Nach der Ankündigung vom 11.11.2011 zur Erstellung eines Endlagersuchgesetzes musste noch gut ein Monat gewartet werden, bis etwas Konkretes bekannt wurde. Jetzt liegt ein Papier über den Zeitplan des weiteren Vorgehens in der Endlagersuche vor. Wie dieses Papier entstanden ist, ist nicht nachvollziehbar. Die Protokolle der entsprechenden Sitzungen sind bisher nicht zugänglich.
Nach den Erläuterungen auf der Pressekonferenz am 15.12.2011 ist das gemeinsame Papier das Ergebnis der beiden Bund-Länder-Plenums-Sitzungen am 11.11. und 15.12.2011 und zweier Bund-8-Länder-Sitzungen dazwischen. Die zugesagte Transparenz wurde bei der Erstellung dieses Papiers nicht eingehalten.
Ein wichtiges Faktum – der sogenannte Baustopp im Erkundungsbergwerk Gorleben – wurde von Bundesumweltminister Röttgen auf der Pressekonferenz erst erwähnt, nachdem Frau Eveline Lemke, Wirtschaftsministerin in Rheinland-Pfalz, ihn dazu gedrängt hatte. Leider wurde diese Passage bei dem oben genannten Video von der Pressekonferenz herausgeschnitten, im eklatanten Widerspruch zur postulierten Transparenz. Deshalb hier der Audiomitschnitt der Internet-live-Übertragung (MP3, 16 MB). Die entsprechende Passage beginnt bei 5:15.
Bei 5:30 kommt Herr Röttgen zum Punkt:
…dass ich angewiesen habe, dass es ab sofort, ich weiß nicht wann die Anweisung erfolgt ist, zwei Wochen ist es her, so, um die Zeit nach dem letzten Gespräch, ziemlich unmittelbar danach, dass es keine weiteren Streckenauffahrungen gibt, bis wir zu einer Entscheidung gekommen sind, dass es also keinen weiteren Ausbau des untertägigen Bauwerkes gibt…
Doch nun zum Inhalt des 4-seitigen Papiers. Im Wesentlichen werden sechs Phasen unterschieden und diese zeitlich verortet. Leider finden sich viele oberflächliche Formulierungen.
Die Suche nach einer Lösung für den sicheren Verbleib dieser radioaktiven Abfälle soll
Einen sicheren Verbleib von radioaktiven Abfällen gibt es nicht, es gibt nur einen möglichst sicheren Verbleib.
..dass die in kerntechnischen Anlagen in Deutschland angefallenen radioaktiven Abfälle auch in Deutschland entsorgt werden.
Insofern gibt es auch keine Ent-Sorgung, wohl aber eine möglichst sichere Lagerung über lange Zeiträume.
Das Verfahren hierfür muss wissenschaftsbasiert sein.
Das ist eine leere Formel, solange nicht aufgearbeitet wurde, welche Rolle die sogenannte Wissenschaft in der Vergangenheit gespielt hat und welche Beziehung zum parteipolitischen Intrigenspiel bestand. Weiterhin müssen neben Strahlenschutz und Geologie auch Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung beteiligt werden, da bei einem Safety Case das Nichtwissen und die Unsicherheiten im Vordergrund stehen. Zum Einstieg in dieses Thema seien empfohlen
Knorr Cetina, K.(2002). Wissenskulturen – Ein Vergleich naturwissenschaftlicher Wissensformen.
und
Wehling, P.(2006). Im Schatten des Wissens? Perspektiven der Soziologie des Nichtwissens.
Wenn Karin Knorr Cetina die Wissenskulturen von Hochenergiephysik und Molekularbiologie untersucht hat, so müssen hier die Wissenskulturen von Strahlenschutz und Geologie – insbesondere auch in ihrer behördlichen Prägung – im Mittelpunkt stehen. Diese Wissenskulturprojektionen sind dann entsprechend Peter Wehling in Richtung Nichtwissen-Umgang zu analysieren.
Die mit dieser Aufgabe zu betrauenden Institutionen brauchen neben fachlicher Kompetenz und Objektivität das Vertrauen der Öffentlichkeit.
Damit entfallen die Institutionen BMU, BMWi, BMBF, BfS und BGR. Diese können nach diesen Kriterien nicht mehr mit dieser Aufgabe betraut werden.
Transparenz und Partizipation der Bürgerinnen und Bürger bei allen Verfahrensschritten sind notwendige Voraussetzungen für eine von breiter Übereinstimmung getragene Entscheidung.
Nach diesen Kriterien ist das vorliegende Papier ein non-paper.