Videostreamveranstaltung des BaSE
Am 17.09.2020 bot das BaSE unter dem Motto Mitgestalter*innen gesucht – Beteiligung auf der Fachkonferenz eine Videostreamveranstaltung zur Vorbereitung der Fachkonferenz Teilgebiete an. Dabei konnten die Zuschauer per Chat Fragen stellen. Der Moderator griff einige Fragen sinngemäß auf, die dann von BaSE-Mitarbeiter*innen in etwa beantwortet wurden. Viele Fragen blieben aber offen. Begründet wurde das mit der fehlenden Zeit. Erinnert sei, dass bei der Öffentlichkeitsbeteiligung im Format Erörterung dies nicht zulässig ist. In diesem Format müssen alle Fragen behandelt werden.
Dokumentation gut drei Wochen später
Gut drei Wochen später wurde in der Rubrik weitere Meldungen ein Papier mit dem Titel DOKUMENTATION DER INFO-VERANSTALTUNG „ENDLAGERSUCHE: MITGESTALTER*INNEN GESUCHT“ – STAND: 7. OKTOBER 2020 veröffentlicht.
Nur Frage/Antwort-Sammlung
Beim Lesen stellt sich heraus, dass es sich nicht um eine Dokumentation handelt, sondern lediglich um eine Frage/Antwort Sammlung. Zum Beispiel fehlen die Informationen über die Reichweite der Veranstaltung (Anzahl der Teilnehmer*innen) und die Anzahl der Teilnehmenden, die an den Umfragen teilgenommen oder Fragen gestellt haben, die also aktiv wurden. Auch wird nicht festgehalten, welche technischen Probleme auftraten, weshalb diese auftraten und wie diese in Zukunft vermieden werden. Ein Beispiel sei genannt:
Beim Abschicken von Fragen taucht bisweilen die Meldung „Sie haben die Art Ihres Statements nicht ausgewählt. Bitte wählen Sie die Art aus.“ auf. Wo kann man die Art angeben?
Fragen oft ausweichend beantwortet – § 21-Daten
Die Fragen werden oft nicht zielgerichtet beantwortet. So die Frage:
Die Daten auf der BaSE-Website zu § 21 sind nicht vollständig. Werden diese vom BASE veröffentlicht?
Darauf wird langatmig mit Ausführungen zu den § 21-Verfahren geantwortet, was nicht Gegenstand der Frage war. Die Frage zielte auf die Unvollständigkeit der BaSE-Veröffentlichungen. Dazu gibt es den lapidaren Satz:
Lediglich datenschutzrelevante Informationen werden dabei entfernt.
Welche Informationen sind das und warum sind diese datenschutzrelevant? Ändert sich daran auch nichts nach dem Geologiedatengesetz?
GIS-Darstellung Störungszonen
Ein zweites Beispiel:
Werden die Daten aus dem BaSE-Forschungsvorhaben „Störungszonen“ am 28.09. öffentlich in WEB-GIS-Format vorliegen?
Nach ermüdenden Ausführungen über das angesprochene Forschungsvorhaben kommt zum Schluss die lapidare Feststellung:
Die Überführung der Daten in ein WEB-GIS System war nicht Teil des beauftragten Forschungsprojekts.
Dies steht ja schon im Abschlussbericht des Projektes. Aber auf Seite 29 ist zu lesen:
In einem Geoinformationssystem (GIS) kann zur Visualisierung der online recherchierten Geofachdaten die kartographische Repräsentation der in der Störungsdatenbank erfassten Störungen/Störungszonen abgelegt werden, wodurch die Informationen aus der Literaturdatenbank in einen räumlichen Kontext eingeordnet werden können.
Die Frage zielte darauf, ob das BaSE als für die Öffentlichkeitsbeteiligung zuständige Behörde dieses Geoinformationssystem zur Verfügung stellt. Es war nicht gefragt, ob dies Teil des Projektauftrags war.
Pseudoantworten sollten nicht zum Stil einer Fachbehörde gehören
Solche Pseudoantworten sind ja bis hin zu überspezifischen Dementis leider üblich im politischen Alltag, sollten aber bei einer Fachbehörde nicht zum Stil gehören.
Wurde mit der Datierung gespielt?
Auf die Frage:
Wenn man mehrere Rollen hat, z. B. als Wissenschaftler, Vertreter einer gesellschaftlichen Organisation und Bürger wie auch Journalist, hat man dann die Möglichkeit, sich mehrfach zur Liveveranstaltung anzumelden?
Gibt es keine Antwort, sondern den:
Hinweis: Die Auftaktveranstaltung der Fachkonferenz wird aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage ausschließlich als Online-Veranstaltung durchgeführt. Aus diesem Grund müssen Sie sich keiner Kategorie zuordnen.
