Endlagerkommission hält internationalen Vergleich für notwendig
In der 1. Sitzung der Endlagerkommission (siehe verstümmelter Videomitschnitt) wurde immer wieder auf die Notwendigkeit des Vergleichs der Endlagerstrategien im internationalen Rahmen hingewiesen, so zum Beispiel von Herrn Wenzel (2:42:50), Herrn Grunwald (3:07:21), Herrn Untersteller (3:12:17) und nochmals von Herrn Wenzel (3:28:38). Schließlich fragte Frau Heinen-Esser beim BMUB-Vertreter nach entsprechenden Unterlagen.
Das Bundesumweltministerium hat nichts Aktuelles!
Die Antwort von MinR Peter Hart, Unterabteilung RS III Nukleare Ver-und Entsorgung (3:34:23):
Zu der Frage internationale Vergleichstudien liegt uns also nichts Aktuelles umfangreich vor…
Das Umweltministerium ist eigentlich die Institution, die die nationale Aufgabe hat, die Endlagerdebatte auch auf internationaler Ebene zu verfolgen oder durch untergeordnete Behörden verfolgen zu lassen.
INSOTEC im Ministerium unbekannt?
Leider unterbleibt das offensichtlich, denn ansonsten müsste dem Ministerium das EURATOM-Projekt InSOTEC (International Socio-Technical Challenges for implementing geological disposal) bekannt sein. In dessen Rahmen wurden ausführliche Länder- und Syntheseberichte erstellt. Die letzte Aktualisierung fand auf einem InSOTEC Stakeholder Seminar in Berlin vom 12. bis 13. November 2013 statt. Ausführlicher und aktueller geht es also kaum. Wer tagesaktuell auf dem Stand sein will, sollte regelmäßig die contrAtom-Nachrichten verfolgen.
Länderberichte Großbritannien und Dänemark fehlen
Leider fehlt bei den Länderberichten der von Großbritannien. Dies wurde per Email bemängelt, leider ohne Reaktion (siehe Beitrag Endlagersuche im internationalen Vergleich). Ist dieser noch nicht erstellt, wurde nur vergessen, ihn ins Internet zu stellen, oder trägt er statt der Bezeichnung PU (Public) das Kennzeichen RE (Restricted to a group specified by the partners of the InSOTEC project) oder sogar CO (Confidential, only for partners of the InSOTEC project)?
Auch ein Bericht über die vorbildliche Vorgehensweise von Dänemark ist nicht vorhanden. Denn dort wurden vor der Entscheidung zum Einstieg in die Atomkraftnutzung Endlagerstandorte gesucht. Sechs Salzstöcke wurden betrachtet. Wegen der negativen Untersuchungsergebnisse verzichteten die Dänen schließlich auf den Bau von Atomkraftwerken. Um dieses zu erfahren, muss man die Studie von Herrn Damveld heranziehen.
Und Schweden?
Erfrischend ist, dass der Länderbericht Schweden die sogenannte Freiwilligkeit, die in den Medien immer wieder hochgespielt wird, klarstellt. Gleiches geschieht in der vorzüglichen Arbeit über die schwedische Situation aus etwas anderer Blickrichtung, die von Ulf Roßegger im Rahmen von ENTRIA veröffentlicht wurde.
ENTRIA
In der Vorhabenbeschreibung von ENTRIA wird ebenfalls ein Ländervergleich im AP „ Nukleare Entsorgung aus Multi-Level-Governance-Perspektive“ Modul 4: „Endlagerungskonzepte und Optionen im internationalen Vergleich“ (Seite 49f) angekündigt:
Endlagerungsoptionen, relevante Governance-Konzepte, Formen von Öffentlichkeitsbeteiligung und „Community Relations“, in Europa (Großbritannien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Spanien, Italien, Schweiz und Schweden) und außerhalb (USA; Japan Südkorea, Kanada) werden inem einem literaturbasierten Vergleich analysiert und diskutiert. Nach der Auswertung der internationalen Erfahrungen wird FFU maximal sechs vertiefende Fallstudien zur Entwicklung in Europa und außerhalb anfertigen. ITAS wird arbeitsteilig die Fallstudien Schweiz und Schweden übernehmen. Darüber hinaus werden Problemlagen und Erfahrungen in weiteren Ländern im Rahmen von Experten-Workshops erfasst und ausgewertet.
Es stellt sich hier die Frage, ob dieses immer wieder formulierte Forschungsziel noch als wissenschaftlich bezeichnet werden kann? Sicher ist es wissenschaftlich notwendig, die Unterlagen zu den Ländern auf Aktualität zu prüfen und andere Sichtweisen zu ergänzen. Jedoch gebietet eine wissenschaftliche Vorgehensweise, als erstes mit Quellenverweisen zusammenzutragen, was auf dem Gebiet bereits erarbeitet wurde. In der gesamten ENTRIA-Beschreibung vermisst man dazu die Unterlage Appel, D., J. Kreusch, et al.(2001). Vergleichende Bewertung von Entsorgungsoptionen für radioaktive Abfälle Anhang A und die einschlägige Studie im Rahmen von AkEnd .
Forschungsgelder im Endlagerbereich
Offensichtlich können im Endlagerbereich in bestimmten politischen Situationen Forschungsgelder eingeworben werden, die unter wissenschaftlicher Sichtweise nicht in diesem Umfang zur Verfügung gestellt werden würden. Man könnte zu der Meinung kommen, Wissenschaft würde hier benutzt werden, um Entscheidungen hinauszuschieben. Diese Verzögerungen sind auch international zu beobachten, wie die folgende Tabelle von Herrn Damveld zeigt.
Land | Erwartet 1989 | Erwartet 1996 | Erwartet 2010 | Erwartet 2014 |
---|---|---|---|---|
Niederlande | 2000 | ?? | ?? | 2130 |
Belgien | 2030 | 2035 | 2070/80 | 2070/80 |
Deutschland | 2005/10 | 2010 | 2035 | 2041/45 |
Grossbritannien | ?? | 2030 | 2040 | 2075 |
Schweden | 2020 | 2020 | 2023 | 2023/25 |
Finnland | 2020 | 2020 | 2020 | 2022 |
Frankreich | 2010 | 2020 | 2025 | 2025/30 |
Schweiz | 2025 | 2020 | 2040 | 2060 |
Kanada | 2015/25 | 2025 | 2035 | 2035 |
USA | 2010 | 2013 | ?? | 2048 |
Die vollständige Tabelle mit Links zu den Einzelquellen kann hier heruntergeladen werden.
Nach gut einem Monat vollständiger Videomitschnitt verfügbar
Nun endlich – über einen Monat nach der Sitzung – ist der vollständige Videomitschnitt der Kommissionssitzung verfügbar unter http://dbtg.tv/cvid/3443751 . Da stellt sich die Frage, weshalb? Auch gab es seitens der Kommission, des Büros der Kommission noch der Bundestagsverwaltung eine Entschuldigung. Wird sich diese Schludrigkeit fortsetzen?