Geologiedatengesetz: Moratorium bei Standortauswahl nicht mehr vermeidbar

Fachgespräch bei der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen haben ein Fachgespräch zum Geologiedatengesetz (GeolDG) veranstaltet, um zu klären, ob der Regierungsentwurf den Anforderungen des StandAG genügt.

„Fast“ alle entscheidungserheblichen Daten werden öffentlich sein

Vom Bundeswirtschaftsministerium wurde anhand von konkreten Beispielen ausgeführt, dass nach dem Gesetzesentwurf fast alle Daten, die für die Standortauswahl notwendig sind, auch öffentlich verfügbar sein werden. Das hört sich im Prinzip gut an, zwei Punkte stoßen jedoch auf.

Ein Moratorium bei der Standortauswahl ist nicht mehr zu verhindern

Das GeolDG müsste dazu rechtskräftig werden. Erst im März soll eine Sachverständigenanhörung im Wirtschaftsausschuss stattfinden. Gerechnet wird mit einer Rechtskraft nicht vor Mai 2020. Da Daten erst sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes öffentlich bereitgestellt werden (§ 29 Abs. 2 Entwurf GeolDG), werden sie bei der für Ende September geplanten Fertigstellung des Zwischenberichts Teilgebiete nicht öffentlich zur Verfügung stehen. Nach der im StandAG geforderten Transparenz kommt man also selbst bei einem optimalen Szenario um ein Moratorium bei der Standortauswahl nicht herum. Dabei muss zusätzlich bedacht werden, dass die Öffentlichkeit und Umweltverbände Zeit und finanzielle Ressourcen brauchen, um mit den Daten sinnvoll umgehen zu können.

Nur fast alle notwendigen Daten!

Der zweite Punkt: Nur fast alle notwendigen Daten dürfen veröffentlicht werden. Egal wie gering der Prozentsatz ausfällt, jedes Datum ist der Ausgangspunkt von Misstrauen. Es ist damit zu rechnen, dass die Kategorisierung der Daten in Nachweisdaten, Fachdaten und Bewertungsdaten Ermessensspielräume eröffnet, die Misstrauen wecken. So können Fachdaten zu Nachweisdaten werden, was öffentlich kaum nachvollziehbar sein wird. Weiterhin ist zu fragen, wer deklariert die Notwendigkeit und Entscheidungserheblichkeit der Daten für die Standortauswahl? Kann man der BGE voll vertrauen? Woher soll dieses Vertrauen kommen?

3D-Modelle oder auch die zugrunde liegenden Daten?

Klarheit konnte zu § 34 Abs. 4 Satz 4 nicht hergestellt werden:

Für staatliche 3D-Modelle des Untergrunds, die über nichtstaatliche Fachdaten oder nichtstaatliche Bewertungsdaten Aufschluss geben könnten, ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 erfüllt sind, wenn die 3D-Modlle für die Suche und Auswahl eines Standortes zur Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen erforderlich sind.

Dürfen lediglich die 3D-Modelle veröffentlicht werden oder umfasst diese Regelung auch die für die 3D-Modelle verwendeten Fach- und Bewertungsdaten im Besitz Dritter. Wie gesagt, dieser Punkt blieb strittig. Für Transparenz nach StandAG müssen selbstverständlich auch die Ausgangsdaten öffentlich zugänglich sein.

Notwendige aber nicht hinreichende Bedingung

Mehrfach wurde betont, dass die öffentliche Datenzugänglichkeit nicht die einzige Bedingung ist, damit der Zwischenbericht Teilgebiete sinnvoll öffentlich diskutiert werden kann. Die Datenzugänglichkeit ist zwar keine hinreichende, aber notwendige Bedingung.

Vertrauensgremium als Vorstufe zur Transparenz

Als Vorstufe zur vollständigen Transparenz wurde mehrfach ein Vertrauensgremium vorgeschlagen. Ob das NBG hier sich selbst mit Verschwiegenheitserklärungen festlegt, ist nach den bisherigen Erfahrungen nicht zu erwarten und nicht zu empfehlen.

Die Ausgestaltung des notwendigen Moratoriums

Wie bereits ausgeführt, kommt man selbst bei optimistischen Zeitplan für die Verabschiedung des GeolDG um ein Moratorium im Auswahlverfahren nicht herum. Die Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete kann erst erfolgen, wenn auch alle entscheidungserheblichen Daten öffentlich zugänglich sind. Dabei sind folgende drei Entscheidungen zu berücksichtigen:

  1. Warum ist ein Gebiet Teilgebiet?
  2. Warum ist ein Gebiet kein Teilgebiet?
  3. Warum ist ein Gebiet wegen nicht hinreichender Daten nicht bewertbar?

Während des Moratoriums sollten geologische Daten nach und nach in geeigneter Form veröffentlicht werden. Hier ist eine kartografische Darstellung in Layern naheliegend. Angefangen könnte schon heute mit den öffentlichen Daten nach § 21 StandAG in einem ersten Layer.

