Umweltministerium bei Endlagerkommission
Das Umweltministerium erschien in dreiköpfiger Besetzung bei der dritten Sitzung der Endlagerkommission. Es kamen die Ministerin Hendricks, die Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter sowie der Abteilungsleiter RS Cloosters. Zum Stand der Endlagerprojekte wurde unter anderem mitgeteilt (Videomitschnitt 2:11:48):
Dann haben wir es natürlich auch mit einigen Altlasten zu tun, nämlich zum Beispiel das Endlager für radioaktive Abfälle in Morsleben und der Schachtanlage Asse II. Das sind ja die gravierendsten Altlasten, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Das Morslebener Endlager für radioaktive Abfälle, ERAM genannt, da hat es den Erörterungstermin im Herbst des Jahres 2012 zum Planfeststellungsverfahren gegeben. Das ist dann abgeschlossen worden. Zur Stilllegung bzw. Schließung, das wird sich allerdings noch hinziehen, also die Anhörung hat es gegeben, aber das Planfeststellungsverfahren wird sich noch hinziehen. Das allerdings werden wir, wie wir ja vorgesehen haben, schließen und stilllegen und sozusagen so sicher als möglich verwahren. Also was Morsleben anbelangt, ist keine Bergung der dort enthaltenen radioaktiven Abfälle vorgesehen, sondern die sollen dort verbleiben und so sicher als möglich dort verwahrt werden. Ganz anders bei Asse II, da sind wir von der Lösung noch weit entfernt. Das wissen Sie. Ein robuster Langzeitsicherheitsnachweis ist nicht erbracht worden und ist wohl wahrscheinlich auch nicht zu führen und daher ist politisch die Entscheidung gefallen, die eingelagerten Abfälle zu bergen und das ist dann auch konsequent.
Falsche Information
Die Erörterung fand nicht im Herbst 2012 statt. Der Erörterungstermin zur Stilllegung des Endlagers Morsleben wurde vom 13. bis 25.10.2011 in Oschersleben durchgeführt.
Irreführend
Weiterhin ist es irreführend, das Endlager Morsleben als Altlast zu bezeichnen. Etwa die Hälfte der radioaktiven Abfälle wurde nach der Wiedervereinigung von 1994 bis 1998 in diesem alten Gewinnungsbergwerk sogenannt endgelagert. Damit wurde insbesondere der damalige Engpass in den Zwischenlagern nicht wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle in den alten Bundesländern beseitigt. Dieser entstand dadurch, dass die Asse seit Anfang 1979 nicht mehr als Entsorgungsweg zur Verfügung stand. Nur die Abfälle aus der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe, die aus militärischen Gründen gebaut und als Versuchsanlage betrieben wurde, konnten nicht untergebracht werden. Der Anteil der Alpha-Strahler hat den in der Dauerbetriebsgenehmigung des ERAM festgelegten Wert überschritten. Diese Abfälle warten auf eine Endlagerung in Konrad.
Verschwiegen
Verschwiegen wird weiterhin, dass vor der Schließung die im Bergwerk lediglich zwischengelagerten Abfälle endgelagert werden sollen, obwohl dieses alte Kali- und Steinsalzgewinnungsbergwerk nach dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik nicht als Endlager geeignet ist. Es kann also nicht von einer Verwahrung gesprochen werden, die so sicher als möglich ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die zwischengelagerten Abfälle in einem transportfähigen Zustand befinden und ohne große Schwierigkeiten rückgeholt werden könnten.
Abdichtversuche gescheitert
Auch wird nicht angesprochen, dass sich das Schließungskonzept auf den Bau von mehreren geotechnischen Abdichtungen sowohl im Steinsalz und als auch im Anhydrit stützt. Die erst von der Genehmigungsbehörde verlangten in situ Versuche zum Nachweis der in den Prognoserechnungen angesetzten Dichtwirkungen scheiterten in beiden Fällen. Dies bedeutet eine erhebliche Abnahme der Robustheit der Langzeitrisikobetrachtung für das ERAM.
