BMU verbreitet Fehlinformation zu den Sicherheitsverordnungen

Sicherheitsverordnungen durch Bundestag bestätigt

Heute wurden die Sicherheitsverordnungen nach §§ 26 und 27 StandAG im Bundestag bestätigt, wie sie vom BMU vorgelegt wurden. Die Beschlussempfehlung des Umweltausschusses, die dazu verabschiedet wurde, wiederholt nur Altbekanntes. Selbst der letzte Absatz

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
den Stand von Wissenschaft und Technik der Sicherheitsuntersuchungen für ein Endlager für hochradioaktive Abfallstoffe regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls Vorschläge für die Evaluierung der Sicherheitsverordnungen zu unterbreiten. Dazu liefert die Bundesregierung dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit jeweils zur Mitte der Legislaturperiode einen schriftlichen Bericht, über den anschließend im Ausschuss beraten wird.

geht nicht wesentlich über die Regelungen in § 26 Abs. 3, letzter Satz bzw. § 27 Abs. 6, letzter Satz StandAG hinaus, wonach die Verordnungen spätestens nach bzw. alle zehn Jahre zu überprüfen sind.

Sachfremde Beschlussempfehlung

Die Anbindung an Legislaturperioden ist sachfremd. Sinnvoll wäre es, jeweils vor der Durchführung der weiterentwickelten bzw. den umfassenden vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen eine Überprüfung durchzuführen – also vor der Entscheidung nach § 15 Abs. 3 (übertägige Erkundungen) bzw. § 17 Abs. 2 (untertägige Erkundungen).

Fehlinformation in BMU-Pressemitteilung

Noch haarsträubender ist die Pressemitteilung des BMU zur Bestätigung durch den Bundestag. Darin wird behauptet:

…Der Gesetzgeber misst der Einbeziehung der Öffentlichkeit im Standortauswahlverfahren hohen Wert bei. Deshalb hat das BMU auch bei der Beteiligung der Öffentlichkeit im Verordnungsgebungsverfahren neue Wege beschritten:…

Das ist falsch. Die vorhergehenden Sicherheitsanforderungen aus dem Jahr 2010 wurden auf einem öffentlichen Symposium beraten und dazu Online-Konsultationen durchgeführt – siehe Dokumentation des Forums zum Endlagersymposium 2008/2009 gescheitert.

Deutliche Verschlechterung gegenüber dem Verfahren 2008/2009

Damals hatte sich das BMU sogar aktiv an der Online-Konsultation beteiligt. Hier gibt es eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Verfahren 2008/2009. Dass damals das Ergebnis ein Erlass war, und es heute Verordnungen sind ist unter dem Aspekt der Einbeziehung der Öffentlichkeit marginal.

Stümperhafter Arbeit

Weiterhin wurde die Online-Konsultation 2019 nicht vollständig ausgewertet. Dies wurde auch nicht nachgebessert. Hier kann nur von stümperhafter Arbeit gesprochen werden – siehe hier.

Die sachfremd organisierte Mehrheit

Weiterhin wird in der BMU-Pressemitteilung ausgeführt:

…Ende Juni 2020 hat der Umweltausschuss des Deutschen Bundestages verschiedene Experten zur Verordnung angehört. Dabei traf die Verordnung bei der großen Mehrheit der geladenen Experten auf Zustimmung…

Dass hier angeblich eine Mehrheit der Zustimmung zustande gekommen ist, ist nicht verwunderlich, wenn man Expert*innen anhört, die die Verordnungen geschrieben haben, oder Juristen, die nach eigener Aussage zum Sachthema nichts sagen können. Das ist nichts anderes als sachfremd organisierte Mehrheit.

Vertrauen fehl am Platz

Wer solche Pressemitteilungen verfasst und dazu im Vorfeld falsche Antworten auf Anträge nach IFG liefert, kann kein Vertrauen genießen. Ein erster Schritt wäre es gewesen, sich für solche Falschauskünfte zu entschuldigen. Das ist bis heute nicht geschehen. Siehe auch BMU-Veranstaltung: Das war ein Fehlschlag.
Angemerkt sei noch, dass das BMU die zentrale Institution bei der Endlagersuche ist. Sowohl BGE (operator) als auch BaSE (regulator) sind dem BMU untergeordnet, und selbst das NBG ist beim UBA, einer dem BMU nachgeordneten Behörde, angesiedelt

3 Gedanken zu „BMU verbreitet Fehlinformation zu den Sicherheitsverordnungen

  1. Stichwort Vertrauen: Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar (ehemals Emnid) zeigt, wem die Bevölkerung bei der Standortsuche vertraut. Das Ergebnis ist eindeutig: 61 Prozent der Befragten halten Umweltorganisationen für sehr vertrauenswürdig oder eher vertrauenswürdig. Bei Behörden äußern dies nur 36 Prozent und bei der Politik sogar nur 31 Prozent. Mehr dazu:
    https://www.ausgestrahlt.de/presse/uebersicht/reprasentative-umfrage-zur-endlagersuche-vertrauen/

  2. Es ist korrekt, wenn das BMU sagt, daß die große Mehrheit der geladenen Experten der Verordnung zugestimmt hat.

    Und es ist gleichzeitig eine grobe Irreführung der Bevölkerung, wenn zunächst die „Beteiligung der Öffentlichkeit im Verordnungsgebungsverfahren“ hervorgehoben – und dann bei dem Hinweis auf die Mehrheit der geladenen Experten geflissentlich unterschlagen wird, daß genau der EINE geladene Experte, der für sich in Anspruch nehmen kann, die nichtberücksichtigten Eingaben der beteiligten Öffentlichkeit in den Umweltausschuß eingespeist zu haben, der Verordnung NICHT zugestimmt hat.

    Aus dem WIDERSPRUCH der beteiligten Öffentlichkeit wird so eine ZUSTIMMUNG der beteiligten Öffentlichkeit gemacht. Chapeau!

  3. Ein anderer Satz aus der Pressemitteilung des BMU: „Viele der so eingegangenen Kommentare haben Eingang in die nun beschlossene Fassung der Verordnung gefunden und zu klareren Formulierungen beigetragen.“ – Nochmal: Diejenigen Eingaben der beteiligten Öffentlichkeit, die überhaupt berücksichtigt wurden, haben „zu klareren Formulierungen beigetragen“.

    Ob das BMU schon gemerkt hat, wie herablassend und abwertend es ist, die Kommentare der Öffentlichkeit auf die Klarstellung von Formulierungen zu reduzieren? Es heißt, durchaus korrekt, „Inhalte wurden auf dem Symposium im Detail diskutiert“. – Und als Konsequenz aus der Diskussion der Inhalte wurden Formulierungen, die die dumme Öffentlichkeit nicht sofort kapiert hat, nochmal klargestellt? Vielen Dank, liebes BMU!

    Im Klartext sagt das BMU: Inhaltlich hatte uns das Expertenteam die bestmögliche Arbeit abgeliefert und deshalb war es folgerichtig, bei der Beteiligung der Öffentlichkeit sicherzustellen, daß unter keinen Umständen die öffentliche Kritik zu einer inhaltlichen Änderung führen würde.

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