Jerusalemkirche – Same procedure as every year?
Nun lädt das Nationale Begleitgremium am 11.02.2017 zu einer Bürger/innen-Anhörung ins Tagungswerk Jerusalemkirche in Berlin ein – offensichtlich frei nach dem Motto Alle Jahre wieder! oder Same procedure as every year. Denn vor etwa einem Jahr – am 29./30. Januar 2016 – fand an gleichem Ort die Fachtagung Kriterien für die Standortauswahl statt.
Online-Konsultation verschwunden
Die damaligen Ergebnisse wurden in der K-Drs. 181 zusammengefasst. Parallel fand eine Online-Konsultation auf kriterien-standortauswahl.de statt. Leider ist diese Internetseite nicht mehr erreichbar, die Kommentare sind damit im Original nicht mehr nachlesbar. Sie wurden in einer Excel-Datei kommentare_der_online-konsultation.xlsx zusammengefasst. Auch diese Datei wie auch die Vorträge von der Fachtagung stehen im Internet nicht mehr zur Verfügung.
K-Drs./ AG3-90 klammheimlich durch ein leeres Blatt ersetzt
Damals wurden die Ergebnisse nochmals neu geordnet und mit K-Drs./ AG3-90 für die weitere Arbeit zur Verfügung gestellt – siehe auch Beitrag AG 3: Vieles bleibt noch offen. Will man sich nun auf die kommende BürgerInnen-Anhörung am 11.02.2017 vorbereiten und dabei die Kommentare zu den Kriterien in K-Drs./ AG3-90 mit den nun im Gesetzesentwurf enthaltenen Ergebnissen vergleichen, wird enttäuscht. Die K-Drs./ AG3-90 wurde nämlich klammheimlich ausgetauscht und man findet nur noch den Hinweis NUR ZUR INTERNEN VERWENDUNG – Nicht veröffentlicht – Aus datenschutzrechtlichen Gründen.
Keine Erklärung, warum nicht nur Schwärzung
Es wird nicht aufgeklärt, wann dieses Dokument zurückgezogen wurde und weshalb durch Schwärzung entsprechender Stellen dem Datenschutz – wie in der Regel üblich – hätte Genüge getan werden können. Platz ist jedenfalls genug dafür auf der leeren Seite. Bei Durchsicht der ursprünglichen Drucksache kommt man ins Grübeln, was daran datenschutzrechtlich bedenklich sein könnte. endlagerdialog.de stellt gern auf Anfrage die Drucksache zu privaten Zwecken zur Verfügung.
Die Spur der Intransparenz: AkEnd
Diese Ansätze der Intransparenz gibt es bei der Endlagerproblematik schon immer. Die AkEnd-Unterlagen verschwanden aus dem Internet, bis sie teilweise von der Endlagerkommission wieder zur Verfügung gestellt wurden.
Endlagersymposium 2008/2009 – Gorlebendialog
Die Dokumentation des Endlagersymposiums 20008/2009 ist misslungen – siehe Beitrag Dokumentation des Forums zum Endlagersymposium 2008/2009 gescheitert. Die Unterlagen zum Gorlebendialog mit einer strukturierten Datenbank sind nicht mehr auffindbar, der Link gorlebendialog.de führt ins BMUB-Nirwana. Einige Überreste finden sich noch auf web.archive.org. Und nun musste kriterien-standortauswahl.de dran glauben.
Sollen hier Spuren verwischt werden?
Die Spur der Intransparenz setzt sich also bis heute fort. Die Unterlage AG3-90 durch ein leeres Blatt zu ersetzen, macht alle Kommissionsunterlagen unbrauchbar, in denen auf entsprechende Kommentare Bezug genommen wird, so zum Beispiel AG3-91, AG3‑91a, AG3‑91c, AG3‑91d, und AG3‑91e. Sollen hier die Spuren verwischt werden, die zeigen, dass viele Kommentare aus der Online-Konsultation ohne Behandlung unter den Tisch fielen? endlagerdialog.de wird dem nachgehen.