Fehlende Robustheit
Bei Asse II ist mit dem Papier Gesamtbewertung der Langzeitsicherheit für den Standort Asse im Jahr 2006 ein sogenannter Langzeitsicherheitsnachweis vorgelegt worden, der zu dem Schluss kommt, dass die einschlägigen Grenzwerte eingehalten werden können. Diese Langzeitrisikostudie wurde von den gleichen Dritten – Colenco und GRS – erstellt, die auch die Risikostudie zum ERAM verfasst haben. Es stellt sich die Frage, in welchem Papier die fehlende Robustheit des sogenannten Langzeitsicherheitsnachweises für die Asse aufgezeigt wurde? Offensichtlich ist dies auch der Fachwelt bisher vorenthalten worden:
Brenk Systemplanung.(2013). Gruppierung und Kommentierung der zusammenfassenden Aussagen aus Einwendungen und Stellungnahmen sowie aus dem Erörterungstermin zum Plan Stilllegung, Seite A3/227:
Uns ist nicht bekannt, dass es für die Schachtanlage Asse II einen Langzeitsicherheitsnachweis gibt, der widerlegt wurde. Vom vormaligen Betreiber, dem Helmholtz Zentrum München, wurde ein Langzeitsicherheitsnachweis für die nach einem bestimmten Konzept (“Helmholtz-Konzept”) verwarte Asse erstellt, der bislang von keiner Seite (weder von der Genehmigungsbehörde noch von einer anderen Seite) bestätigt oder widerlegt wurde. Von Seiten des BfS wurden Abschätzungen zu den möglichen Konsequenzen eines unkontrollierten Absaufens der Asse im unverwarten Zustand vorgelegt, die hohe potentielle Strahlenexpositionen ausweisen. Diese Abschätzungen sind extrem konservativ und liefern keine Aussage über die sich im Fall eines unkontrollierten Volllaufens tatsächlich einstellenden Verhältnisse. Weiterhin lassen die Berechnungen keine Rückschlüsse auf die potentiellen Strahlenexpositionen für den Fall zu, dass die Asse nach dem Helmholtz-Konzept verwahrt worden wäre.
Keine Kreativität bei der Veränderungssperre
Bei der Diskussion in der Endlagerkommission um die Gorlebener Veränderungssperre stellte sich das Umweltministerium stur und pochte auf die Festlegung im StandAG. Für den mehrfachen durchaus realistischen Einwand, dass mit der alleinigen Veränderungssperre für Gorleben andere potenzielle Standorte durch gezielte Maßnahmen aus dem Suchverfahren herausgezogen werden könnten, wurde keinerlei Verständnis geäußert. Nicht einmal eine kreative Diskussion dieses Punktes zum Beispiel in der Fachabteilung des Ministeriums wurde in Aussicht gestellt. Welche Maßnahmen könnten bundesweit eine solche Manipulation des Suchverfahrens erschweren oder sogar unmöglich machen?
Die Bitte an die Kommission
Da hörten sich die Bitte an die Kommission doch recht eigenartig an (Videomitschnitt 2:14:59):
Meine Bitte ist dabei, dass sie eine ehrliche und aber auch eine kreative Debatte führen mögen ohne Denkverbote, ohne Blockaden aber auch ohne Vorfestlegungen.
Dem Umweltministerium würde es auch gut tun, ehrlicher und kreativer mit dem Problem der Langzeitlagerung radioaktiver Abfälle umzugehen. Nur so könnte das vielbeschwörte Vertrauen langsam entstehen.
Anfrage an BMUB – Mangelhafte Robustheit des Langzeitsicherheitsnachweises für Asse II
Folgende Anfrage wurde am 12.09.2014 an den Bürgerservice des BMUB gestellt:
Frau Hendricks hat am 08.09.2014 in der Endlagerkommission gesagt:
„Ganz anders bei Asse II, da sind wir von der Lösung noch weit entfernt. Das wissen Sie. Ein robuster Langzeitsicherheitsnachweis ist nicht erbracht worden und ist wohl wahrscheinlich auch nicht zu führen und daher ist politisch die Entscheidung gefallen, die eingelagerten Abfälle zu bergen und das ist dann auch konsequent.“
Zur Asse wurde 2006 mit der Studie Gesamtbewertung der Langzeitsicherheit für den Standort Asse ein sogenannter Sicherheitsnachweis vorgelegt. Dieser kommt zu dem Schluss, dass die einschlägigen Grenzwerte eingehalten werden. In welcher Studie wird hergeleitet, dass die Robustheit dieses sogenannten Nachweises nicht ausreicht, was die Ministerin ja entsprechend obigem Zitat vor der Endlagerkommission ausführte?
