Erkenntnis aus einer Akteneinsicht
Zur Vorbereitung der Umweltministerkonferenz am 05.05.2017 wurde vom zuständigen Fachreferat des Umweltministeriums in Magdeburg (MULE) zu den Fragen der Rücknahme des Antrags zum Offenhaltungsbetrieb und des Planfeststellungsantrags zur Stilllegung des Endlagers Morsleben ein Papier verfasst, das an der Stelle
2) Rücknahme des Antrags zur Stilllegung
Aus hiesiger Sicht sind weiterhin keine stichhaltigen Gründe aus Landessicht bekannt, welche eine Rücknahme des Stilllegungsantrags durch das BMUB befürworten würden:..
die Anmerkung ist entschieden des zuständigen Staatssekretärs zeigt. Was ist entschieden? Wer hat wann entschieden? Diese Fragen konnte das Fachreferat bei der Akteneinsicht nicht beantworten. Deshalb wurde über FragdenStaat.de eine entsprechende Anfrage gestellt.
Die BGE zu Morsleben
Am 22.06.2017 hat die Geschäftsführerin der zuständigen Bundesgesellschaft Endlagerung (BGE) noch verlautet „Werde alles genau prüfen“ – siehe Beitrag BGE zu Morsleben..
Morsleben im Umweltausschuss
In der Sitzung des Umweltausschusses des Bundestages am 28.06.2017 führte Frau Schwarzelühr-Sutter als Parlamentarische Staatssekretärin im BMUB aus, dass die Rücknahme noch geprüft wird insbesondere in Hinsicht auf Effizienzvorteile – siehe Beitrag Endlager Morsleben im Umweltausschuss.
BMUB entscheidet, nicht die zuständige BGE
Sowohl Frau Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter als auch das Papier aus dem Umweltministerium Sachsen-Anhalt gehen wie selbstverständlich davon aus, dass das BMUB über die Rücknahme des Antrags und damit die Ausschaltung des Landesministeriums als Planfeststellungsbehörde nach § 58 Abs. 7 AtG entscheidet. Zuständig ist aber die BGE.
Eindeutig bestätigt wird dies auch durch ein Schreiben des BMUB an das MULE vom 19.04.2017.
Trennung der Aufgaben BfE/BGE ist Illusion, BMUB entscheidet alles Wesentliche
Hiermit wird deutlich, dass nicht eine fachliche Prüfung durch die BGE stattfindet, sondern eine eher politische Prüfung durch das Ministerium. Das BMUB nimmt nicht nur die Fach- und Rechtsaufsicht war, sondern entscheidet auch. Dies ist ein eklatanter Widerspruch zur proklamierten Trennung der Aufgaben zwischen BGE und BfE. Diese beiden Institutionen sind wohl doch nur die Handlanger des Bundesumweltministeriums.
Protokoll der Sitzung am 15.02.2017
Sehr aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang das Protokoll der Sitzung von BfS und Umweltministerium Sachsen-Anhalt am 15.02.2017. Der Zugang zu diesem Schriftstück wurde von der BGE noch auf der Grundlage § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG verweigert – siehe entsprechende Anfrage. In dieser Sitzung ging es nicht um das Ob, sondern um das Wie der Rücknahme, wenn ausgeführt wird:
…BfS kündigt wie einleitend berichtet an, den Stilllegungsantrag zeitnah zurückzunehmen. Eine konkrete Zeitschiene könne noch nicht genannt werden, da die Zustimmung des BMUB ausstehe…
BfE als Genehmigungsbehörde
Wesentliches Anliegen des Bundes ist es offensichtlich, die beiden Verfahren – Umstellung auf Offenhaltungsbetrieb und Stilllegung – auf das BfE als Genehmigungsbehörde zu übertragen. Der Antrag zur Umstellung auf Offenhaltungsbetrieb wurde bereits am 27.07.2017 zurückgenommen – siehe Meldung der BGE. Dies hat aber keine Konsequenz nach § 58 Abs. 7 AtG.
Stillstand statt Stilllegung
Festgelegt wurde in dem oben genannten Gespräch, die sofortige Einstellung aller Prüfarbeiten der Nochgenehmigungsbehörde MULE. Schon seit 2014 wird intensiv um die weitere Bearbeitung gerungen, siehe Schreiben des BfS an MLU vom 08.09.2015:
…Im Erweiterten Projektstatusgespräch 25./26. Juni 2014 habe ich Ihnen dargelegt, dass aufgrund der Plananpassungen und daraus resultierender Unterlagenänderungen, eine weitergehende Prüfung der bisher eingereichten Unterlagen (mit Ausnahme der Prüfkomplexe 6, 8 und 10) durch Sie nicht mehr zielführend ist.[Prot01, S. 2, TOP 3]….
Selbst die stark reduzierten Prüfungen der Genehmigungsbehörde mussten am 15.02.2017 eingestellt werden. Das heißt, das Projekt Morsleben wird schon seit gut einem halben Jahr überhaupt nicht mehr bearbeitet. Nicht Stilllegung, sondern Stillstand ist die Devise – siehe auch Flyer der BI Morsleben.
Zwischengelagerte Abfälle
Die zwischengelagerten Abfälle und insbesondere das Radiumfass spielen für das Land Sachsen-Anhalt laut Protokoll vom 15.02.2017 als auch laut Papier zur UMK-Vorbereitung eine wesentliche Rolle. Vorgesehen ist seitens des Vorhabenträgers eine Endlagerung in Morsleben, die nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht (Endlagerung in einem alten Gewinnungsbergwerk). Das Land geht offensichtlich davon aus, auf diesem Abfall sitzen zu bleiben, wenn er nicht so beseitigt wird, obwohl es Strahlenquellen aus Krankenhäusern der gesamten DDR sind. Was sind die juristischen Setzungen zur Knebelung des Landes Sachsen-Anhalt? Gibt es da nicht eine Parallele zu Rossendorf?
Endlagersuche
Das Land Sachsen-Anhalt befürchtet laut Protokoll des Gesprächs vom 15.02.2017 durch den Entzug der Genehmigungsaufgaben für das Endlager Morsleben Kompetenzverlust auch für die Endlagersuche. Zu Recht wird ausgeführt, dass im Land alle drei Wirtsgesteine vorkommen.
Anfrage umgehend beantwortet
Die oben genannte Anfrage über FragdenStaat.de an das MULE wurde umgehend vom Leiter des Referats 37 Nukleare Entsorgung, Atomrechtliche Verfahren, Strahlenschutz beantwortet. Die Antwort ist aber wenig inhaltsreich:
Gespräch auf Staatssekretärsebene am 13.09.2017
Am Rande der öffentlichen Startveranstaltung der BGE am 05.09.2017 teilte der zuständige Staatssekretär des MULE mit, dass
(1) die Zurückziehung des Planfeststellungsantrags zur Stilllegung des Endlagers Morsleben noch nicht entschieden ist und
(2) dazu am 13.09.2017 auf Staatsekretärsebene ein Gespräch zwischen MULE und BMUB stattfinden wird.
Die Frage nach Entscheidungskriterien wurde nicht beantwortet.