Die Hälfte des Inventars gehört nicht ins Endlager
Im Endlager Morsleben befinden sich radioaktive Abfälle, die die in der Betriebsgenehmigung festgelegten Endlagerbedingungen nicht erfüllen. Die Aktivität dieser als zwischengelagert bezeichneten Abfälle macht etwa die Hälfte des gesamten Inventars aus, ist also beträchtlich. Kritisch ist insbesondere ein Fass mit Radiumabfällen. Die Aktivität des darin enthaltenen Alpha-Strahlers Radium-226 beträgt etwa 3,7×1011 Becquerel und überschreitet damit den ERAM-Grenzwert für die Endlagerung um den Faktor 5.000.
Genehmigung zur Umlagerung des Radiumfasses
Das BfS hat im Jahr 2000 einen Antrag zur Umlagerung dieses Radiumfasses gestellt und im Jahr 2002 diesen Antrag geändert. Am 27.01.2005 wurde die Umlagerung als 24. Änderung der Dauerbetriebsgenehmigung vom Umweltministerium Sachsen-Anhalt genehmigt. Die Umlagerung selbst fand im Jahr 2006 statt.
Leider findet sich diese wichtige Änderungsgenehmigung nicht auf der Internetseite des BfS bei den ERAM-Unterlagen. Dort steht – trotz des Anspruchs auf Transparenz und Offenheit – lediglich die Dauerbetriebsgenehmigung von 1986. Erst durch Akteneinsicht konnte die Änderungsgenehmigung zugänglich gemacht werden.
Wesentliche Änderung des Betriebs des Endlagers ohne Öffentlichkeitsbeteiligung
Laut Seite 5 der Genehmigung – auch Erstreckung genannt – wird durch die beantragte Erstreckung der Betrieb des ERAM (Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben) wesentlich geändert. Nach § 9a AtG bedürfen wesentliche Veränderungen in Endlageranlagen der Planfeststellung. Anstelle des Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn die beantragte Veränderung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen haben kann.
Für Genehmigung war Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig
Leider findet sich in der Genehmigung kein Hinweis, ob die beantragte Veränderung erhebliche nachteilige Auswirkungen haben konnte. Jedoch wurde eine beantragte Änderung abgelehnt (S. 2):
Die von Ihnen beantragte Bewetterung, während und nach der Umlagerung wird abgelehnt. Die Abwetter aus dem Bereich vor der neuen Zwischenlagerkammer sind über den Schacht Bartensleben abzuleiten.
Darüber hinaus werden 14 Auflagen erteilt. Es ist davon auszugehen, dass die Ablehnung und die 14 Auflagen dazu dienten, erhebliche nachteilige Auswirkungen zu verhindern. Der Änderungsantrag hätte also mit einem Planfeststellungsbeschluss beschieden werden müssen. Das heißt, eine Beteiligung der Öffentlichkeit wäre notwendig gewesen.
Die dubiose Rolle der Eigenüberwachung
Weiterhin zeigt die Genehmigung die dubiose Rolle der Eigenüberwachung des BfS. So hat die Genehmigungsbehörde bei Verstoß gegen die Auflagen keine Sanktionsmöglichkeiten, da dafür die Eigenüberwachung zuständig ist. Die Genehmigungsbehörde würde dies gar nicht erfahren, denn sie muss von der Eigenüberwachung nicht informiert werden. Siehe zum Beispiel Auflage Nr. 7 zur Radon-222-Konzentration in der Zwischenlagerkammer.
Umlagerung ins Ostfeld verstößt gegen Gerichtsbeschluss
Das Radiumfass wurde in den Bereich des Ostfeldes umgelagert. Das Ostfeld war bereits Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung (BfS-Broschüre ERAM S.7):
Ein Eilantrag auf Unterlassung der Einlagerung hatte am 25. September 1998 Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg. Mit dem Beschluss des Gerichtes wurde die weitere Einlagerung im Ostfeld bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache untersagt.
Mit der Umlagerung wurde gegen diesen Beschluss verstoßen. Dazu finden sich keine Ausführungen in der Genehmigung.
Die Probleme mit Anhydrit
Kritisch ist die Umlagerung ins Ostfeld, da dies durch ein Abdichtbauwerk im Anhydrit abgedichtet werden muss. Der Versuch, ein solches Abdichtbauwerk zu errichten, ist aber gescheitert. Siehe auch Beitrag ERAM: Probleme mit den Abdichtungen. Auch das neuerliche Fachgespräch Abdichtungen am 24.10.2012 ergab dazu nichts wesentlich Neues (Protokoll S. 5):
MLU fragt nach der Zeitschiene zur Entscheidungsfindung und Durchführung eines erneuten Versuchs. Laut BfS soll zur MgO-Spritzbeton-Variante bis Ende 2012 eine Planungsstudie durch IfG erstellt werden, so dass im Ergebnis Anfang 2013 das weitere Vorgehen zu entscheiden ist. Ziel ist die Durchführung eines entsprechenden Großversuchs „Abdichtbauwerk im Anhydrit“ in 2014, ggf. mit paralleler Erstellung der Unterlagen zur Nachweisführung. Zur Nachfrage, ob BfS auch ein alternatives Vorgehen in der LSA erwägt, beispielsweise durch Abbau von Konservativitäten, führt BfS aus, dass dies als alleinige Vorgehensweise nicht zielführend erscheint und nicht verfolgt wird. BfS weist auf Nachfrage von Brenk Systemplanung auf die Tatsache hin, dass für den Nachweis der instantanen Dichtheit (nach Ende der Bauzustände) eine Druckkammer vorgesehen ist. Damit soll eine Duckbeaufschlagung des Bauwerkes erfolgen, wobei dabei der zu erwartende hydraulische Druck als Maßstab anzusehen sein wird.
Die kritische Rolle des Anhydrits kommt auch in der Auflage Nr. 12 zum Ausdruck:
12. Der Mindestabstand der neu aufzufahrenden Zwischenlagerkammer zum Hauptanhydrit muss 20 m betragen.
Frist läuft am 31.12.2014 ab
Wichtig ist die unter Punkt 4.2 festgelegte Befristung der erteilten Genehmigung bis zum 31.12.2014. Zu diesem Termin gilt es wirklich Schluss zu machen mit der Zwischenlagerung des Radiumfasses und der anderen zwischengelagerten Abfälle im ERAM. Klar abzulehnen ist das Vorhaben des BfS, diese radioaktiven Abfälle im ERAM endzulagern. Dies verstößt klar gegen den Optimierungsgrundsatz des Strahlenschutzes (§ 6 StrlSchV), selbst wenn irgendwelche Dosisgrenzwerte eingehalten werden.
Konrad: Wehret den Anfängen!
Wenn das vom BfS verfolgte Ziel zur Praxis wird, kann auch der Planfeststellungsbeschluss von Konrad unterlaufen werden. Statt der genehmigten 5,15×1018 Becquerel kann dann die doppelte Menge an Abfall endgelagert werden und so die 1019 Becquerel-Marke überschritten werden. Deshalb: Wehret den Anfängen!
Antrag über Wiederherstellung der Rückholbarkeit
Mit dem Datum vom 06.11.2013 wurde vor dem Hintergrund des
folgender Antrag gestellt: