Der neue Weg?
Selbst auf der BMU-Veranstaltung am 14./15.09.2019 zu den Sicherheitsanforderungen und Anforderungen zu den Sicherheitsuntersuchungen wurde wieder beschworen, dass dies eine neuer Weg wäre. Aus dem Publikum musste darauf hingewiesen werden, dass zu den vorhergehenden Sicherheitsanforderungen im Jahr 2008 ebenfalls eine entsprechende Veranstaltung stattfand. Damals wurde zwar der Entwurf kurzfristiger zur Verfügung gestellt, aber das BMU beteiligte sich am Onlinedialog. Dieses Mal dient der sogenannte Onlinedialog allein dazu, Kommentare zu sammeln.
Die Mitautoren – fader Geschmack der Lüge
Bei der Veranstaltung wurde auch das Geheimnis gelüftet, wer an der Erarbeitung der Entwürfe beteiligt war: Herr Sailer, Herr Röhlig, Herr Fischer-Appelt und das BfE. Die Bundesländer wurden ebenfalls intensiv eingebunden. Allein die Öffentlichkeit blieb außen vor, das sollte jetzt schnell nachgeholt werden. Diese Aussage widerspricht der Auskunft des BMU auf den IFG-Antrag zur Zusendung aller BMU-Erlasse, Anforderungen von Zuarbeiten und Bitten um Zuarbeitung, Kommentare etc. zu den Verordnungen nach § 26, § 27 und § 38 StandAG. Leider ist die Falschauskunft nach IFG weder ein Straftatbestand noch eine Ordnungswidrigkeit. Es bleibt aber der fade Geschmack der Lüge, der jede Vertrauensbasis im Endlagersuchverfahren erneut unmöglich macht.
Schludrige Arbeit
Ein Highlight war die BMU-Äußerung zu der Leckrate von 10-4 Masseanteil in 1 Mio. Jahre, die mit der als Quelle angegebenem GRS-Bericht A-3405 nicht in Übereinstimmung zu bringen ist – siehe Beitrag § 4 Abs. 4 EndlSiAnfV: fatal error?: Es sei ein Druckfehler. Warum trotzdem diese 11 Jahre alte Studie als Quelle angegeben wurde, wurde nicht erläutert. Offensichtlich werden die Quellen, auf die verwiesen wird, nicht wirklich gelesen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass der Verordnungsentwurf über zahlreiche Schreibtische gegangen ist. Von einer Qualitätssicherung kann trotzdem nicht gesprochen werden. Was mit dieser Verordnung aufgetischt wurde, ist als schludrig zu bezeichnen.
BMU verhindert Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne Verwaltungsverfahrensgesetz
Die bis zum 05.09.2019 eingereichten Kommentare und Stellungnahmen sollten nach Auskunft der Veranstaltungsfirma behandelt werden. Jedoch nur ein marginaler Anteil zum Beispiel einer Stellungnahme von endlagerdialog.de wurde behandelt. Sinnvoll wäre die Positionierung des BMU zu den Stellungnahmen gewesen. Bei dem Großteil der rechtzeitig eingereichten und auch vorgestellten Kommentare verweigerte das BMU eine solche Positionierung mit dem Argument, das könne ad hoc nicht geleistet werden. Dies ist in Anbetracht einer Vorlaufzeit von mindestens neun Tagen eine bodenlose Frechheit. Damit war eine Erörterung im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht möglich. Von einer Öffentlichkeitsbeteiligung in diesem Sinne kann also nicht gesprochen werden.
Entlarvende Frage des BMU
Entlarvend war eine Frage des BMU zum Beitrag von Herrn Klamser. Herr Klamser wies auf das Vorgehen bei der Lagerung von chemisch-toxischen Abfällen in Untertagedeponien nach der Deponieverordnung hin. Die Frage des BMU war, über welchen Nachweiszeitraum nach Deponieverordnung der sog. Langzeitsicherheitsnachweis geführt würde. Die für die Endlagerung zuständige BMU-Unterabteilung hat sich also nicht einmal bei den für die Deponierichtlinie zuständigen BMU-KollegInnen über Untertagedeponien informiert, obwohl hier ein sehr ähnliches Problem gelöst werden muss. Schon in der Onlinebeteiligung 2008/2009 zu den Sicherheitsanforderungen ist das diskutiert worden – siehe hier Seite 4. endlagerdialog.de ist bereit, hier anhand des aktuellen Langzeitsicherheitsnachweises der Untertagedeponie Herfa-Neurode Nachhilfeunterricht zu erteilen. Es ist schon erschreckend, auf welch dünner fachlicher Basis in der Administration an dem Endlagerproblem gearbeitet wird.