Damit drückt man sich vor der Antwort, wie es für die Auftaktveranstaltung vorgesehen war und wie womöglich bei den drei Arbeitsveranstaltungen der Fachkonferenz verfahren wird. Oder hatte man sich dazu bis zur Absage der Live-Veranstaltung am 06.10.2020 noch nichts überlegt? Wurde deshalb das vorliegende Papier mit 07.10.2020 datiert?
Wer überwacht eigentlich die Öffentlichkeitsbeteiligung?
Das BaSE hat zwei Rollen: einerseits Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung und andererseits Regulierung/Überwachung des gesamten Standortauswahlverfahrens.
Aber wer überwacht die Öffentlichkeitsbeteiligung. Das BaSE überwacht mit Akribie die Öffentlichkeitsarbeit der BGE, die diese nach § 3 Abs. 2 StandAG anbietet. So verbot das BaSE – damals noch als BfE – die Veröffentlichung der Ausschlussgebiete und hat in einer feindlichen Übernahme die von der BGE ursprünglich geplanten bundesweiten Informationsveranstaltungen an sich gezogen.
Überwacht das BaSE die Öffentlichkeitsbeteiligung in Eigenüberwachung? Ist dies für einen wesentlichen Teil des Standortauswahlverfahrens angebracht?
Ansatzweise hat der Partizipationsbeauftragte nach § 8 Abs. 5 StandAG eine solche Rolle. Kann er aber beim BaSE wirklich so einschreiten, wie es das BfE gegenüber der BGE getan hat?
Weitere Beteiligungsformen und Kontrolle der Öffentlichkeitsbeteiligung
Die Partizipationsformate des StandAG wurden von der Endlagerkommission mit Bedacht unterschiedlich formell konzipiert:
a) Die Stellungnahmeverfahren und Erörterungstermine nach § 7 StandAG haben einen starken formellen Charakter. Hier gelten die höchsten Standards an die Vollständigkeit und Belastbarkeit der Antworten.
b) Die Konferenzen nach § 9-11 StandAG (Fachkonferenz Teilgebiete, Regionalkonferenzen, Rat der Regionen) sollen durch ihren eher informellen Charakter einen offenen Dialog zwischen allen Beteiligten ermöglichen. Ihre Durchführung ist aber obligatorisch.
c) die „weiterer Beteiligungsformen“ nach § 5 Absatz 3 StandAG eröffnen große Möglichkeiten, aber sie unterliegen keinen formellen Anforderungen und sind optional. Die Kommission wollte dadurch die notwendige Agilität des Verfahrens unterstützen.
Die Veranstaltung am 17.09.2020 war so eine „weitere Beteiligungsform“. Ich finde es daher in Ordnung, wenn das BASE bei der (ebenso optionalen) Dokumentation freie Hand behält. Dennoch ist Ihre Frage relevant, wer eigentlich die Öffentlichkeitsbeteiligung kontrolliert. Ich sehe da drei Akteure:
1) Die Abteilung SV des BASE: Sie kann auf dem Dienstweg einschreiten, wenn Bestimmungen des StandAG verletzt werden. Ich vermute, dass sich dies auf Elemente der Rechtsaufsicht beschränken wird, beispielsweise, wenn die Regionalkonferenzen zu spät einberufen würden.
2) Das NBG und die Zivilgesellschaft: Die Fachgruppe Öffentlichkeitsbeteiligung des NBG begleitet die Arbeit der Abteilung ÖB des BASE intensiv. Ebenso äußert die Zivilgesellschaft bei Bedarf Kritik. Die Vorbereitung der Fachkonferenz hat gezeigt, dass diese Begleitung konfliktreich sein kann und weder die Zivilgesellschaft noch das NBG im rechtlichen Sinne „einschreiten“ kann. Dennoch hat das BASE Kurskorrekturen vorgenommen (z.B. Mitglieder der Vorbereitungsgruppe, Termine)
3) Der Partizipationsbeauftragte: Die Rolle hat keinerlei formelle Rechte, aber den gesetzlichen Auftrag sowohl NBG, BGE als auch das BASE zu beraten und auf Verfahrenskonflikte vorausschauend hinzuweisen. Durch diese Konstellation ist es mir möglich, operative Defizite unabhängig von Hierarchien zu benennen. Zudem kann ich passgenau alternative Vorgehensweisen ausarbeiten (z.B. bei den Themen Ressourcen oder Selbstorganisation).
In der Summe aus Rechtsaufsicht, öffentlicher Kontrolle und fachlicher Beratung kann die Partizipationsarbeit des BASE also effektiv begleitet und kontinuierlich verbessert werden. Garantiert ist dies nicht.
Da sind wir wieder bei der berüchtigten Eigenüberwachung
In Punkt 1) wird auf die SV-Abteilung des BaSE hingewiesen. Damit findet hier eine Eigenüberwachung statt, die immer problematisch ist. Deshalb müssen hier wenigstens organisatorische Maßnahmen ergriffen werden.
