Interview in ASSE EINBLICKEN
In einem Interview von Oliver Geyer mit Claus Leggewie, das in den ASSE EINBLICKEN 18 veröffentlicht wurde, antwortet Herr Leggewie auf die Frage
Kann die Asse-2-Begleitgruppe eine Blaupause für Bürgerbeteiligungsmodelle der Zukunft sein? mit:
Das würde ich uns wünschen. Größere Infrastrukturprojekte wie etwa im Rahmen der Energiewende erfordern eine selbstverständliche Partizipationskultur auf lokaler und überregionaler Ebene. Mein Vorschlag ist ferner, dem überaus wichtigen Thema der bundesweiten Suche nach einem Endlager für Atommüll eine nationale Zukunftskammer zu widmen, die dann an den diversen möglichen Standorten regional verankert wird.
Transparenz nach drinnen und draußen
Auch im weiteren Verlauf des Interviews sieht er nur positive Seiten an der Asse-2-Begleitgruppe und bezieht seine Aussage zu Transparenz
Zudem braucht es eine klar definierte, konkrete Zielsetzung, eine möglichst plausible Rollenaufteilung und Kompetenzzuweisung, ein Höchstmaß an Inklusivität („alle an den Tisch“), wirklichen Gestaltungsspielraum und echte Ergebnisoffenheit, Transparenz nach drinnen und draußen („alles auf den Tisch“) sowie eine hohe Professionalität der Durchführung und nicht zuletzt die Rückkoppelung an die Legislative und Exekutive.
nicht auf dieses Gremium. Wie kommt ein Politikwissenschaftler und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen zu dieser undifferenzierten Aussage? Hat er sich über die Verhältnisse informiert?
Transparenz der Begleitgruppe
Ein einfacher Blick auf die Internetseite der Begleitgruppe hätte ihn stutzig machen müssen. Da gibt es weder eine Ankündigung der nächsten Sitzung mit Tagesordnung noch Protokolle der bisherigen Beratungen. Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Arbeit der Asse-2-Begleitgruppe sind nicht gegeben.
Kritik der WAAG
Hätte Herr Leggewie sich vor diesem Statement informiert, wäre er vielleicht auch auf die entsprechende Kritik gestoßen, die sich in einem Antrag an die Asse II – Begleitgruppe vom 22.11.2011 manifestiert.
Journalistisches oder Fake-Interview?
Erstaunlich ist, dass sich Herr Leggewie zu solch einem Interview für ein BfS-Blättchen hergibt, das vom PR-Format mit der Apotheken Umschau vergleichbar ist. Hätte er nicht gleichzeitig wenigstens ein Gesprächsangebot an ASSE DURCHBLICKE machen müssen? Die letzte Frage: Ist das wirklich ein journalistisches Interview gewesen mit einer persönlichen und örtlichen Gesprächssituation? Oder ist es ein gestelltes PR-Interview wie schon das Fake-Interview mit Umweltminister Sigmar Gabriel mit dem Titel „WIE EIN SCHWEIZER KÄSE“ in ASSE EINBLICKE 1?
Dokumentation: Sehr geehrter Herr Darge (BUND),
zwecks Verbesserung der Transparenz und Bürgerbeteiligung möchten wir durch ein strukturiertes, moderiertes Forum die Arbeit der Asse2-Begleitgruppe aufarbeiten und bitten um Ihre Unterstützung für die Freigabe dortiger Website-Materialien. Das dortige Gästebuch ist eine Zumutung.
Das ist bedauerlich, zumal der finanzielle Aufwand bspw. für die Videos beachtlich gewesen sein wird, diese dann aber nicht zur Diskussion stehen. Jede Youtube-Präsentation bietet mehr an Interaktion und wäre selbstverständlich zu wenig, wenn der Anspruch Bürgerbeteiligung ernster genommen würde.
Kein Politiker und erst recht kein Bürger kann sich auf der Website „Begleitgruppe“ in gebührender Übersichtlichkeit über die Für und Wider informieren, solange Gutachten, Videos, Stellungnahmen nicht in ein strukturiertes Forum gestellt werden. Zudem werden Sitzungsprotokolle vermisst, auch die Einladungen mit Tagesordnung, um der Öffentlichkeit zu ermöglichen, unabhängigen Sachverstand zu mobilisieren.
Also seien Sie so nett und unterstützen unser Anliegen!
Mit freundlichen Grüßen
Markus Rabanus
initiative-dialog.de
Bürgerbeteiligung ist kein neues Thema
Seit Stuttgart 21 wird vielfach so getan, als ob die Diskussion um Bürgerbeteiligung neu sei. Dies ist aber keinesfalls so. Erinnert sei an die vielfältigen Arbeiten von Roland Burkart zur Verständigungsorientierten Öffentlichkeitsarbeit, die insbesondere den Kommunikationsaspekt betonen (Burkart, R.(1993). Public Relations als Konfliktmanagement – Ein Konzept für verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit untersucht am Beispiel der Planung von Sonderabfalldeponien in Niederösterreich).