Veranstaltung vorzeitig verlassen
Wegen der inhaltlichen Schwächen der Veranstaltung und insbesondere der standhaften Weigerung des BMU, die Frist für Stellungnahmen über den 20.09.2019 hinaus zu verlängern, verließen die anwesenden Mitglieder von Antiatominitiativen und des BUND e. V. sowie der entsandte Vertreter des Landkreistages Lüchow-Dannenberg vorzeitig die BMU-Veranstaltung – siehe Weiteres hier und hier.
3. Quartal 2021
Zur Erinnerung: Die Verordnungen werden das erste Mal für die repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen benötigt. Laut BGE-Statusbericht IV. Quartal 2018 ist das nach dem jetzigen Zeitplan im 3. Quartal 2021.
Danke für die wie immer informative Berichterstattung!
Eine Anmerkung: Wenn ein Mitarbeiter einer staatlichen Institution mal in den ungeschützten Dialog geht, Rückfragen stellt, und daraufhin gleich der fachlichen Unwissenheit bezichtigt wird, dann sollte sich auch keiner darüber wundern, dass ein Ministerium seine internen Diskussions- und Arbeitsprozesse fortan schützen will. Transparenz ist ein sehr scheues Reh.
Der Absatz „Entlarvende Frage“ mag etwas/zu scharf formuliert sein. Deswegen aber den Kritischhinterfragenden sinngemäß ein „Selber Schuld, wenn’s nix wird mit Transparenz“ vorzuwerfen, wirkt befremdlich. Man sollte nicht vergessen, dass Selbsthinterfragende trotz zweijähriger intensiver Suche noch nicht gesichtet wurden. Deshalb sind die externen Kritischhinterfragenden für den Prozess unverzichtbar. Vom BMU darf man erwarten, dass es damit zurechtkommt.
Im Nachhinein erscheint mir die Wortwahl auch nicht als optimal. „Schockierend“ wäre besser als „entlarvend“ gewesen. Aber schockiert war ich persönlich schon, denn bei wissenschaftsbasiertem Herangehen an das Problem der Endlagerung radioaktiver Abfälle muss man ähnlich gelagerte Probleme betrachten. Und da ist die Endlagerung chemotoxischer Abfälle nicht zu umgehen. Auch in der Literatur ist dazu schon Einiges gesagt. Bei Interesse kann ich eine Literaturliste zusammenstellen.
Selbst bei Politologen hat sich da was getan, man vergleiche „Ewigkeitslasten, 1. Auflage“ mit „Ewigkeitslasten, 2. Auflage„.
Dass ein Jurist, der die Rechtssetzung im Bereich Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland wesentlich beeinflusst, nicht den Vergleich zwischen „Sicherheitsanforderungen 2010“ und „Deponieverordnung“ und deren administrative Umsetzung parat hat, war für mich, der sich ohne Einfluss seit 18 Jahren mit Endlagerung befasst, wirklich schockierend.
Ja, kann ich gut nachvollziehen. Mein Einwurf war auch ein Hinweis an alle Seiten, damit wir über die Voraussetzungen von Transparenz gemeinsam nachdenken.
Interessant, dass es jetzt einen Partizipationsbeauftragten gibt, der offenbar seine vordringliche Aufgabe darin sieht, sich schützend vor die staatlichen Institutionen zu stellen und zu erklären, warum man nicht zu viel Partizipation und Transparenz erwarten darf.
Meine Anmerkungen dazu:
1) Den Namen des Rückfragers habe ich nicht genannt, mit Absicht.
2) Ich wollte in der Veranstaltung gleich auf diese Rückfrage reagieren. Meiner Meldung ist man aber nicht nachgekommen. Von einem offenen und ungeschützten Dialog kann nicht gesprochen werden.
3) Von einem Dialog auf gleicher Augenhöhe erst recht nicht! Insbesondere wenn man im Vorfeld unwahrheitsgemäß informiert wird!