Infomail Standortsuche Nummer 004
Am 28. Mai erschien die Infomail Standortsuche Nummer 004 von .ausgestrahlt – kann hier abonniert werden. Im Wesentlichen wird berichtet von der letzten NBG-Sitzung – diesmal bei der BGE in Peine.
Darin werden unter anderem folgende Punkte angesprochen:
- große Datenlücken, weil viele Akten nicht digital vorliegen,
- „großräumige Vertikalbewegungen“ und „vulkanische Aktivität“ liefern die Länder bis auf wenige Ausnahmen keine Prognosen für die nächsten eine Million Jahre.
- Zum Kriterium „Aktive Störungszonen“ sind die Daten wenig aussagekräftig. Nur neun Prozent der Störungszonen sind als aktiv eingestuft, vier Prozent als nicht aktiv. Bei 87 Prozent ist die Aktivität unbekannt.
- Beim Kriterium „Einflüsse aus gegenwärtiger oder früherer bergbaulicher Tätigkeit“ ist nicht bekannt, inwiefern Bohrungen teilweise abgelenkt wurden.
endlagerdialog.de hat über dieselbe Sitzung im Beitrag NBG: Die Wiederentdeckung der 3D-Modelle der Bundesländer berichtet, dabei wurden diese Punkte jedoch nicht angesprochen. Weshalb?
Der Unsinn in § 13 Abs. 2 StandAG
All die oben genannten Punkte betreffen Ausschlusskriterien. Diese sollen laut § 13 Abs. 2 StandAG im ersten Schritt angewendet werden. Schon auf dem ersten Fachworkshop der BGE mit den Landesbehörden am 05.09.2017 ist dies seitens der Länder als wenig hilfreich deklariert worden – siehe Beitrag BGE-Fachworkshop Ausschlusskriterien.
Um den Datenumfang möglichst klein zu halten, wurde weiterhin vorgeschlagen, schon bei den Ausschlusskriterien nur die Gebiete zu berücksichtigen, in denen Salz-, Ton- oder Kristallinformationen nicht auszuschließen sind…
Seitens der BGE wurde darauf verwiesen, dass das StandAG dies nicht gestattet – Stichwort Weiße Landkarte. Die Vertreterin des BMUB sah das nicht so eng.
Dies ist Schnee von gestern, denn sowohl die Vertreterin der BGE als auch die des BMU haben diesen Posten inzwischen nicht mehr. Die zuständige Referatsleitung im BMU wurde seither bereits zweimal neu besetzt.
Der serielle Umweg mit Datenfriedhöfen rechts und links des Weges
Doch der Vorstoß der Fachbehörden der Länder war geprägt von der fachlichen Einsicht, dass der juristisch vorgesehene Weg einen enorm hohen Aufwand bedeutet, der keinerlei Mehrwert hat. Doch die BGE hält sich stur an diese Vorgabe der seriellen Bearbeitung. Weder das BMU noch die dafür zuständige Regulierungsbehörde BfE haben versucht, diese unsinnige Gesetzespassage zu novellieren, obwohl die Datenlage bereits in K-MAT 53a realistisch geschildert wurde.
Prognosen zu erstellen ist nicht Aufgabe der landesgeologischen Dienste
Weiterhin wurde seitens der Landesfachbehörden immer wieder betont, dass die Erstellung von Prognosen über die nächsten 1 Mio. Jahre allein die Aufgabe der BGE sei. Gerade beim BfE gerät die Standortsuche in rein juristische Hände – siehe Abteilungsleitung SV. Fachliche Aspekte spielen offensichtlich keine Rolle. Es gibt lediglich eine Ausnahme: Das Ausschlusskriterium Grundwasseralter im einschlusswirksamen Gebirgsbereich wird nicht stur seriell abgearbeitet, da es hier klar ist, dass es ein Irrweg ist. Weiterhin wird jetzt betont, dass die Ausschlusskriterien bis zum Ende der Standortauswahl gelten. Die Ausschlusskriterien werden also nach der seriellen Anwendung weiterhin parallel angewendet.
Wo liegen Salz-, Ton- und Kristallinvorkommen?
Unter fachlichen Aspekten und unter Berücksichtigung des Aufwands hätte am Anfang der Standortsuche allein die Frage nach Salz-, Ton- und Kristallinvorkommen in der Tiefe ab 300 m unterhalb der Erdoberfläche stehen müssen. Eine maximale Tiefe wollte die Endlagerkommission nicht festlegen, der inzwischen aus § 21 Abs. 2 StandAG entnommene Wert von 1500 m ist durchaus akzeptabel. Erst dann hätten Daten zu den Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen allein in den Salz-, Ton- und Kristallinregionen erhoben werden müssen.
.ausgestrahlt und die allein juristische Sichtweise
Wenn seitens .ausgestrahlt die Defizite bei den Daten zu den Ausschlusskriterien betont werden, wird hier die juristische Sicht herangezogen. endlagerdialog.de hat seit Beginn der Standortsuche eine eher fachliche Sicht. Was spielen unvollständige Datenfriedhöfe später für eine Rolle? Jetzt führen sie zu Mehraufwand sowie Mehrkosten und die Zeit läuft aus dem Ruder.
Unterschiedliche Sichtweisen in Loccum?
Unterschiedliche Sichtweisen sind auch Gegenstand der Veranstaltung Standortsuche: Miteinander – aber nicht konform? in der Evangelische Akademie Loccum. Schaut man sich das Veranstaltungsprogramm an, so wird die fachliche Sichtweise keine Chance haben, denn LandesgeologInnen als ReferentInnen sind nicht vorgesehen. BfE und BGE als Untergebene des BMU werden nicht über ihren juristischen Schatten springen. Vielleicht wird die Leiterin des Referats Grundsatzangelegenheiten der nuklearen Entsorgung, Standortauswahl Endlagerung im BMU aktiv im Sinne ihrer Vorvorgängerin? Eine Abteilung Grundsatzangelegenheiten der nuklearen Entsorgung, Standortauswahl Endlagerung gibt es im BMU nicht.
Geologie und Prognosen
Die Landesgeologischen Dienste haben immer wieder betont, dass es nicht ihre Aufgabe ist, zeitliche Prognosen über eine Million Jahre aufzustellen. Es stellt sich die Frage, ob die Geologie als Wissenschaft überhaupt Instrumente für zeitliche Prognosen entwickelt hat?
Die Geologie entwickelte sich seit James Hutton im Wesentlichen aufgrund der Anwendungen bei Kanal- und Eisenbahnbauten und beim Auffinden von Rohstoffen – siehe auch Bryson, B.(2004). Eine kurze Geschichte von fast allem – A Short History of Nearly Everything, Seite 86 ff.
Die Geologie war also bisher zuständig für Prognosen, aus welchen Erdzeitaltern die Erdschichten unterhalb eines Punktes an der Erdoberfläche (Stratigrafie) stammen und welche Gesteinsabfolge (Lithologie) deshalb dort zu erwarten ist.
Zeitliche Prognosen erfordern aber mehr Kenntnis der zurzeit ablaufenden und zu erwartenden Prozesse. Eine solche zeitliche Extrapolation erfordert ein tiefes Verständnis der geologischen Prozesse und eine Quantifizierung der Einflussgrößen. Das ist das Feld der sich entwickelnden Geophysik. Die Geologie ist da schnell überfordert.
Dies ist eine Einschätzung eines Physikochemikers. Was sagen GeologInnen und GeophysikerInnen dazu?