Fünfte Veranstaltung des NBG
Das Nationale Begleitgremium hat am 02.02.2019 seine fünfte öffentliche Veranstaltung angeboten, die mit gut 130 angemeldeten TeilnehmerInnen recht gut besucht war. Die Plenumsteile der Veranstaltung wurde per Livestream übertragen, die Aufzeichnung sollen in Kürze zur Verfügung stehen. Moderiert wurden alle Plenums- und Arbeitsgruppenveranstaltungen allein von den ehrenamtlichen NBG-Mitgliedern, was wieder sehr gut gelungen ist.
BMWi-Fachreferat zum Geologiedatengesetz
Vorgestellt wurden vom Referat IV B5 Mineralische Rohstoffe und Geowissenschaften, Fachaufsicht BGR des BMWi – siehe Organigramm – die Grundzüge des Geologiedatengesetzes, das noch nicht als Referentenentwurf vorliegt. Staatliche Geologiedaten sind frei zugänglich. Bei Daten mit Rechten privater Dritter soll differenziert werden zwischen Nachweisdaten (Lage der Bohrung o. ä.), Fachdaten (z. B. Schichtenverzeichnisse) und Bewertungsdaten (wie z. B. Lagerstättenmodelle). Die Nachweisdaten sollen 3 Monaten und die Fachdaten nach 5 Jahren, bei gewerblichem Bezug nach 10 Jahren öffentlich verfügbar werden. Bei den Bewertungsdaten muss im Einzelfall abgewogen werden zwischen den Interessen des Antragsstellers auf Einsicht und den Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie geistigen Eigentumsrechten des Dateneigentümers. Bei nichtbekannten Dritten ist ein Aufgebotsverfahren mit Einjahresfrist vorgesehen.
Die BGE und die Geologiedaten im Teilgebietsbericht
Die BGE betont, dass Gegenstand des Teilgebieteberichts auch die Ausgangsdaten sind, die zur Ausweisung der Teilgebiete führen. Dieser Bericht soll Mitte 2020 vorgelegt werden, und bis dahin müssten die entscheidungsrelevanten Daten öffentlich verfügbar sein. Dazu gehören zum Beispiel 3D-Modelle des Untergrundes, also insbesondere Daten von Tiefbohrungen mit Schichtenverzeichnissen zwischen 300 und 1500 m Tiefe, 2D- und 3D-Seismiken und hydraulische Testdaten. In einem eigenen Forschungsprogramm soll weiterhin abgeschätzt werden, welchen Neuigkeitswert die in den Archiven lagernden analogen Daten haben könnten.
Rücksprung ist möglich
Betont wurde, es könne sein, dass einige der im Zwischenbericht nach § 13 StandAG ausgewiesenen Teilgebiete bis 2031 durch neuere Daten herausfallen oder auch noch einige dazu kommen. Das ist in einem lernenden Verfahren, das auch einen Rücksprung erlaubt durchaus möglich. Ein ähnlicher Ansatz ist auch in der Studie von Dieter Kostka zu finden, in der angeraten wird, die Teilgebietskonferenz und alle Regionalkonferenzen grundsätzlich weiter arbeiten zu lassen – siehe hier.
Nichtgewerbliche Nutzung ohne Entschädigung
Trotz der Veröffentlichung von Geologiedaten mit Rechten privater Dritter sollten Entschädigungen vermieden werden, wie sie sonst bei Enteignungen anfallen. Die BGE sieht in der Datenverwendung und Veröffentlichung zur Endlagersuche eine nichtgewerbliche Nutzung. Es gilt in einem Geologiedatengesetz zu verankern, die gewerbliche Nutzung durch andere Dritte als dem Dateneigentümer zu verbietet. So sollen die gewerblichen Nutzungsrechte durch Unterlassungs- und Entschädigungsansprüche geschützt werden. Was im BGE-Konzept bisher nicht erwähnt wird: Dafür müsste eine Überwachung stattfinden, eine weitere Aufgabe der geologischen Dienste, bei denen in den letzten Jahren viel Personal abgebaut wurde.