Anfrage an BMUB bisher ohne Antwort – 1. Mahnung
An
Referat G II 3 – Herrn Köhler
und
Referat RS I 2
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit möchte ich Sie das erste Mal mahnen, die vier Wochen Bearbeitungszeit ist abgelaufen. Dabei ist die Frage doch einfach zu beantworten. Die MitarbeiterIn, die den Sprechzettel der Ministerin verfasst hat, wird die Quelle ja wissen, die sie herangezogen hat.
Bitte teilen Sie mir bitte bis 13.10.2014 Dienstschluss mit, wann ich mit einer Antwort rechnen kann?
Antwort des BMUB nach guten fünf Wochen
Anlässlich der Ausführungen von Frau Bundesministerin Dr. Hendricks auf der dritten Sitzung der „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe gemäß § 3 Standortauswahlgesetz“ am 8. September 2014 über Erfahrungen und Perspektiven für die weitere Arbeit bei der Endlagerung haben Sie die Frage gestellt, in welcher Studie hergeleitet werde, dass die in einer im Jahr 2006 angefertigten Unterlage angeblich eingehaltenen radiologischen Grenzwerte nicht als robuster Nachweis für die Langzeitsicherheit der Schachtanlage Asse II ausreichten.
Im Auftrag des vormaligen Grubenbetreibers, der Gesellschaft für Strahlenforschung mbH (GSF, mehrfach umbenannt), wurde im Jahr 2006 die zusammenfassende „Gesamtbewertung der Langzeitsicherheit für den Standort Asse – Konsequenzenanalyse“ (Ersteller: Colenco Power Engineering AG und GRS mbH) angefertigt.
Die GSF ging im Jahr 2008 im Helmholtz Zentrum München – Zentrum für Gesundheit und Umwelt (HMGU) auf. Die oben genannte Studie bezieht sich auf das vom HMGU verfolgte Stilllegungskonzept der Anlage nach Bergrecht. Die damals für die Stilllegung zuständige Bergbehörde, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), hat die vom HMGU vorgelegte Sicherheitsbetrachtung nicht abschließend geprüft. Die in der Studie proponierte Einhaltung radiologischer Grenzwerten wurde somit auch nie behördlich bestätigt.
Nach Übergang der Anlage auf das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter am 1.1.2009 wurden die vom Expertengremium Arbeitsgruppe Optionenvergleich (AGO) benannten Stilllegungsalternativen der Rückholung, Umlagerung und Vollverfüllung vergleichend vom BfS geprüft.
Die Stilllegungsalternative „Vollverfüllung“ enthielt Maßnahmen, die im Konzept des HMGU enthalten waren. Ein wesentliche Unterschied bestand darin, dass auf den Einsatz von Schutzfluid zur Flutung der Hohlräume oberhalb der 700 m-Sohle verzichtet wurde und alle noch zugänglichen Hohlräume mit Sorelbeton verfüllt werden sollten. In der vom BfS diesbezüglich beauftragten Machbarkeitsstudie wurden mögliche radiologische Folgen im Hinblick auf die Langzeitsicherheit bewertet. Dabei wurde aufgezeigt, dass für das Konzept der Vollverfüllung eine Sicherheitsanalyse durchführbar war. Letztere wäre aus Sicht des BfS nicht robust gewesen, weil das Systemverhalten bzw. die Systementwicklung des komplex aufgebauten Bergwerks und seiner Umgebung nicht hinreichend genau prognostizierbar gewesen wären.
Wir ergänzen abschließend, dass das BfS als verantwortlicher Betreiber dazu verpflichtet ist, die Sicherheitsbetrachtungen für die stillzulegende Grube entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik weiterzuentwickeln