In der BfS-Zeit gab es eine Überwachung des Operators BfS durch sich selbst, die ich persönlich bei meiner BfS-Tätigkeit als vollkommen zahnlos erlebt habe und später beim Erörterungstermin zur Schließung von Morsleben an jedem Verhandlungstag als ersten Punkt juristisch sich entlarvend darstellen ließ.
Und dabei war im BfS das klarer geregelt als jetzt im BaSE: Die Eigenüberwachung war hierarchisch allein der Vizepräsidentin unterstellt und nicht dem Präsidenten. Von der Vizepräsidentin ging die Hierarchielinie direkt in das BMU. Siehe auch Beitrag Endlich eigene BaSE-Abteilung „Öffentlichkeitsbeteiligung“ unter dem Absatz Hierarchische Fehlanbindung. Im BaSE fehlt diese Konstruktion vollständig. Es gibt zurzeit nicht einmal eine Vertretung der Vizepräsidentin, die solch eine hierarchische Konstruktion erlauben könnte. Also selbst diese mangelhafte Hilfsstruktur ist hier nicht möglich.
Nun gibt es in einer BaSE-Verlautbarung die Passage:
Was bedeutet das? Warum richtet das BaSE dieses Notariat ein? Ist es eine Einrichtung der Abteilung SV, die hierarchisch an den Präsidenten gebunden ist? Darüber sollte die Öffentlichkeit vor der Einrichtung unterrichtet werden. Das muss Gegenstand der Auftaktveranstaltung am 18.10.2020 sein.
Ansonsten bieten die ca. 100.000 Druckseiten Zwischenbericht Teilgebiete mit den verschiedensten Postulaten genug Spielraum, auch bei notarieller Überwachung sich über Gott und die Welt auseinanderzusetzen. So bietet die postulierte Leitlinie im Zwischenbericht (Zeilen 192-194)
genug Stoff für Tage füllende Beratungen über diesen Gegenstand.
Eine Überwachung ist immer von außen notwendig, und wie bei jedem anderen Bundesamt wird dies durch das jeweilige Bundesministerium gewährleistet.
Das möge in der Theorie zutreffen. Aber wie gesagt: Im BfS gab es die Eigenüberwachung EÜ, und das war nicht außen. Inzwischen ist dieses Fachgebiet als KE 5 Atomrechtliche Aufsicht über Endlager für radioaktive Abfälle in das BaSE übernommen worden. Hier gibt es auch keinen Rollenkonflikt mehr, da BaSE nicht Operator ist.
Dass das BMU etwas gewährleistet und das in der Frage der Öffentlichkeitsbeteiligung, halte ich für wenig tragfähig. Insbesondere das Verhalten des BMU in der sog. Öffentlichkeitsbeteiligung zu den Sicherheitsverordnungen spricht klar dagegen. Es mag ja im BMU auch Mitarbeiter*innen geben, die etwas mit Öffentlichkeitsbeteiligung anfangen können, aber die Hierarchie verhindert, dass deren Fachwissen zum Tragen kommt.
Auch eine gute Dokumentation ändert nichts an den einschlägigen hartnäckigen Grundproblemen wie schwierige Geologie, ungenügend erforschte Strahlenrisiken sowie Definitionshoheit und Augenhöhe im Diskurs. Bei dem Bergwerk Asse hatte man jahrzehntelang die bekannten Laugenzuflüsse geleugnet, bis man zuletzt mit wahrscheinlichem Milliardenaufwand die nuklearen Abfälle wieder räumen muss/müsste – mit auf unabsehbare Zeit offenem Ausgang. Meine konkreten Hinweise auf die offensichtliche Unzulänglichkeit der 10- bzw. 100- µSv-Konzepte – im Hinblick auf heute schon erkennbare akute strahlengenetische Effekte – werden ohne Betrachtung der vorgelegten Tatsachen: https://www.dialog-endlagersicherheit.de/system/files/stellungnahmen/stellungnahme_2
_zu_sicherheitsanforderungen_anhand_aktueller_probleme.pdf mit formaler Begründung ignoriert: https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Glaeserne_Gesetze/19._Lp/endlsianf_verordnung/Stellungnahmen/endlsianf_vo_stn_tabelle_bf.pdf, Lfd. Nr. 165, 191. Insoweit erweisen sich bezüglich des zentralen Strahlenrisikos die beschworenen, angeblich unabdingbaren Kategorien Bürgerbeteiligung, Transparenz, Wissenschafts-Basierung, Fehlerkultur, lernendes Verfahren usw. als hohle Floskeln. Mit guter Dokumentation ist in der Sache noch nichts gewonnen. Die Dokumentation ist nur ein Nebenkriegsschauplatz.