Verfassungsklage und Vertrauen
Ein Vertreter aus dem Bürgernetzwerk kam zu zwei Kernaussagen.
- Es ist sicher nicht einfach, ein Geologiedatengesetz wasserdicht gegenüber einer Verfassungsklage zu machen.
- Vertrauen gegenüber der Administration ist der Kern der Geschichte, denn absolute Transparenz ist nicht möglich.
Dazu ist anzumerken, dass Vertrauen in der Sache Endlagersuche nicht merklich aufgebaut wurde, insbesondere wenn man die massiven Tendenzen zur Polarisierung beim BfE sieht.
Die Erdgas- und Erdölindustrie
Der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e. V. sieht wenige Konflikte, da die interessierenden Lagerstätten tiefer liegen als ein potenzielles Endlager. Die Daten für den endlagerrelevanten Tiefenbereich sind da eher als Beifang zu bezeichnen. In diesen Tiefen werden von den Unternehmen in der Regel auch keine Bewertungsdaten erarbeitet.
Kalkulation des Wertes eines Unternehmens
Zu Bedenken wurde gegeben, dass nicht nur entgangener Gewinn aus der Nutzung von Bodenschätzen zu berücksichtigen ist. Insbesondere aus Bewertungsdaten kann auch der Wert eines Unternehmens kalkuliert werden, was eine wichtige Grundlage bei Übernahmen darstellt, und so wettbewerblich eine beachtliche Rolle spielt.
Rechtsgutachten zur Veröffentlichung geologischer Daten
Prof. Rossi befasst sich schon seit geraumer Zeit mit der Veröffentlichung geologischer Daten und hat dazu unter anderem ein Rechtsgutachten für das Land Sachsen erstellt – siehe hier. Er ist der Meinung, dass man bei den Daten differenzieren muss, eine Veröffentlichung aller Daten wird es unter Wahrung der Verfassung nicht geben. Er sieht den BGE-Ansatz, die Wahrung der wettbewerblichen Rechte nach Veröffentlichung zu garantieren, kritisch.
Grundlagen für Datenfriedhöfe
Zurzeit erweckt die Datensammelaktivität der BGE den Eindruck, dass hier die Grundlagen für Datenfriedhöfe geschaffen werden. Erinnert sei an die Anregung eines Landesvertreters auf dem ersten Länderworkshop der BGE, Daten zum Beispiel zu den Ausschlusskriterien nur dort zu erheben, wo potenzielle Wirtsgesteinsformationen vorhanden sind. Dies wurde von der BGE rigoros abgelehnt, obwohl solche Grundlage der Sicherungsvorschrift nach § 21 StandAG sind:
….Gebieten, in denen in einer Teufe von 300 bis 1 500 Metern unter der Geländeoberkante stratiforme Steinsalz- oder Tonsteinformationen mit einer Mächtigkeit von mindestens 100 Metern, Salzformationen in steiler Lagerung oder Kristallingesteinsformationen mit einer vertikalen Ausdehnung von mindestens 100 Metern vorhanden sind oder erwartet werden können,…
Und was sagte die Endlagerkommission?
Erinnert sei auch an den Abschlussbericht der Endlagerkommission (Seite 389):
Im Rahmen dieser Novelle des Lagerstättengesetzes, das bislang hauptsächlich die Übermittlung geologischer Daten aus Rohstofferkundungen an die geologischen Landesämter regelt, sollen die vorstehend aufgeworfenen Fragen berücksichtigt werden. Ein entsprechender Arbeitsentwurf soll noch vor der Sommerpause 2016 finalisiert werden.