Ein überfälliger Traditionsbruch
Schließlich kann man nur hoffen, dass am 11.02.2017 nicht wieder Dinner for One aufgeführt wird, sondern die vorgebrachten Argumente nachvollziehbar im Verfahren berücksichtigt werden, eine schwere Aufgabe für das ehrenamtliche Nationale Begleitgremium. Das wäre aber ein überfälliger Traditionsbruch und ein Novum im Bereich der Endlagersuche.
Die Spuren wurden von der ehemaligen Endlagerkommission verwischt
Es stellte sich die Frage, wer hat wann dafür gesorgt, dass die Unterlagen zum Fachworkshop am 29./30. Januar 2016 verschwunden sind?
Die Anfrage an die Agentur zebralog, die für das Hosting von kriterien-standortauswahl.de zuständig waren, wurde umgehend beantwortet:
Drei Tage später kam eine Antwort vom Referat PuK 4 – Online-Dienste, Parlamentsfernsehen des Deutscher Bundestages:
Offensichtlich hat die Endlagerkommission selbst die Spuren verwischt. Da insbesondere K-Drs. 181 ein wesentliches Dokument zum Entstehen der Auswahlkriterien darstellt und die Endlagerkommission aufgelöst ist, hat endlagerdialog.de sich an das Nationale Begleitgremium gewendet:
Bisher keine Antwort vom NBG
Bisher ist seitens NBG keine Antwort eingetroffen. Deshalb hat endlagerdialog.de bei der Anmeldung als Besucher der 5. Sitzung des NBG am 07.04.2017 angeregt, sich über diesen Vorgang Gedanken zu machen.
Korrektur eines Fehlers
Nach nochmaliger Erinnerung an die Email vom 02.02.2017 von endlagerdialog.de an das NBG stellte sich heraus, dass sich in der Email ein Fehler eingeschlichen hatte. Hierin wird vom Verschwinden von K-Drs. 181 gesprochen, gemeint war aber – wie im Beitrag geschrieben – K-Drs./ AG3-90. Deshalb konnte das NBG die Anfrage nicht nachvollziehen. Leider wurde dies erst jetzt – nach der zweiten Erinnerung – endlagerdialog.de mitgeteilt.
Nun sollten alle Fehler und Missverständnisse beseitigt sein, und das Verschwinden von K-Drs./ AG3-90 endlich geklärt werden können. endlagerdialog.de ist auf das Ergebnis gespannt.
Das juristische Chaos in der Endlagerkommission
Seitens des NBG wurde das Verschwinden der K-Drs./ AG3-90 wie folgt erklärt (Mail vom 10.05.2017):
In einem Punkt muss endlagerdialog.de die obigen Aussagen korrigieren: Die AG3-90 stand auch schon mal im Internet, sonst hätte endlagerdialog.de sie nicht als PDF herunterladen können.
Interessant an der Sache ist, dass offensichtlich entschieden wurde, die Online-Kommentare nicht einmal in anonymisierter Form dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Hier liegt ein fataler Formfehler in der Arbeit der Kommission vor, wenn die Abfrage juristisch notwendig ist, aber diese nicht abgefordert wurde. Das juristische Chaos war dann noch viel größer, als endlagerdialog.de es befürchtet hat.
Als juristischer Laie kann man nur sagen: Jeder, der etwas freiwillig ins Internet stellt, muss davon ausgehen, dass dieses auch dauerhaft drinbleibt. Gelöscht kann es nur werden, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird. So ist die bisherige Rechtsprechung als Laie zu verstehen. Dass es als Drucksache gedruckt wird, ist etwas anderes. Da muss die Druckzustimmung gegeben werden. Wird es jedoch als PDF abgelegt, wird es nicht gedruckt, obwohl Drucksache draufsteht.
Das NBG sollte wenigstens in Zukunft darauf hinweisen, dass bei Online-Konsultationen eine entsprechende Zustimmung mit den TeilnehmerInnen vereinbart wird. Siehe zum Beispiel in FragdenStaat.de muss das Merkmal öffentlich eingegeben werden. Weiterhin sollte die Bezeichnung Drucksache durch zum Beispiel Dokument oder Unterlage ersetzt werden, da ansonsten eine schlitzohrige VolljuristIn argumentieren könnte, diese Sache werde gedruckt.