Ein weiteres Beispiel ist die Bürgerbeteiligung bei der Sanierung der Rüstungsaltlast Stadtallendorf. Dazu wurde ein Beteiligungsmodell entwickelt (Wissenschaftliches Zentrum Mensch Umwelt Technik.(1992). Entwicklung eines Beteiligungsmodells im Sanierungsprozeß einer Rüstungsaltlast – Auszug). Ein Bestandteil war der Projektbeirat -vergleichbar mit der Asse-2-Begleitgruppe – mit:
Und weiter unten:
Das Beteiligungsmodell wurde umgesetzt, und die Altlast konnte sachgerecht unter Beteiligung der Betroffenen saniert werden. Der Vorsitzende des Projektbeirats zog nach Abschluss der Arbeiten 2005 ein weitgehend positives Fazit (Hessisches Ministerium für Umwelt ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Hrsg.), Boden gut gemacht – Die Sanierung des Rüstungsaltstandortes Stadtallendorf: S. 215f):
Damals – vor etwa 20 Jahren – war man also schon weiter als bei der Asse.
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Bürgerbeteiligung in den Empfehlungen des AkEnd
In den AkEnd-Empfehlungen wird die Bürgerbeteiligung recht ausführlich behandelt:
einzelnen Verfahrensschritten des Auswahlverfahrens S. 77
Phase III S. 205-216
mit der Öffentlichkeit S. 237-244
Ein Übersichtsartikel fasst die Intentionen zusammen: Ipsen, D. (2006). Bürgerbeteiligung und Regionalentwicklung am Standort für ein atomares Endlager, in: Wohin mit dem radioaktiven Abfall? – S. 105-118. Darin wird auch dargestellt, welche wesentlichen Grundlagen eingeflossen sind.
Die Studie zu Stadtallendorf ist somit ein Vorläufer der AkEnd-Empfehlungen zur Bürgerbeteiligung.
apropos: PR-Format der Apotheken Umschau
Die Apotheken Umschau ist zurzeit die erfolgreichste Kundenzeitschrift. Sie erreicht pro Ausgabe eine Reichweite von ca. 29 Millionen Leser (siehe AWA 2012, Ausgabe A und B zusammen). Die ADAC Motorwelt bringt es als zweitstärkste Kundenzeitschrift gerade einmal auf knapp 14 Millionen Leser. Das Erfolgskonzept ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Leser die Zeitschrift nicht direkt finanzieren, sondern allein die Werbeträger wie Pharmaindustrie und andere durch Anzeigen sowie die Apotheken. Die Abgabe allein durch Apotheken – inzwischen auch Internetapotheken – führen zur Kundenbindung. Auf möglichst positive Darstellungen im redaktionellen Teil wird geachtet. Darin werden Medikamente nicht mit Produktnamen genannt, um die Trennung zwischen werbendem und redaktionellem Teil formal einzuhalten.
Die Asse Einblicke werden auch direkt vom Werbeträger finanziert, dem Bundesamt für Strahlenschutz. Die Leser zahlen für die Informationen nichts direkt, wohl aber indirekt als Steuerzahler. Auf eine möglichst positive Darstellung des BfS wird geachtet. Drei kleine Beispiele sollen exemplarisch angeführt werden. In Ausgabe 01/2009 steht:
Erwähnt wird nicht, dass bei der Verfüllung auch Verdichtungsmaßnahmen und bereits im Jahr 2000 eine zusätzliche Spaltverfüllung versuchsweise durchgeführt worden waren. Es wird nicht erläutert, wie sich die vom BfS geplanten Spaltverfüllungen von den Versuchen im Jahr 2000 unterscheiden sollten.
Weiterhin wird in der Ausgabe 01/2009 angekündigt:
Aber auf die Problematisierung der Rolle des BfS wird in den sogenannten journalistischen Artikeln verzichtet. So liest man in Asse Einblicke 3/2010:
Wurde auch nach Donnerwettern in der BfS-Chefetage recherchiert?
Endlich öffentliche Sitzungen der Asse-2-Begleitgruppe
Nach Aussage von Claus-Jürgen Schillmann, Bau- und Umweltdezernent des Landkreises Wolfenbüttel, werden die Sitzungen der großen Asse-2-Begleitgruppe in Zukunft öffentlich sein. So berichtet jedenfalls WOLFENBÜTTELHEUTE.DE.
Wie die Einschränkungen aussehen, kann dem WAAG-Blog entnommen werden.
Der erste Schritt ist getan, aber der Weg ist noch weit! Transparenz ist schwierig, da ist dann kein Platz mehr für Taktik!