Artikelgesetz seit Anfang 2014 in Kraft
Seit dem 01.01.2014 ist das gesamte Artikelgesetz zur Standortauswahl von Langzeitlagern für radioaktive Abfälle in Kraft (Bundesgesetzblatt Teil I, 2013, Nr. 41, Punkt 7). Und schon jetzt ergeben sich vielfältige Notwendigkeiten der Novellierung.
Festlegung zur Zwischenlagerung
Peter Altmaier verkündete am 28.06.2013 im Bundestag (Plenarprotokoll, S. 32526):
Wir werden bis zum Ende dieses Jahres eine Lösung erarbeiten, wo die 26 Castoren zwischengelagert werden, die nicht am Standort Gorleben zwischengelagert werden, damit auch dort Vertrauen entsteht.
Die entsprechende Stelle im Gesetz findet sich unter Artikel 2 – Änderung des Atomgesetzes – Nummer 3:
In § 9a wird folgender Absatz 2a eingefügt:
„(2a) Der Betreiber von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität hat auch dafür zu sorgen, dass die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe im Ausland stammenden verfestigten Spaltproduktlösungen zurückgenommen und in standortnahen Zwischenlagern nach Absatz 2 Satz 3 bis zu deren Ablieferung an eine Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle aufbewahrt werden.“
Der Inhalt der 26 CASTOREN
Was wird in diesen 26 CASTOREN enthalten sein? Darüber gibt das BfS Auskunft. Unter Rückführung und Rücktransport aus der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente sind alle Abfälle aufgelistet, die noch zurückgenommen werden müssen:
Voraussichtliche Rückführungszeiträume aus der Wiederaufarbeitung (Stand: März 2013)
Radioaktiver Abfall | Anzahl Behälter | Transportzeitraum | |
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Sellafield LTD. | HAW-Glaskokillen | 21 | voraussichtlich ab 2015 |
AREVA NC | Hochdruckkompaktierte Abfälle (CSD-C) radioaktive Abfälle | circa 150 | voraussichtlich ab 2024 |
AREVA NC | MAW-Glasprodukt (CSD-B) | 5 | voraussichtlich bis 2015 |
Unter Castor-Transporte – Häufig gestellte Fragen findet man eine konkretere Beschreibung der Abfälle:
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HAW-Glaskokillen (verglaste, hochradioaktive Spaltproduktlösungen, die bei der Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus Kernkraftwerken entstehen),
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MAW-Glaskokillen / CSD-B-Gebinde (Prozess- und Spülwässer aus der Wiederaufarbeitung) und
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CSD-C-Gebinde mit mittelaktiven kompaktierten Hülsen und Strukturteilen von Brennelementen.
Unter Zentrales Zwischenlager Gorleben wird ausgeführt:
Mit Schreiben vom 02. Februar 2012 bzw. vom 10. Februar 2012 haben die GNS bzw. die Brennelementlager Gorleben GmbH (BLG) beim BfS nach § 6 AtG die Aufbewahrung von verfestigten mittelradioaktiven Abfällen (MAW-Glaskokillen) in Transport- und Lagerbehältern der Bauart CASTOR HAW28M im Transportbehälterlager Gorleben beantragt…….
……..Mit Schreiben vom 13.01.1993 hat die Brennelementlager Gorleben GmbH (BLG) einen umfassenden Antrag u. a. auf Aufbewahrung von Kernbrennstoffen in Form von verfestigten hochradioaktiven Spaltproduktlösungen aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gestellt. Ursprünglich sollte als Teil dieses Antrages in einem weiteren Genehmigungsschritt auch über die Aufbewahrung von HAW-Glaskokillen aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield entschieden werden.
Regelungslücke durch Novellierung schließen
Offensichtlich regelt Artikel 2 Nummer 3 durch die Formulierung verfestigten Spaltproduktlösungen lediglich die Zwischenlagerung der 21 CASTOR-Behälter von Sellafield LTD. Die Zwischenlagerung der 5 CASTOR-Behälter mit MAW-Glaskokillen / CSD-B-Gebinde (Prozess- und Spülwässer aus der Wiederaufarbeitung) ist offensichtlich durch das Gesetz nicht neu geregelt, worauf insbesondere GREENPEACE (detaillierte Begründung) hingewiesen hat. Um die Zusage von Herrn Altmaier – ohne Beachtung der Terminvorgabe bis zum Ende dieses Jahres – einzulösen, ist das StandAG also in diesem Punkt zu novellieren.
Kommission nicht unter Zeitdruck setzen
Weiterhin wurde Artikel 1 Paragraphen 3 bis 5 bereits am 27.07.2013 in Kraft gesetzt, damit die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe zügig besetzt werden und ihre Arbeit aufnehmen kann. Jedoch fand bisher noch keine Besetzung statt. Da das Gesetz explizit den Beratungsendpunkt der Kommission festlegt, ergibt sich ein nicht zu rechtfertigender Zeitdruck. Insofern sind diese Festlegungen in Artikel 1 Paragraph 4 Absatz 5 entsprechend anzupassen.
Einführung einer Altersgrenze
Daneben ist zu befürchten, dass die Kommission sich in den seit gut 30 Jahren entstandenen ideologischen Pfaden bewegen wird. Einen Neuanfang, wie er immer wieder proklamiert wird, wird es nicht geben. Im Gesetzestext finden sich keine Vorkehrungen, um diese Gefahr durch Auswahl der Mitglieder zu reduzieren. Sehr hilfreich wäre hier die Festlegung auf ein Maximalalter von 40 Jahren. Schließlich handelt es sich hier um eine Problematik der Zukunft. Es ist zu erwarten, dass die Einlagerung in ein Langzeitlager erst um das Jahr 2140 abgeschlossen sein wird. Dabei bleibt unbenommen, die fachlichen Expertisen von älteren Fachfrauen und -männern durch Beratung einzuholen, wie es in Artikel 1 Pragraph 4 Absatz 3 geregelt ist.
Streichungen im Gesetz und Übergabe als Empfehlung
Vielfach wird bemängelt, dass die Kommission durch den Gesetzestext zu stark festgelegt ist und eine grundsätzliche Evaluierung nicht stattfinden wird. Es wäre deshalb hilfreich, alle Gesetzesteile außer Artikel 1 Pragraph 3 bis 5 und Artikel 2 Nummer 3 zu streichen. Der gestrichenen Inhalt sollte in Form einer Empfehlung an die Kommission übergeben werden. Um diese in der Kommissionsarbeit berücksichtigen zu können, müssen jedoch die Unterlagen aller Bund-Länder-Treffen, der Sitzungen der Bund-acht-Länder-Arbeitsgruppe etc. veröffentlicht werden. Nur so kann das Transparenzgebot nach Artikel 1 Pragraph 5 eingehalten werden.
Damit könnte der politische Konsens von CDU, CSU, FDP, SPD und GRÜNEN unter Umständen zu einem gesamtgesellschaftlichen Konsens verbreitert werden.