BGE-einblicke: Die realen Kontroversen werden weitgehend gescheut

BGE-Magazin einblicke und die Partizipationslücke

In der neuesten Ausgabe der BGE-einblicke geht es um das Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Im Artikel Es geht um Bürgerbeteiligung – Wir müssen reden (Seiten 5-7) wird unter anderem die Partizipationslücke nach der Fachkonferenz Teilgebiete benannt. Schon der Blick auf die Abbildungen verwirrt: Als Endlagerbehälter sind die gelben Atomfässer zu sehen, die für einen Teil der schwachaktiven Abfälle benutzt werden. Für hochradioaktiven Abfall sind sie aber vollkommen ungeeignet. Hier wird ein falsches Bild suggeriert.

Geologische Kontroverse fehlt

Einige Kontroversen werden im Artikel aufgegriffen. Was fehlt ist die konkrete Befassung mit der wissenschaftlichen Basis – nämlich der Geologie. Der Autor Michael Prellberg hätte sich da zum Beispiel das Augustheft der Zeitschrift anti atom aktuell (gut 70 Seiten mit eingelegter Stratigraphischer Handtabelle, 4 EUR) ansehen sollen. Im Artikel von G aus K mit dem Titel Pseudo-Geologie als Waffe des Atomstaats – Endlos-Lagerung wird einiges bei der geologischen Herangehensweise in Frage gestellt.

Wer vermittelt geologische Grundkenntnisse?

In einem weiteren Beitrag mit der Überschrift Die Rolle der Geowissenschaften im Suchverfahren, ihre Möglichkeiten und ihre Begrenztheit – Unverzichtbarer Beitrag, der auf einen Vortrag von endlagerdialog.de am 21.01.2021 zurückgeht, wird bedauert, dass es bisher keine Anstrengungen für einen Brückenbau zwischen Geolog*innen und Bürger*innen gäbe. Keine Institution, die an der Endlagersuche beteiligt ist, fühle sich für die Vermittlung geologischer Grundkenntnisse zuständig. Niemand entwickele ein didaktisches Konzept, um diese Kenntnisse in spannender Form zu präsentieren.

Auswahl von Teilgebieten zur Methodenentwicklung

Im Zusammenhang mit der Auswahl von Teilgebieten zur Methodenentwicklung sind im einblicke-Artikel Zitate von BGE–Geschäftsführer Steffen Kanitz

Zur Methodenentwicklung ist ein Gebiet nicht besser oder schlechter geeignet als andere Gebiete.

und Wolfram Rühaak, Abteilungsleiter Sicherheitsuntersuchungen bei der BGE,

Wir haben unterschätzt, wie sensibel bereits auf das Nennen von Gebieten, bei denen es nur um die Entwicklung von Methoden geht, reagiert wird.

interessant. In anti atom aktuell wird das Vorgehen im Beitrag Topdown statt Konsultation (Seite 49) eingehend geschildert. Warum auf der Grundlage der Aussage von Herr Kanitz die Entscheidung nicht zurückgenommen und zum Beispiel ein Losverfahren eingesetzt wurde – siehe hier -, ist schleierhaft. In einem selbsthinterfragenden und lernenden Verfahren sollte das nicht nur möglich, sondern auch notwendig sein.

Interview mit Kommunikationswissenschaftler wird wenig konkret

In einblicke folgt ein Interview mit Prof. Dr. Frank Brettschneider, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Hohenheim. Leider wird dabei die allgemeine Ebene nicht verlassen. Es wird nicht auf die reale Kontroverse eingegangen, die zum Beispiel zur Distanzierung von Mitgliedern des Bundesverbandes Mediation e. V. und zur Erklärung von ehrenamtlich Aktiven des AK Atomenergie und Strahlenschutz des BUND geführt hat – siehe auch anti atom aktuell im Artikel Nur Akzeptanzbeschaffer? – Mediator:innen distanzieren sich.
Weiterhin wird wieder das falsche Bild des Trichters bedient – siehe hier Seiten 8-10.

Ein Gedanke zu „BGE-einblicke: Die realen Kontroversen werden weitgehend gescheut

  1. Zum Augustheft AAA:

    Ich habe mir den Artikel von Herrn G aus K (danke für den Link!) zwei Mal durchgelesen – obwohl seine Terminologie (Atomstaat, Worttrickserei durch den Polit-Juristischen-Komplex, BGR- Dream-Teams, Missbrauch des Begriffs Wissenschaft im wissenschaftsgläubigen Land, ewiger, globaler Verseuchung) nicht wirklich auf eine brauchbare Auseinandersetzung mit dem Thema Endlagerung hoffen ließ. Leider wurde dieser Eindruck nicht widerlegt. Nur 3 Beispiele:

    1. Berechtigte! Kritik am laxen Umgang (wohl eher der Vereinfachung für die Öffentlichkeit geschuldet) mit geologischer Terminologie in den Überschriften ignoriert den kompetenten Umgang mit entsprechenden geologischen Formationen im der tatsächlichen Arbeit.
    2. Mindestanforderungen für den Standortauswahlprozess werden mit den in aus einer am aktuellen Standort durchgeführten Analyse resultierenden Anforderungen verwechselt und daraus langatmig eine Inkompetenz zurechtkonstruiert.
    3. Da nur die Wirtsgesteine im Gesetz aufgeführt sind unterstellt er – zu Unrecht – dass Kombinationen nicht betrachtet würden. Woher zieht er die Kenntnis, dass z.B. eine Tonschicht über einem Endlager im Granit NICHT in den Sicherheitsanalyse betrachtet würde?

    Ich unterstelle hier keine Absicht, sondern sehe hier exemplarisch das Grundproblem in der Endlagerkommunikation. Wenn ich den Gegenpart zum Feindbild ohne Kompetenz abstempele, rede ich nur noch mit mir selber. Wagenburgmentalität und Tribalismus in Vollendung. Ich habe ähnlich verheerende Schriften der GNS aus den 90ern gesehen. Aber irgendwann müssen wir mal jenseits von Feindbildern vernünftig miteinander reden. Muss sich ein junger Geologe, der im Jahr 2021 nach bestem Wissen und Gewissen an der Beseitigung der Altlasten der vorherigen Generation arbeitet, in Sippenhaft für die verpfuschte Auseinandersetzung von uns Alten nehmen lassen? Schöner wäre es doch, solche Gräben nicht künstlich offen zu halten.

    Es gäbe gute Ansätze zur Diskussion in Herrn Gs Artikel. Wo genau ziehe ich innerhalb kristalliner (und nicht nur plutonitischer) Gesteine die Grenze? Wie weit reicht das Aktualitätsprinzip? Welche Anforderungen kann ich realistisch an Vorhersagen über 1 Million Jahre stellen?
    Schade, dass hier nicht mit dem Ziel einer tatsächlich konstruktiven Kommunikation geschrieben wurde….

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