicherheitsnachweis und die entsprechenden Rechnungen hingewiesen. Mit dem Argument, die Langzeitsicherheit sei ja vom BfS nachgewiesen, wurde zum Beispiel jede fachlich akzeptable Alternativenprüfung abgelehnt.
Trotz Bemängelung des Begriffs seitens der EinwenderInnen blieb das BfS beim „Langzeitsicherheitsnachweis“ (Wortprotokoll S. 4-43/44):
Sachbeistand: Ich will Herr xx einmal in der Weise unterstützen, dass von dem Antragsteller immer über Langzeitsicherheitsnachweis geredet wird. Das ist ein Begriff, der offensichtlich seitens des BfS definiert ist, der aber vom Sprachlichen her irreführend ist. Es ist kein Langzeitsicherheitsnachweis, wie man ihn eigentlich heutzutage nach heutigem Stand von Wissenschaft und Technik vertritt, sondern heute heißt das ganze Langzeitsicherheitsargumentation oder Safety Case. Man kann natürlich alles Mögliche definieren, aber es geht auch um die sprachliche Verankerung. Man kann das natürlich alles „x“ nennen – das ist wenig aussagekräftig -, aber man sollte es nicht Langzeitsicherheitsnachweis nennen, sondern es als das benennen, was es ist: Es ist eine Langzeitsicherheitsargumentation, und diese kann dann auch beliebig robust oder unrobust sein. Entscheidend ist, dass es in diesem Bereich keinen Nachweis gibt, sondern eben nur eine Argumentation. Wie gesagt, die Definition ist irreführend.
Verhandlungsleiter: Zur Frage Definition Safety Case, Langzeitsicherheitsanalyse, Langzeitsicherheitsnachweis, BfS!
BfS: Ich hatte in meinem Eingangsvortrag auch ausgeführt, wie wir vorgegangen sind, um das zu erreichen, was wir Langzeitsicherheitsnachweis nennen. Aus dieser Darstellung ergibt sich dann auch, was der Langzeitsicherheitsnachweis umfassen kann und was er nicht umfasst. Er umfasst – ich glaube, da sind wir alle hier im Raum uns einig – keinen gegenständlichen Nachweis. Ich glaube, das ist der Punkt, den der Sachbeistand auch meint. Wir verwenden diesen Begriff Langzeitsicherheitsnachweis für das, was ich für diesen Prozess dargestellt hatte, und für die so generierten Ergebnisse.
Soweit es mir bekannt ist, ist das ein Begriff, der in der Endlager-Community generell für diesen Prozess verwendet wird. Ich habe jetzt nicht den Eindruck, als wären wir die Einzigen, die diesen Begriff Langzeitsicherheitsnachweis für diesen Prozess verwenden.
Inhaltlich – da gebe ich dem Sachbeistand Recht – ist es eben etwas, was keine gegenständliche Nachweisführung umfasst.
„Deshalb wollen wir den Begriff Langzeitsicherheitsnachweis nicht benutzen“
Der Durchbruch kam erst bei einem Interview mit der Braunschweiger Zeitung. Darin formuliert Frau Nöthel, Vizepräsidentin des BfS, überraschend:
…Ich würde gerne zuerst auf Begrifflichkeiten eingehen: Wie sieht eine Bewertung der Langzeitsicherheit aus? Langzeitsicherheit heißt, dass ein Antragsteller über einen Zeitraum bis zu einer Million Jahren die Sicherheit als gewährleistet ansieht, dass so lange also keine unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt erfolgt. Über so einen langen Zeitraum kann aber niemand einen Nachweis erstellen.
Deshalb wollen wir den Begriff Langzeitsicherheitsnachweis nicht benutzen, sondern von Langzeitsicherheitsbetrachtungen sprechen: Wir nehmen Sicherheitsanalysen vor, es wird auf der Grundlage von Modellen gerechnet….
Das BfS ist lernfähig – Konsequenz für die Endlagersuche?
Damit ist nachgewiesen: Auch das BfS ist lernfähig. Das ist gut zu wissen. Vielleicht lernt diese Institution ja auch, sich bei der Endlagersuche auf eine Rolle zu konzentrieren und alle Doppelrollen – zwecks Erhöhung der Transparenz – abzugeben.