Benennung noch nicht öffentlich zugänglicher Daten

Daten, die entscheidungserheblich sind aber noch nicht veröffentlich werden dürfen, sind in dieser Darstellung genau zu benennen und jeweils einzutragen, weshalb eine Veröffentlichung noch nicht möglich ist und welches Verfahren dazu läuft. Dies wäre nach Einschätzung eines Vertreters eines Landesgeologischen Dienstes auf der Grundlage des GeolDG möglich. Wenn die Darstellung zeigt, dass alle Daten öffentlich zugänglich sind, ist das Moratorium beendet und der Zwischenbericht Teilgebiete kann veröffentlicht werden.

Heranführung an die fachlichen Grundlagen

Eine solche wachsende Darstellung böte der BGE und insbesondere des für die Öffentlichkeitsbeteiligung zuständigen BaSE die Möglichkeit, die interessierte Öffentlichkeit an die fachlichen Grundlagen heranzuführen.

Spin-off Effekt des StandAG

Auch für die Standortauswahl nicht entscheidungserhebliche Nachweis-, Fach- und Bewertungsdaten (auch Untergrundmodelle Dritter) könnten in dieser Darstellung benannt werden. Diese böte wertvolle Ausgangspunkte für wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Geologie und der Geophysik. Auch die Geothermie als nichtfossile Energiequelle könnte davon profitieren. Damit hätte das StandAG positive Seiteneffekte, die ohne den Druck durch die Standortauswahl nicht eingetreten wären. Erinnert sei an das Scheitern des ersten Anlaufs eines Geologiedatengesetzes aus dem Jahr 2012.

6 Gedanken zu „Geologiedatengesetz: Moratorium bei Standortauswahl nicht mehr vermeidbar

    • Es bleibt aber ein Moratorium im Standortauswahlverfahren

      Sicherlich kann man den Zwischenbericht in der Moratoriumsphase veröffentlichen. Es bleibt aber ein Moratorium im Standortauswahlverfahren, denn erst wenn alle Daten öffentlich vorliegen, kann mit dem Format Fachkonferenz Teilgebiete begonnen werden.

      Der Vorteil dieses Vorgehens wäre, dass es Teilgebiete gibt und damit Bürger*innen, die sich betroffen fühlen. Damit könnte die Endlagerfrage an Dynamik gewinnen. endlagerdialog.de hat aber den Eindruck, dass die Überwachungsbehörde BaSE eine solche Dynamik verhindern will.

      Weiterhin kann es auch sein, dass der Zwischenbericht sehr großflächige Teilgebiete benennt und damit sich die konkrete Betroffenheit in Grenzen hält. Erinnert sei daran, dass die BGR-Studie bisher Kristallinvorkommen (Granit, Gneis) nur in Betracht gezogen hat, wenn sie oberflächennah anstehen. Dies hat sich mit dem StandAG grundsätzlich geändert. Das Grundgebirge ist deutschlandweit kristallin. D. h. wenn dieses Grundgebirge bis in 1.500 m (BGE), 3.000 m BASE, ∞ m StandAG aufsteigt, wird dies mit großer Wahrscheinlichkeit als Teilgebiet festgelegt werden müssen, da die Eigenschaften relativ unbekannt sind. Die Mindestanforderungen und Abwägungskriterien können auf der Grundlage dieser schmalen Datenbasis kaum angewendet werden.

  1. Ein mögliches Moratorium mit § 29 Abs. 2 GeolDG zu begründen erscheint mir insofern nicht schlüssig, als dass BGE und BASE gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 4 GeolDG von der 6-Monatsfrist abweichen können.

    • Vielen Dank für den Hinweis. Sie haben Recht, das hatte ich nicht bedacht.

      Ich denke, dies zeigt, dass ein Ablaufschema für die Öffentlichkeit und für Nichtjurist*innen und sogar Jurist*innen, die sich noch nicht intensiv mit dem GeolDG befasst haben, notwendig ist.

  2. Entschließungsantrag zum Geologiedatengesetz im Niedersächsischen Landtag

    30.01.2020: Erste Beratung
    Standortsuche ergebnisoffen durchführen – Geologiedatengesetz anpassen

    Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU – Drs. 18/5639

  3. Angefangen werden könnte schon heute mit den öffentlichen Daten nach § 21 StandAG in einem ersten Layer.

    Die kartografische Darstellung sollte man Fachleuten überlassen. Diese sitzen im Bundesamt für Kartographie und Geodäsie. Diese betreiben bereits zu diversen Geodaten das Geoportal.de. So gibt es eine Karte über die Erdbeben in Deutschland im Jahr 2019 oder auch ein Geostrukturmodell der deutschen Nordsee.
    Es wäre ein leichtes, die öffentlichen § 21-Daten an das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie zu übermitteln, um diese flächenhaft darzustellen. Aber das BaSE klammert sich weiterhin an die Weiße Deutschlandkarte.

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