Die Kommission setzte also allein auf ein Geologiedatengesetz als Novelle des Lagerstättengesetzes. In der Entwurfsfassung hatte man noch Alternativen im Auge – K-Drs./AG2-33:
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat mit der geplanten Novelle des Lagerstättengesetzes einen guten Weg zur Umsetzung dieser Empfehlungen aufgezeigt. Alternativ könnten – speziell für die Zwecke der Endlagersuche – entsprechende Informationspflichten in Anlehnung an das Geodatenzugangsgesetz oder an § 10 UIG im Standortauswahlgesetz geregelt werden. Die Regelung muss – unabhängig von ihrer letztendlichen Verortung – sicherstellen, dass alle im Auswahlverfahren relevanten Dokumente und Informationen aktiv veröffentlicht werden. Insbesondere alle Informationen, die in der vergleichenden Standortabwägung herangezogen wurden, müssen öffentlich zugänglich sein.
Im StandAG ist zu dieser Problematik nichts zu finden.
Die Verantwortlichkeit des BMU, der BGE und des BfE
Das BMU hätte die Aufgabe gehabt, darauf zu achten, dass vom BMWi ein entsprechendes Gesetz zügig erarbeitet wird. Wie den Ausführungen auf der NBG-Veranstaltung zu entnehmen war, hat das zuständige BMWi-Referat lediglich mit dem Justizministerium Gespräche geführt. Das BMU hat sich wohl nicht darum gekümmert, obwohl der Vollzug des StandAG daran hängt. Die BGE hat eigene Vorstellungen dazu entwickelt, hatte also auch keinen intensiven Austausch mit dem zuständigen Fachreferat.
Und ist es nicht auch eine wesentliche Aufgabe der Aufsichtsbehörde zum StandAG – des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) – , hier Alarm zu schlagen?
Videos und Präsentationen veröffentlicht – Frühere Studien nutzen
Nach recht kurzer Zeit stehen jetzt die wesentlichen Teile des Livestreams dauerhaft zur Verfügung, daneben auch die Präsentationen zu den Vorträgen – siehe hier. Entfallen sind jedoch die Anmerkungen und Rückfragen zu den einzelnen Beiträgen.
Herr Clausen wies in einer Anmerkung recht früh auf diverse Studien hin, die bisher bei der derzeitigen Endlagersuche wenig Beachtung fanden. In der AG 4 führte er diesen Punkt aus – siehe Präsentation.
Die von ihm angesprochenen Studien sind:
Im Sinne einer wissenschaftlichen Suche nach einem geeigneten Standort, die auch die Akzeptanz der Bevölkerung einschließt, sollte eine breite Beteiligung und ein geistiger Wettbewerb der Geowissenschaftler Deutschlands angestrebt werden. Dies setzt aber voraus, dass Daten, die in der BRD im ewigen Besitz der explorierenden Firmen bleiben, den Wissenschaftlern zugängig gemacht werden dürfen. Wenn eine Explorationsfirma sich aus Deutschland verabschiedet können sogar die Daten verloren gehen. In den meisten EU-Ländern und sogar in England gibt es Freigabefristen für diese Daten, sodass zumindest Daten, die älter als 10 Jahre sind, öffentlich sind. Deutschland stellt hier eine unrühmliche Ausnahme dar, das Gesetz aus der Zeit des Nationalsozialismus ist noch immer gültig, während z.B. der Zugang zu niederländischen oder dänischen Daten ohne Weiteres (z.T. schon per online Recherche) möglich ist. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist für die Anpassung des veralteten Gesetzes zuständig. Allerdings kommen dessen Mitarbeiter nicht von selbst auf die Idee einer radikalen Neuauflage und Angleichung an EU-Recht; wichtiger sind Ihnen die Wahrung der Interessen der Industrie.
Bei der ausgesprochenen Dringlichkeit und Langfristigkeit sowie der notwendigen Gründlichkeit der Endlagersuche wäre es nötig, auf die Bundesregierung einzuwirken, um endlich die notwendige Revision des veralteten Lagerstättengesetzes Gesetzes vorzunehmen. Ein wissenschaftlicher Wettbewerb aufgrund bereits vorhandener Unterlagen und eine „offene“ statt einer geheimen Diskussion, könnte möglicherweise die Akzeptanz in der Bevölkerung bei der Standortauswahl erhöhen.